Nanoplastik in Wasserflaschen: Bedeutung für uns Menschen

    Kleiner als Mikroplastik:Nanoplastikpartikel trüben das Trinkwasser

    Filmemacher Andreas Ewels auf der Preisverleihung auf dem Internationalen Greeen Festival in Krakau.
    von Andreas Ewels
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    Nach dem Sport ein kräftiger Schluck aus der Wasserflasche - völlig unbedenklich, könnte man meinen: Doch seit Anfang des Jahres sorgt eine US-Studie für Verunsicherung.

    Es wird ein Glas am Wasserhahn mit Leistungswasser gefüllt.
    Plastikteilchen im Trinkwasser? Inzwischen konnten Nanoplastik-Teilchen, die noch kleiner als Mikroplastik-Teilchen sind, in unserem Trinkwasser festgestellt werden.
    Quelle: dpa

    Die Problematik mit dem Mikroplastik ist bekannt: Die kleingeriebenen Kunststoffe mit einem Durchmesser zwischen einem Mikrometer und fünf Millimetern befinden sich zum Beispiel im Meer und gelangen über die Nahrungskette auch in den Körper des Menschen. Ob und wie dies unsere Gesundheit schädigt, ist noch nicht abschließend geklärt.
    Jetzt sind noch kleinere Teilchen gefunden worden. Alles, was unter der minimalen Größe von Mikroplastik liegt, nennt man Nanoplastik. Mit neuer Technologie ist es Wissenschaftler*innen der Columbia Climate School gelungen, Plastikmengen in Wasserflaschen noch genauer zu bestimmen. Dabei haben sie die kaum vorstellbare Zahl von rund 240.000 Plastikfragmenten in einem Liter Wasser gefunden.
    Vor einem orangenen Kreis ist eine Lunge illustriert, in deren einer Flügel eine zerknitterte Plastikflasche liegt. Im Hintergrund ist verblasst ein Totenkopf mit überkreuzten Knochen dargestellt.
    Was geschieht mit Mikroplastikpartikeln im Körper und welche Auswirkungen haben die mikroskopischen Fremdkörper? Ist Mikroplastik gefährlich oder ist alles nur halb so wild?23.02.2023 | 11:14 min

    Kunststoffe - Träger toxischer Substanzen

    Umweltwissenschaftlerin Christiane Zarfl von der Universität Tübingen hält die Studie der US-Kolleg*innen für seriös. Aber die Auswirkung auf den Menschen bleibt unklar: "Die Frage ist immer, in welchen Konzentrationen diese Partikel gefunden werden und in welchem Verhältnis diese zu anderen Partikeln stehen. Kunststoff selbst ist nicht toxisch, kann aber natürlich - je nach Größe im Verhältnis zum betroffenen Organismus - rein physikalische Effekte hervorrufen."

    Es ist ein Porträt von Prof. Dr. Christiane Zarfl zu sehen
    Quelle: Christiane Zarfl

    Prof. Dr. Christiane Zarfl forscht an der Universität Tübingen zu den menschlichen Einflüssen auf unsere Fließgewässer, von Staudämmen bis hin zur Belastung durch organische Chemikalien und (künstliche) Partikel wie Mikroplastik. Gemeinsam mit Kollegen aus ganz Europa hat sie ein Buch zu den großen europäischen Flüssen herausgebracht.

    Kunststoff enthalte aber auch toxische Chemikalien als Additive und binde Chemikalien, so Zarfl weiter. Kunststoffe könnten somit Träger von toxischen Substanzen sein. Ob und wann diese Schadstoffe wieder gelöst und freigesetzt würden, hänge von vielen Bedingungen ab und lasse sich nicht generalisieren, erklärt die Professorin.

    Wo immer Kunststoff zum Einsatz kommt, gibt es auch Mikro- und Nanoplastikpartikel, allein aufgrund der Verwitterungsprozesse.

    Umweltwissenschaftlerin Christiane Zarfl, Universität Tübingen

    Wasser aus Plastikflaschen

    Das US-Forscherteam hatte vor allem Plastikflaschen im Visier. Dabei testeten sie auch drei in den Vereinigten Staaten bekannte Wassermarken. Sie suchten und analysierten Kunststoffpartikel mit einer Größe von nur 100 Nanometern (das entspricht 0,0001 Millimetern). Das Erschreckende: 90 Prozent davon war Nanoplastik, das in früheren Tests nicht entdeckt wurde. Ein erhöhtes Risiko der Aufnahme von Plastik aus Wasser aus eben solchen Flaschen kann von wissenschaftlicher Seite nicht ausgeschlossen werden.
    Plastik bei der Müllverarbeitung
    Seit dem 15. Oktober greift ein neues Teilverbot um Mikroplastik. Das Verbot für Plastikpartikel kleiner als fünf Millimeter hat bei manchen Betreibern bereits Spuren hinterlassen.18.10.2023 | 3:30 min

    Lieber Wasser aus Glasflaschen oder Kran?

    Verschiedenste Studien haben gezeigt, dass auch das Wasser in Glasflaschen nicht frei von Mikroplastik ist - und für Nanoplastik dürfte dies auch gelten. So ist es sicher in Deutschland nicht verkehrt, wenn man sich direkt aus dem Wasserhahn mit Trinkwasser versorgt. Doch wie hoch ist hier das gesundheitliche Risiko?
    Das Umweltbundesamt reagiert gelassen und antwortet auf unsere Anfrage: "Durch die verschiedenen Filtrationsstufen wird ein Großteil der Plastikpartikel aus dem Rohwasser entfernt, sodass die Exposition über das Trinkwasser als gering einzuschätzen ist und keine gesundheitliche Besorgnis besteht, was auch durch die WHO (2019) festgestellt wurde."

    Wie kann man sicher sein, dass im Trinkwasser nicht auch Nanoplastik lauert? Die Verunreinigung durch Nano- und Mikroplastik im Trinkwasser wird in vielen Ländern mit schlechten oder gar keinen Klärwerken ein immer größeres Problem. Forscher aus China wollten deshalb herausfinden, ob Abkochen eine wirksame Methode zur Entfernung von Nano- und Mikroplastik sein könnte.

    "Die gute Nachricht", so versichert Christiane Zarfl, "dies scheint unter bestimmten Umständen zu funktionieren. Die Entfernung der Partikel geschieht durch eine Einkapselung der Partikel beim Kochen in Kalkablagerungen. Im Anschluss sollte eine Filterung, zum Beispiel durch Kaffeefilter erfolgen. Die Effizienz der Methode hängt also auch vom Umfang der Kalkablagerung ab und funktioniert besser bei hartem als bei weichem Wasser." 90 Prozent der freischwimmenden Nano- und Mikroplastikteile ließen sich aus dem harten Wasser entfernen. Bei weichem Wasser waren es nur noch 25 Prozent.

    Experten-Diskussion auf dem Gipfel auf der Osterinsel zur Verringerung von Mikroplastik in den Ozeanen.
    Jährlich gelangen wohl mehr als elf Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Auch für die abgelegene Osterinsel ist das ein Problem: An den Stränden liegt tonnenweise Plastik.04.04.2024 | 1:46 min

    Entwarnung durch das Umweltbundesamt

    Trotz dieses Hoffnungsschimmers bleibt die Gefahr existent, denn durch Reibung oder Hitze wird in Zukunft immer mehr Mikroplastik zu Nanoplastik. Doch das Umweltbundesamt gibt dazu Entwarnung: "Die Aufnahme von Nanoplastik über das Trinkwasser erfolgt überwiegend oral, sodass die Schleimhäute im Verdauungstrakt den Übergang in den Körper (Blutkreislauf) im Regelfall unterbinden und die gesundheitlichen Risiken über diesen Aufnahmepfad als gering zu bewerten sind. Die Datenlage zu dieser Thematik ist jedoch nicht ausreichend valide genug, um eine finale Bewertung abgeben zu können."
    Nanoplastik im Wasser bleibt aktuell ein unbekanntes Risiko für Menschen, Tiere und Pflanzen. Die Vermeidung von Plastikmüll ist also weiterhin ein guter Weg.
    Andreas Ewels ist Redakteur der ZDF-Umwelt-Redaktion.

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