Zurück zum Mond - aber warum?

Am 5. Februar 2013 näherte sich ein fast 20 Meter großer Brocken über Sibirien der Erde. In 20 Kilometern Höhe hat ihn die Reibungshitze in der Atmosphäre zerrissen. Die Druckwelle beschädigte in der Stadt Tscheljabinsk über 3700 Gebäude. Fast 1500 Menschen wurden verletzt. Niemand hatte den Asteroiden vorher bemerkt, denn mit optischen Teleskopen war er nicht zu erkennen (gewesen). Ein anderes Früherkennungssystem hätte besser funktioniert: die Radioastronomie. (Sie schaut nicht in den Weltraum, sie horcht hinein.) Das Radioecho eines Asteroiden auf Kollisionskurs könnte man früher hören. Wenn es auf der Erde nur nicht so laut wäre.

Die Mondrückseite, also die von der Erde abgewandte Seite des Mondes, ist der radiostillste Ort des gesamten Sonnensystems. Die 3476 Kilometer Durchmesser des Mondes schirmen seine Rückseite gegen die von der Erde eintreffende Radio-Strahlung ab. Am geeignetsten erscheint Forschern der Mondkrater „Daedalus“. Er böte einer ganzen Armada von Radioteleskopen Platz. Diese könnten tief in die Weiten des Alls blicken und uns rechtzeitig vor Asteroiden auf Kollisionskurs warnen.

Wenn Radioteleskope auf dem Mond gebaut werden, dann braucht man auch eine Mondstation für die Ingenieure. Denn Teleskope müssen gewartet werden. Als zum Beispiel 2009 das Weltraumteleskop Hubble nicht mehr funktionierte, half letztlich nur die rohe Gewalt eines Astronauten, um einen defekten Bolzen zu lösen. Ein Roboter hätte diese Reparatur nicht durchführen können.

Auf dem Mond gibt es Titan, Aluminium, Eisen und Magnesium. Vor allem aber gibt es dort das Gas Helium-3, das unser Energieproblem auf der Erde lösen könnte. Denn im Prinzip ist Helium-3 ein idealer Brennstoff für die Kernfusion. Mindestens eine Million Tonnen Helium-3 sollen auf dem Mond liegen. Eine verlockende Aussicht, denn nur 40 Tonnen würden ausreichen, um den Energiebedarf der USA ein Jahr lang zu decken. Das Problem: Eine Tonne Mondgestein enthält gerade mal ein hundertstel Gramm Helium-3. Es müssten Unmengen Mondgestein in Fabriken (auf dem Mond) ausgekocht werden. Und selbst so ließen sich pro Jahr maximal zwei bis drei Tonnen Helium-3 gewinnen. Und dann ist das Gas ja noch lange nicht auf der Erde.

Mit einer Raumstation in 40.000 km Höhe wollen Forscher die größte Hürde bisheriger Mondflüge umgehen: die enorme Schwerkraft beim Start von der Erde. Stattdessen sollen an einem hochfesten Tau Gondeln zu der Station emporklettern. Dort holen sie die vom Mond angelieferten Rohstoffe ab. Vermutlich werden spätestens unsere Enkel eine Art Goldrausch auf dem Mond erleben. Je günstiger die Transportkosten werden und je größer der Energie-Hunger auf der Erde, desto größer wird die Bereitschaft sein, sich am Rohstoffabbau auf dem Mond zu beteiligen.

Schon 1967 haben sich 107 Staaten der Erde geeinigt, von wem und wie der Weltraum einschließlich seiner Himmelskörper genutzt werden darf. Das Ergebnis ist ein Vertrag mit dem Namen „Outer Space Treaty“. Darin heißt es in Artikel 1: „Allen Staaten steht es frei, den Weltraum einschließlich des Mondes und anderer Himmelskörper ohne jegliche Diskriminierung gleichberechtigt und im Einklang mit dem Völkerrecht zu erforschen und zu nutzen. Es besteht uneingeschränkter Zugang zu allen Gebieten auf Himmelskörpern“. Und in Artikel 2 steht sinngemäß, dass weder auf dem Mond oder sonst irgendwo im Weltraum ein Staat Besitzansprüche erheben oder Hoheitsrechte ausüben darf. Im Prinzip darf also jeder zum Mond, aber niemand darf ihn besitzen.

Auch wenn der internationale Vertrag Besitzansprüche auf dem Mond verbietet, haben Geschäftsleute einen Weg gefunden, Grundstücke auf dem Mond anzubieten: In den 1980er Jahren nutzte der Gründer von „Lunar Embassy“, Dennis Hope, ein Gesetz aus den Zeiten des kalifornischen Goldrauschs um 1850. Damals konnte jedermann einen noch nicht besetzten Claim für sich beanspruchen. Damit machte Hope seine Besitzansprüche auf dem Mond geltend, denn der Mond ist ja schließlich noch nicht besetzt. Nach eigenen Angaben hat das Unternehmen allein bis 2009 mehr als 2,5 Millionen Grundstücke für insgesamt etwa 40 Millionen Euro verkauft. Die Käufer erhalten zwar eine Grundstücksurkunde, doch ob diese wirklich rechtsbindend ist, ist fraglich. Aber wer weiß, mit visionärem Weitblick könnte es sich irgendwann vielleicht wirklich lohnen, nach den schönsten Grundstücken Ausschau zu halten.

Vom Mond aus wäre auch der Start zum Mars leichter als von der Erde, denn die Mondanziehungskraft beträgt nur ein Sechstel der Erdanziehungskraft. Man bräuchte also weniger Energie (für den Start). Die Raketen könnten auf dem Mond (theoretisch) auch betankt werden: Wasser aus dem Mondgestein könnte aufgespalten und Wasserstoff als Treibstoff genutzt werden. Und: was auf dem Mond nicht gelingt, wird man auf dem Mars schon gar nicht schaffen. Deshalb wäre eine Mondstation eine gute Übung für eine bemannte Marsmission.

Nach den Prognosen eines amerikanischen Astrophysikers wird der erste Billionär derjenige sein, der mit dem Rohstoffabbau im Weltraum beginnt. Eine Billion, das sind 1000 Milliarden. Kein Wunder also, dass sich die internationalen „big player“ für die außerirdischen Schürfrechte interessieren. Die Liste der Investoren in Weltraum-Unternehmen liest sich wie ein „who is who“ der Milliardäre: zum Beispiel Richard Branson von Virgin und Peter Thiel von Facebook. Ganz vorne mit dabei sind auch die Google-Chefs Larry Page und Eric Schmidt mit ihrer Firma "Planetary Resources". Der Mond ist dabei nur eines der Ziele.

Der Mond könnte nur ein Zwischenstopp sein, um noch zu ganz anderen Himmelskörpern und ihren Rohstoffen vorzudringen: Asteroiden. Es gibt Hunderttausende, wahrscheinlich sogar Millionen von ihnen. Private Unternehmen erhoffen sich hier eine reiche Ernte. Denn Untersuchungen zeigen: viele der Himmelskörper sind vergleichsweise reich an wertvollen Metallen wie Gold, Platin oder Rhodium. Vielleicht werden wir in Zukunft nicht darum herum kommen auf anderen Himmelskörpern Rohstoffe zu fördern. Denn eins ist klar: die Menschheit wächst, und die Ressourcen schrumpfen.