Wie sich ein Dorf gegen den "König von Deutschland" wehrt

    Peter Fitzek in Sachsen:Wie "Reichsbürger" nach Immobilien greifen

    von Julia Klaus
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    Ein Fantasiestaat will sich ausbreiten: "Reichsbürger" um Peter Fitzek wollen einen Gutshof in Sachsen gekauft haben. Ein Fall von rechter Landnahme - doch das Dorf wehrt sich.

    Peter Fitzek ist selbst ernannter "König von Deutschland" und steht in einem Kuhstall in Halsbrücke in Sachsen.
    Peter Fitzek, selbst ernannter "König von Deutschland", auf dem Hof seines "Autarkie-Projekts".
    Quelle: Screenshot Video "Königreich Deutschland"

    Peter Fitzek steht in einem hellen Stall und schiebt einer Kuh Heu unter die Nase. Die Tiere hätten bei ihnen viel Auslauf, schwärmt Fitzek in dem Werbefilm über sein vermeintliches Bauernhof-Idyll. Den Zweck seines Selbstversorger-Projekts im sächsischen Halsbrücke beschreibt er so: "Im Königreich Deutschland hat jeder das Recht auf gesunde Lebensmittel. Wenn ich mir so anschaue, was in der BRD alles so geliefert wird - Insekten in der Nahrung - (...) dann sagen wir uns: Das kann ja wohl nicht angehen."
    BRD, so nennen "Reichsbürger" und Selbstverwalter verächtlich die Bundesrepublik Deutschland. Fitzek ist eine zentrale Figur in der Szene, seit er 2012 sein "Königreich Deutschland" ausrief - mit ihm als Monarchen an der Spitze. Er ließ sich gar krönen - mit Krone und Umhang. In seinem Fantasiestaat wirbt er für eine eigene Bank, eine Krankenkasse und eine eigene Währung - die E-Mark -, mit der man in seinem Online-Shop einkaufen soll. Auch Käse vom Hof in Halsbrücke soll hier künftig angeboten werden.
    Das Lehngut habe ein Landwirt aus seinem Umfeld für rund fünf Millionen Euro gekauft, schreibt Fitzek auf ZDF-Frontal-Anfrage. Der angebliche Verkäufer - ein Architekt - reagierte auf Nachfrage nicht.
    Sehen Sie hier eine ZDF-Doku darüber, wie das "Königreich Deutschland" Gewerbetreibende mit Steuerversprechen anlocken will:

    Landnahme durch Rechte - günstiger Wohnraum auf dem Land lockt

    Fitzek und sein Umfeld glauben, Deutschland sei nicht souverän. Deshalb wollen sie eigene staatliche Strukturen schaffen, wie es in ihrer Vereinssatzung heißt. Sie streben eine "konstitutionelle Monarchie" an, mit einem Monarchen als Oberhaupt - das Wahlrecht soll man sich in Fitzeks Reich erst "erarbeiten" müssen. Das widerspricht demokratischen Grundsätzen. Laut eigenen Angaben verfügt das "Königreich Deutschland" über mehr als 5.000 Mitglieder und ist damit eine der größten Gruppierungen aus diesem Spektrum.
    Landnahme durch Rechte ist besonders in Ostdeutschland ein Problem. Wo der Leerstand regiert und Wohnraum günstig zu haben ist, greifen sie gern zu. Doch die Gemeinde Halsbrücke wehrt sich - und verkündete in der Gemeinderatsitzung am Donnerstag einen Coup: Sie will die Immobilie selbst nutzen - als gemeinsames Schulungszentrum mit der Stadt Freiberg. Doch das Ganze ist kompliziert.
    Denn bislang hat die Gemeinde noch keine offiziellen Dokumente erhalten, erklärt Bürgermeister Andreas Beger (CDU) gegenüber ZDF Frontal. Doch er will vorbereitet sein:

    Wir haben von dem Notar noch keine Post bekommen. Sobald das Schreiben eintrifft, kann und muss sich die Gemeinde innerhalb von zwei Monaten äußern, ob sie ihr Vorkaufsrecht wahrnehmen möchte.

    Andreas Beger (CDU), Bürgermeister Halsbrücke

    Vorkaufsrecht bedeutet, dass Gemeinden - etwa bei denkmalgeschützten Gebäuden - in den Kaufvertrag eintreten und dann Eigentümerin werden können. Fitzek wiederum findet: "Die Kommune braucht kein Schulungszentrum. Die Kommune hat schon ein anderes Schulgebäude, was im Moment auch nicht benutzt wird." Und weiter:

    Wenn man nun einen bestehenden Landwirt, der es gekauft hat, enteignen soll, um eine 121 Hektar Landwirtschaft zu zerpflücken und zu zerstören, kann das wohl kaum im Sinne des Gemeinwohls sein. Hier geht es also darum, eine politische Entscheidung zu treffen (...).

    Peter Fitzek, selbst ernannter "König von Deutschland"

    Verfassungsschutz hat die Immobilien des "Königreichs" im Blick

    Was sich in Sachsen abspielt, zeigt das planvolle Vorgehen des "Königreichs". Fitzek sucht dauerhaft Grundstücke, er möchte "Gemeinwohldörfer" aufbauen - favorisiert werden große Flächen mit Wald, aber auch Schlösser oder Hotels. Zu seinem "Reich" gehören schon zahlreiche Immobilien, wie ZDF Frontal erfuhr:
    • In Sachsen werden dem "Königreich Deutschland" neben Halsbrücke zwei weitere Immobilien zugerechnet.
    • Der Hauptsitz des "Reichs" liegt in Lutherstadt Wittenberg in Sachsen-Anhalt. Das dortige Landesamt für Verfassungsschutz hat fünf weitere Immobilien im Blick, die sich Personen aus Fitzeks Umfeld zuordnen lassen.
    • In Brandenburg verfügt das "Königreich" über eine Liegenschaft mit einer Scheune. Laut Verfassungsschutz übt Fitzeks Gruppe zudem "steuernden Einfluss" auf eine Genossenschaft mit 44 Hektar landwirtschaftlicher Flächen, Wegen und Wald aus.
    Das "Königreich Deutschland" nutzt oft Strohleute, um Immobilien zu kaufen. Ob der Verkäufer des Guts in Halsbrücke vom Hintergrund des Käufers wusste, ist nicht klar.



    Woher stammt das Geld für das "Königreich Deutschland"?

    Verfassungsschützer ordnen das "Königreich" als extremistisch ein - und warnen gegenüber ZDF Frontal vor Fitzeks Einfluss:

    Wer sich auf diese Gruppierung einlässt und Peter Fitzek vielleicht sogar seine Ersparnisse anvertraut, gerät nicht nur in existenzielle Abhängigkeiten vom selbsternannten 'König', sondern auch in den Strudel extremistischer Ideologien und Verschwörungstheorien.

    Sächsisches Landesamt für Verfassungsschutz

    Woher das "Königreich" das Geld für all die Immobilien nimmt, ist nicht klar. Die Gruppierung bietet allerdings kostspielige Seminare an. Auch die Staatsangehörigkeit und eine Betriebsgründung kosten Geld. Wer aussteigen will, soll zahlen. Und wer im "Königreich" wohnen will, soll Fitzek am besten sein Haus oder seine Wohnung überlassen. Das - so die Logik - brauche man dann ja nicht mehr.
    Gegen Fitzeks Finanzgebaren ging bereits die Finanzaufsicht Bafin vor. Sie hatte ihm und seinem Umfeld Bank-Geschäfte verboten. Die Webseiten seiner "GK Gemeinwohlkasse" und der "Deutschen Reichsbank" suggerieren aber weiterhin, dass hier ein Konto eröffnet und Geld eingezahlt werden kann.

    AfD-Vertreter stimmten gegen das Zentrum der Gemeinde

    In Halsbrücke wiederum gibt es über die möglichen neuen Nachbarn große Bedenken. Ein Anwohner, der anonym bleiben möchte, sagte ZDF Frontal:

    Diese Leute lehnen unsere Verfassung ab, wollen eine Monarchie. Wir hoffen, dass Politik und Behörden verhindern, dass die sich hier ansiedeln - egal, wo man politisch steht.

    Anwohner von Halsbrücke

    Indes: Im Halsbrücker Gemeinderat wurden die Beschlüsse für das gemeinsame Zentrum von allen angenommen - nur die vier AfD-Vertreter stimmten dagegen.

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