Laut "Wolfmonitoringjahr 2019/2020" leben hierzulande 128 Rudel, 36 Paare und neun sesshafte Einzelgänger. Ihr Bestand, so schätzen Experten, wird pro Jahr um etwa 30 Prozent zunehmen. Ein großartiger Erfolg für den Artenschutz.
Wie viel Wolf vertragen wir?
Manche Wolfsfreunde sehen in den Tieren sogar die Retter der Natur. Landwirte dagegen sprechen häufig über traumatische Erlebnisse nach Wolfsangriffen auf ihre Tierherden. Die Fronten zwischen Wolfsbefürwortern und -gegnern verhärten sich zunehmend. Hannes Jaenicke ist klar: "Es gibt Probleme mit dem Wolf. Aber gibt es auch Lösungen? Wie viel Wolf vertragen wir in Deutschland?"
Zu Beginn der Dokumentation will der naturverbundene Schauspieler den Tieren möglichst nahekommen. Gar nicht so einfach, denn Wölfe sind Menschen gegenüber äußerst vorsichtig und scheu. Begegnungen mit ihnen in freier Natur sind sehr selten. Hannes Jaenicke reist nach Niederösterreich, in das weltweit einmalige Wolfsforschungszentrum WolfScienceCenter: In riesigen Freigehegen wird das Sozialverhalten von Wölfen und Hunden wissenschaftlich erforscht. Dabei erfährt Hannes Jaenicke, welch erstaunliche Ähnlichkeiten es zwischen Mensch und Wolf gibt, in der Persönlichkeit ebenso wie in der Kooperationsbereitschaft.
Ein konfliktfreies Zusammenleben ist möglich
Im deutschen Alpenraum spricht der prominente Naturfreund auch mit Schafbauern, deren Tiere Opfer von Wolfsangriffen wurden. Für die Bauern der Gegend scheint ein Zusammenleben mit dem Raubtier nicht machbar: "Für den Wolf ist bei uns kein Platz mehr - das ist alles zu dicht besiedelt. Abschuss ist die einzige Lösung." Ist das wirklich so? Welche Rolle können Herdenschutz-Maßnahmen bei uns oder in anderen europäischen Ländern spielen? Gibt es überhaupt die eine, richtige Maßnahme?
Hannes Jaenicke sucht nach Antworten in den Tiroler Alpen, in den italienischen Abruzzen im Majella-Nationalpark und in den Karpatenregionen Rumäniens. Auf seiner Reise erfährt er, dass es einen gravierenden Mentalitätsunterschied zwischen den Ländern Europas gibt: zwischen den Gegenden, wo der Wolf bereits ausgerottet war, und jenen, wo die Raubtiere nie verschwunden sind. Letztere beweisen: Ein konfliktfreies Zusammenleben wäre durchaus möglich. Aber Kompromissbereitschaft und Toleranz sind gefragt. Denn eines wird im Laufe von Jaenickes Recherchen immer klarer: Die Anwesenheit von Wölfen bedeutet einen Mehraufwand für Weidetierhalter.
Ein Wildtier wie jedes andere
Auch in Deutschland ist die Frage nach der Daseinsberechtigung des Wolfes ein heißes Diskussionsthema. Darüber spricht Hannes Jaenicke auch mit Peter Wohlleben. Der bekannte Förster und Fachbuchautor stellt sich schützend vor Wölfe: "Welche Funktion haben Elefanten in Botswana für Bauern? Keine gute, die trampeln denen die Felder platt, und trotzdem würde jeder sagen: ''Hey, hör mal, ihr könnt doch keine Elefanten schießen''. Das ist eine Doppelmoral. Wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen wollen, dann sollten wir den Wolf konsequent schützen."
Auch die Wolfsgegner kommen zu Wort. Hannes Jaenicke trifft den stellvertretenden Geschäftsführer des Deutschen Jagdverbands, Torsten Reinwald. Er und seine Institution sprechen sich klar für eine Bestandsregulierung der Tiere aus. "Man muss sehen, welche Gebiete in Deutschland sind sehr gut geeignet für Wölfe, wo müssen wir Wölfe eventuell managen, das heißt, auch Tiere entnehmen, und wo sollten Wölfe gar nicht vorkommen?"
Auch über 20 Jahre nach seiner Rückkehr nach Deutschland polarisiert der Wolf wie kaum ein anderes Tier. Mit seiner Dokumentation "Hannes Jaenicke: Im Einsatz für den Wolf" will der Schauspieler und Umweltschützer helfen, mehr Sachlichkeit in eine emotional aufgeladene Diskussion zu bringen. Er zeigt dabei, dass der Wolf ein Wildtier wie jedes andere ist. Er will seine Dokumentation auch als Appell verstanden wissen, dass Wolfsfreunde und -gegner miteinander im Gespräch bleiben, einander zuhören und zur Sachlichkeit zurückkehren. Sonst rückt ein konfliktfreies Nebeneinander von Wolf und Mensch in immer weitere Ferne.