Militärexpertin: "Erinnert an Schlacht von Bachmut"

    Expertin zu Awdijiwka-Kämpfen:"Erinnert an Schlacht von Bachmut"

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    Die Lage in Awdijiwka ist angespannt, die Russen nehmen hohe Verluste in Kauf, um die Stadt zu erobern. Was eine Einnahme für Kiew heißen würde, erklärt Militärexpertin Major.

    Claudia Major zugeschaltet aus dem Hauptstadtstudio
    Sehen Sie hier das Interview mit Militärexpertin Claudia Major. 02.11.2023 | 14:59 min
    Das ukrainische Militär rechnet weiter mit zahlreichen russischen Attacken am Boden und aus der Luft. Besonders gespannt ist die Lage in der ukrainisch kontrollierten Stadt Awdijiwka im Donbass.
    Die russische Armee erleidet beim Versuch, die Stadt zu erobern, hohe Verluste an Soldaten und Technik. Trotzdem kommt sie den ukrainischen Nachschublinien immer näher. Militärexpertin Claudia Major spricht bei ZDFheute live über die Lage an der Front in der Ostukraine.
    Sehen Sie das Interview mit Claudia Major oben im Video in voller Länge oder lesen Sie es unten in Auszügen.
    Das sagt die Militärexpertin bei ZDFheute live zu...

    ... den Kämpfen um die strategisch wichtige Stadt Awdijiwka

    "Was wir gerade sehen, erinnert zu großen Teilen an die Schlacht um Bachmut", sagt Major. Russland versuche, mit einem extrem hohen Einsatz von Soldaten und Ausrüstung die Stadt einzunehmen. Dennoch gelinge das Putins Armee nicht. "Von der Stadt, vergleichbar mit Bachmut, steht nicht mehr viel. Aber sie versuchen es trotzdem."
    Deshalb sei die Ukraine gezwungen, ebenfalls Material nach Awdijiwka zu verlegen, um die Verteidigung aufrechtzuerhalten. Denn: "Wenn die Stadt Awdijiwka fallen würde, [...] würde sich das auch auf die Reichweite der ukrainischen Streitkräfte auswirken." Sie hätten weniger Chancen, weiter hinter die russischen Linien zu zielen.
    Außerdem sei die Stadt 2014 stark befestigt worden. Die ukrainischen Streitkräfte hätten dort "prinzipiell erstmal bessere Voraussetzungen als an anderen Orten".

    Wenn Awdijiwka eingenommen ist, verbessert sich de facto für die russischen Streitkräfte die Lage im Hinterland.

    Claudia Major, Militärexpertin

    Dara Hassanzadeh zugeschaltet aus Charkiw
    Die umkämpfte Stadt Kupjansk nahe der russischen Grenze könnte einer der Schauplätze sein, an dem auch "eine Großoffensive gestartet werden soll", so ZDF-Reporter Dara Hassanzadeh.02.11.2023 | 7:01 min

    ... zu den Gründen, warum Russland erhebliche Verluste in Kauf nimmt

    Die russische Führung nehme große Verluste bei Ausrüstung und Personal in Kauf. "Wir haben seit dem Beginn des Krieges gesehen, dass offenbar aus Sicht der russischen Streitkräfte die Verluste an Soldaten, an Menschenleben keine Rolle spielen", sagt Major.
    150.000 Tote bisher auf russischer Seite: Diese Zahl habe der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte Saluschnyj ins Gespräch gebracht. Das sei ein guter Orientierungswert, so Major. "Das zeigt doch mal, wie menschenverachtend letztlich das russische Vorgehen ist."
    Die russische Führung wolle Erfolge "um jeden Preis" erzielen, "ohne Rücksicht auf die eigenen Soldaten". Dabei seien "offensichtlich auch die politischen Ziele wichtiger als die militärischen". Auch die Schlacht um Bachmut hielt mehrere Monate an und hatte enorme Verluste zur Folge. Am Ende sei eine "komplett zerstörte Stadt erobert worden".
    Soldat vor zertrümmertem Gebäude
    Immer wieder veröffentlichen Russland und die Ukraine Bilder von Angriffen. Besonders heftig umkämpft ist weiter die Stadt Awdijiwka in der Region Donezk. 02.11.2023 | 1:19 min

    ... zum "Stellungskrieg" zwischen Russland und der Ukraine

    Die ukrainische Offensive habe nicht erreicht, "die russische Landbrücke zu durchbrechen, bis zum Asowschen Meer durchzubrechen und die russische Besatzung zu teilen und damit mehr Druck auf die Krim auszuüben".
    Dennoch habe es auf Seiten der Ukraine Erfolge gegeben: Den Streitkräften sei es gelungen, "Druck auf die Krim auszuüben".

    Zwar ist das übergeordnete Ziel der Offensive gescheitert, also der Durchbruch zum Asowschen Meer. Aber es gab trotzdem ukrainische Fortschritte.

    Claudia Major, Militärexpertin

    Außerdem seien Gefechtsstände, Logistikzentren und andere wichtige Ziele hinter den russischen Linien zerstört worden. Die Ukraine und Russland befinde sich "in einem Stellungskrieg, de facto, wo keiner der beiden Seiten einen richtig großen Durchbruch schafft".

    ... zur langfristigen Unterlegenheit der Ukraine bei einem Stellungskrieg

    "In einem solchen Szenario, wo sich nicht richtig viel bewegt, ist die Ukraine langfristig eindeutig unterlegen", stellt Major fest. "Weil sie langfristig diesen Nachschub an Personal, an Ausrüstung, an Munition nicht leisten kann."

    Stellungskrieg nutzt im Endeffekt Russland. Und deswegen muss die Ukraine und müssen die westlichen Unterstützerstaaten für die Ukraine überlegen, wie sie da rauskommen können.

    Claudia Major, Militärexpertin

    Das Interview führte ZDF-Moderator Philip Wortmann.
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    Quelle: ZDF
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