Nach Attentat: Fico ansprechbar, Zustand "sehr kritisch"

    Situation weiter kritisch:Robert Fico nach Attentat ansprechbar

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    Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico ist nach einem Schusswaffenangriff am Mittwoch notoperiert worden. Er sei ansprechbar, sein Zustand aber "sehr kritisch", heißt es.

    Ein Polizeiauto steht vor dem Krankenhaus, in dem der slowakische Regierungschef Fico behandelt wird.
    Der Zustand des slowakischen Regierungschefs bleibt auch nach einer mehrstündigen Operation ernst. 16.05.2024 | 1:26 min
    Der durch ein Attentat schwer verletzte slowakische Regierungschef Robert Fico ist am Donnerstag wieder ansprechbar gewesen. Der designierte slowakische Präsident Peter Pellegrini sagte am Donnerstag vor dem Krankenhaus in Banska Bystrica, in dem der 59-Jährige behandelt wird:

    Er kann sprechen, aber nur ein paar Sätze, und dann ist er sehr sehr erschöpft.

    Peter Pellegrini, designierter slowakischer Präsident

    Pellegrini weiter: "Die Situation ist sehr kritisch." Mit dem Attentat sei eine "rote Linie" überschritten worden, erklärte er. "Der Regierungschef ist dem Tod um Haaresbreite entgangen, es hätte genügt, wenn die Schusswunde oder mehrere Schusswunden ein paar Zentimeter weiter gelegen hätten, und wir müssten heute vielleicht über ganz andere Dinge reden."
    Vize-Regierungschef Robert Kalinak hatte schon am Donnerstagmorgen gesagt, dass es den Ärzten während der Nacht gelungen sei, "den Zustand des Patienten zu stabilisieren."
    SGS Britta Hilpert
    Der Gesundheitszustand des slowakischen Ministerpräsidenten Fico ist nach dem Attentat gestern sehr ernst, aber stabil. ZDF-Korrespondentin Britta Hilpert berichtet aus Bratislava.16.05.2024 | 1:15 min

    Not-Operation dauerte fünf Stunden

    Eine Krankenhaussprecherin teilte mit, Fico sei fünf Stunden lang operiert worden. Wegen einer Informationssperre des Krankenhauses gab es zunächst nur zögerliche Informationen und viele Spekulationen über den Gesundheitszustand des Regierungschefs.
    "Die mehrstündige Operation hielt das ganze Land in Spannung", so Hilpert. Denn das Attentat sei nicht nur auf einen Menschen, sondern eindeutig auf den Ministerpräsidenten Robert Fico verübt worden, sagt sie.

    Fico durch mehrere Schüsse verletzt

    Fico war am Mittwoch um etwa 14:30 Uhr von einem Mann angeschossen worden, als er sich nach einer Kabinettssitzung im Kulturhaus der Kleinstadt Handlova ins Freie begab, um wartende Anhänger zu begrüßen. Die Regierung hält immer wieder Sitzungen außerhalb der Hauptstadt Bratislava ab.
    Robert Fico auf einer Pressekonferenz in Berlin, 24.01.2024
    Wer ist Robert Fico?15.05.2024 | 1:41 min
    Nach Augenzeugenberichten soll der Täter den Politiker laut zu sich gerufen und dann aus unmittelbarer Nähe fünf Schüsse auf ihn abgegeben haben. "Fünf Schüsse aus nächster Nähe waren abgegeben worden. Einer ging wohl in den Arm, mehrere in den Unterkörper", sagt ZDF-Korrespondentin Hilpert am Donnerstagmorgen.
    Der Regierungschef habe ein sogenanntes "Polytrauma", also mehrere schwere Verletzungen erlitten, teilte der slowakische Innenminister verschiedenen Medien mit. Der 59-jährige linksnationale Politiker wurde per Hubschrauber in ein Krankenhaus geflogen.

    Tatverdächtiger ist 71-Jähriger aus der Region

    Die Polizei teilte mit, der Angreifer sei festgenommen worden. Es handele es sich um einen 71-jährigen Slowaken aus einer Kleinstadt in der Nähe, berichtete ZDF-Korrespondentin Hilpert am Mittwochabend. Er habe bei der Festnahme verwirrt gewirkt.
    Der Tatverdächtige sei Mitglied in einem Literaturklub, habe Gedichte veröffentlicht und sich in Schriften gegen Gewalt ausgesprochen. Dies sei allerdings schon einige Jahre her. Die Hintergründe zur Tat seien aber noch völlig unklar.
    Peter Pellegrini
    Peter Pellegrini hat sich in der Stichwahl gegen Ivan Korcok durchgesetzt. Das knappe Ergebnis zeigt, wie gespalten die Slowakei ist.08.04.2024 | 1:14 min
    Der TV-Nachrichtensender TA3 und andere Medien bekamen eine Videoaufnahme aus der Polizeistation zugespielt. Darin sagt der benommen wirkende mutmaßliche Attentäter: "Ich stimme der Regierungspolitik nicht zu."
    Als Beispiel nannte er mit undeutlicher Stimme die von der Regierung geplante Medienreform, gegen die seit Wochen Tausende Menschen demonstrieren. Auch die Frau des mutmaßlichen Täters wurde nach Medienberichten von der Polizei verhört.

    Fico beklagte Klima der Feindschaft

    Politiker der Slowakei und aus der ganzen Welt reagierten bestürzt, darunter UN-Generalsekretär António Guterres, US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz (SPD):

    Reaktionen auf das Fico-Attentat aus ...







    Fico hatte vor wenigen Tagen der liberalen Opposition vorgeworfen, ein Klima der Feindschaft gegen die Regierung zu schaffen. Es sei nicht auszuschließen, dass es in einem solchen Klima irgendwann zu einer Gewalttat komme.

    Verhalten von Ficos Personenschützern wird untersucht

    Nach dem Anschlag prüfen die Behörden, ob Ficos Personenschützer ihn nicht ausreichend geschützt haben. Entsprechende Ermittlungen "wegen Behinderung der Aufgaben eines Amtsträgers" seien bereits am Mittwoch eingeleitet worden, sagte eine Behördensprecherin der Nachrichtenagentur TASR am Donnerstag.
    Mehrere slowakische Experten hatten Kritik an den Sicherheitsvorkehrungen geübt. Sie rügten unter anderem, dass die Leibwächter unmittelbar nach dem Attentat chaotisch vorgegangen seien.
    Quelle: AP, AFP, dpa, Reuters, ZDF

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