700 Brote, 1.500 süße Teilchen und rund 10.000 Brötchen landen jeden Morgen im Container: Alltag in einer ganz normalen, mittelständischen Bäckerei mit 40 Filialen. Was am Vortag nicht mehr verkauft wurde, kommt am nächsten Tag weg, obwohl die Brote und Backwaren einwandfrei sind. Das massenhafte Wegwerfen von Lebensmitteln ist in der Branche nichts Besonderes. Eine Retourenquote von 15 Prozent gilt als „gesund“.
Denn sie sagt dem Bäcker, dass sich die Kunden bis spät abends über eine große Auswahl an Brotsorten und anderen Backwaren freuen konnten. Alles andere wäre unternehmerisch nicht zu verantworten, davon sind viele Bäcker überzeugt. Denn angesichts leerer Regale würden die Kunden zu den Wettbewerbern abwandern, wo sie auch spätabends noch ihr Lieblingsbrot bekommen.
Nutzung von Altbrot
Kein Bäcker schmeißt gerne Brot weg, ist aus der Branche immer wieder zu hören. Und tatsächlich kooperieren einige Bäckereien mit Lebensmittelrettungsinitiativen wie den „Tafeln“ oder „Foodsharing“. Große Mengen von Altbrot landen auch im Schweinefutter. Das ist zwar ressourcenschonender als Backwaren in den Müll zu entsorgen, aber trotzdem keine besonders ökologische Lösung. Denn Bäckereien haben durch den Stromverbrauch von Backöfen und komplexer Kühlungstechnik den höchsten Energiebedarf aller Handwerksgewerke überhaupt. Dazu kommen unnötig eingesetzte Arbeitszeit und Maschinenstunden, denn fürs Schweinefutter könnten Futtermittelproduzenten genauso gut den Roh-Weizen oder Roggen verwenden. Das Argument der Verwertung durch die Futtermittelindustrie kann so am Ende verhindern, dass sich Bäckereien bemühen, ihre Retourenquote zu verringen.
Was unternimmt die Politik?
Für die Produktion von Brot werden viele Ressourcen genutzt: Boden, Wasser, Energie. Daher soll es, genauso wie alle anderen Lebensmittel, nicht unnötig verschwendet werden. Das ist das Ziel der Vereinten Nationen, formuliert in der „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“. So sollen vermeidbare Lebensmittelverluste reduziert und Hunger und Fehlernährung in der Welt bekämpft werden. Auch die Bundesregierung verfolgt dieses Ziel und will bis zum Jahr 2030 die Nahrungsmittelverschwendung auf Einzelhandels- und Verbraucherebene halbieren, so die amtierende Agrarministerin Julia Klöckner im Jahr 2019. Doch die Halbierung der Verluste strebte auch schon ihre Vorvorvorgängerin im Amt, Ilse Aigner, im Jahre 2012 an. Mit einem Unterschied: Aigner wollte das Ziel bis 2020 und nicht erst bis 2030 erreicht haben. Daraus wurde nichts.
Wenig Fortschritte bei der Reduktion von Lebensmittelverlusten
Bäckereien müssen nicht erfassen, wieviel Brot und Backwaren weggeworfen werden, bzw. der Futtermittelindustrie zukommen. Doch wo unklar ist, wieviel überhaupt verloren geht, ist auch nicht messbar, ob die Verluste um die Hälfte reduziert werden konnten. Lebensmittelretter, wie die Organisation „Foodsharing“ fordern daher ein besseres Monitoring und strengere Regeln, um gegen das Wegwerfen vorzugehen. Für die Bäckereien könnte das zum Beispiel bedeuten, dass es Vorgaben gibt, wie viele Retouren erlaubt sind, und wie mit ihnen umzugehen ist. Denn der starke Wettbewerbsdruck in der Branche macht es schwer für einzelne Unternehmen, aus dem System der Überproduktion auszusteigen.