Partygate-Ausschuss: Johnson führte Parlament in die Irre

    Partygate-Affäre:Gremium: Johnson führte Parlament in die Irre

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    Erst stritt er sie ab, dann wollte er nichts von Lockdown-Partys gewusst haben: Der britische Ex-Premier Johnson kommt nicht gut weg im Bericht eines Untersuchungsausschusses.

    Ehemaliger britischer Premierminister Boris Johnson
    Boris Johnson hat das Parlament wiederholt belogen - so das Ergebnis des Untersuchungsausschusses in London.
    Quelle: AP

    Boris Johnson hat das britische Parlament nach Ansicht eines Parlamentsausschusses wieder und wieder belogen. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung zu Äußerungen Johnsons im sogenannten Partygate-Skandal. Johnson wird demnach vorgeworfen, als Premierminister während der Corona-Pandemie gegen die Lockdown-Regeln verstoßen und später die Abgeordneten in der Affäre wissentlich "in die Irre" geführt zu haben.

    Sanktion: Verbannung aus dem Parlament

    In dem Bericht, der am Donnerstag veröffentlicht wurde, heißt es, Johnson Handlungen und seine Äußerungen vor dem Parlamentsausschuss stellten einen "eklatanten Regelverstoß" dar. Dafür wollte der Ausschuss den konservativen früheren Premierminister 90 Tage lang aus dem Unterhaus verbannen.
    Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson bei einem Rundgang nach einem Treffen mit Gouverneur Greg Abbott im Texas State Capitol am 23. Mai 2023 in Austin, Texas.
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    Johnson selbst kam der Sanktion zuvor, indem er vergangene Woche sein Mandat als Abgeordneter niederlegte. Er hatte die Ergebnisse des "Privileges Committee" bereits vorab erhalten.
    Der Ex-Premier hatte mehrfach im Parlament angegeben, es habe keine illegalen Lockdown-Partys während der Corona-Pandemie in seinem Regierungssitz gegeben. Als das nicht mehr zu halten war, stritt er ab, davon Kenntnis gehabt zu haben oder selbst dabei gewesen zu sein. Den Ausschuss bezeichnete er als "Känguru-Gericht", das eine Hexenjagd betrieben habe, um ihn aus dem Unterhaus zu vertreiben. Eine Mehrheit der sieben Ausschussmitglieder gehören seiner Konservativen Partei an.
    Boris Johnson
    Ex-Premier Johnson muss einem Untersuchungsausschuss zur „Partygate“-Affäre Rede und Antwort stehen. Die Folge könnte sogar ein Entzug seines Abgeordneten-Mandates sein.22.03.2023 | 2:32 min

    Johnson: Party-Veranstaltungen angeblich "rechtmäßig"

    Nachdem im Dezember 2021 Berichte über Partys in Regierungsgebäuden aufgetaucht waren, versicherte Johnson den Abgeordneten wiederholt, er und seine Mitarbeiter hätten sich stets an die Corona-Regeln gehalten. Das erwies sich als falsch, wie Johnson einräumte. Aber er habe das damals ehrlich geglaubt, beteuerte er.
    Dem Ausschuss hatte er gesagt, er habe angenommen, dass es sich bei den fünf Veranstaltungen, an denen er teilgenommen habe - einschließlich der Verabschiedung eines Mitarbeiters und seiner eigenen Überraschungsgeburtstagsfeier - um "rechtmäßige Arbeitsveranstaltungen" gehandelt habe, die dazu dienten, die Moral der wegen der Pandemie überarbeiteten Mitarbeiter zu stärken.
    Boris Johnson am 06.07.2022 in London
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    Bericht: Regelverstoß war offensichtlich

    In einem Zwischenbericht vom März erklärte der Ausschuss, die Beweise deuteten stark darauf hin, dass es für Johnson offensichtlich gewesen sei, dass die Treffen in seinen Büros in der Downing Street 2020 und 2021 gegen die Lockdown-Regeln verstießen. Johnson und weitere Teilnehmer der Feiern wurden von der Polizei dafür zu Geldstrafen verdonnert. Seine Berater hätten ihm versichert, dass nicht gegen die Corona-Regeln verstoßen worden sei, erklärte Johnson. Diese Aussagen bestritten ranghohe Mitarbeiter.
    Johnson war im vergangenen Jahr nach zahlreichen Skandalen vom Amt des Premierministers zurückgetreten. Seinen Sitz im Unterhaus hatte er jedoch zunächst behalten. Noch seinem Rücktritt kann der frühere Regierungschef erneut für einen Sitz im Unterhaus kandidieren.
    Quelle: dpa, AP

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