Egal wo sie herkommen: London will Flüchtlinge jetzt nach Ruanda abschieben.
Quelle: dpa
Nach wochenlangen Debatten hat der britische Premierminister
Rishi Sunak ein Gesetz zum umstrittenen Asylpakt mit Ruanda durchs Parlament gebracht. Dadurch sollen Migranten in das ostafrikanische Land abgeschoben werden, wenn sie unerlaubt nach
Großbritannien einreisen.
Der Entwurf, dem das britische Oberhaus in der Nacht zum Dienstag nach langem Widerstand zustimmte, erklärt Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat. Damit will die Regierung Einsprüche vor britischen Gerichten gegen Abschiebungen verhindern. Nun muss noch
König Charles III. das Gesetz mit seiner Unterschrift in Kraft setzen.
Das Parlament in London hat einem Gesetz zugestimmt, das Ruanda zu einem sicheren Drittstaat erklärt. Damit können illegal eingereiste Migranten dorthin abgeschoben werden. 23.04.2024 | 1:28 min
Was sieht der Asylpakt vor?
Keine Papiere - kein Asyl in Großbritannien: Irregulär eingereiste Migranten sollen in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten. Stattdessen sollen sie grundsätzlich nach Ruanda abgeschoben werden - egal, wo sie eigentlich herkommen.
Die Menschen sollen dann dort einen Asylantrag stellen, um im Zweifel in Ruanda bleiben zu können. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen.
Immer mehr Länder versuchen, die illegale Migration nach Europa einzudämmen.18.12.2023 | 3:30 min
Warum machen die Briten das?
Vor allem zur Abschreckung. Sunak hat einen harten Kurs in der Migrationspolitik versprochen. Sein Schlagwort lautet "Stop the Boats": Er will die Schlauchboote aufhalten, mit denen Menschen
über den Ärmelkanal kommen. 2023 waren es knapp 30.000, von Januar bis März 2024 waren es mit mehr als 4.600 so viele wie noch nie in einem ersten Quartal.
Staatssekretär Michael Tomlinson verteidigte die Pläne als wichtiges Mittel, um Grenzen zu schützen und Migranten von der gefährlichen Überfahrt abzuhalten. Viele konservative Politiker erhoffen sich von dem scharfen Kurs auch mehr Zuspruch bei den kommenden Wahlen.
Das britische Abschiebegesetz soll illegale Migranten abschrecken. Aber auch Premierminister Rishi Sunak eine Chance auf die Wiederwahl sichern.
von Wolf-Christian Ulrich
Warum macht Ruanda da mit?
Die autoritäre Führung in Kigali erhofft sich nach Ansicht von Kommentatoren, als verlässlicher Partner des Westens wahrgenommen zu werden. Großbritannien zahlt Ruanda zudem eine Millionensumme für den Deal - neben menschenrechtlicher Bedenken ein Kritikpunkt, den Gegner des Abkommens immer wieder anführen:
Die britische Regierung gebe viel Geld aus, dabei sei nicht mal klar, ob wirklich ein Flieger abhebe. Nach Einschätzung des Rechnungshofs in London zahlt die Regierung bis zu einer halben Milliarde Pfund (584 Mio Euro). Dazu könnten noch Hunderttausende Pfund pro Asylbewerber kommen.
Für Ruanda ist der Asylpakt ein einträgliches Geschäft - dennoch gibt es auch in dem afrikanischen Land Kritik. 05.04.2024 | 2:45 min
Was wird an dem Vorhaben kritisiert?
Der oberste Gerichtshof in London
erklärte das Vorhaben für rechtswidrig. Das Gericht machte deutlich, dass es Ruanda nicht als sicheres Drittland betrachtet und monierte, es sei nicht sichergestellt, dass die Menschen dort ein faires Asylverfahren erhalten.
Dabei berief sich das Gericht auf Berichte des UN-Flüchtlingshilfswerks und frühere britische Angaben über außergerichtliche Hinrichtungen, Todesfälle in Haft sowie Folter und eine hohe Ablehnung von Asylanträgen aus Konfliktgebieten wie
Syrien.
Das oberste Gericht in Großbritannien hatte den Asylpakt für rechtswidrig erklärt. Mit dem Ruanda-Gesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden.15.11.2023 | 1:36 min
Die Verabschiedung des vor zwei Jahren formulierten Gesetzes beendet die rechtliche Blockade der Abschiebung von Asylsuchenden, indem Ruanda zu einem sicheren Land erklärt und Teile des britischen Menschenrechtsgesetzes außer Kraft gesetzt werden.
Auch in Deutschland wird immer wieder auf die Pläne der Briten verwiesen. Lesen Sie hier, was in Deutschland zum "Ruanda-Modell" diskutiert wird:
Quelle: dpa, AFP