US-Demokrat fordert Neuwahlen: Angriff gegen Netanjahu

    US-Demokrat fordert Neuwahlen:Schumers Frontalangriff gegen Netanjahu

    Anna-Kleiser mit Mütze, Fluss/ Hafenviertel im Hintergrund
    von Anna Kleiser, Washington D.C.
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    Chuck Schumer ist Chef der Demokraten im Senat, Israelfreund und der ranghöchste jüdische US-Politiker. Seine deutliche Kritik Netanjahu kam überraschend, trifft aber einen Nerv.

    Der US-Senator verlässt den Senatssaal im US-Kongress mit einer Aktentasche in der Hand.
    Israels Regierung entspreche nicht mehr den Bedürfnissen des Landes, sagte Chuck Schumer bei seiner Rede vor dem US-Senat und forderte Neuwahlen.
    Quelle: AFP

    Es ist einen Tag her, dass Chuck Schumer, der Mehrheitsführer der Demokraten im Senat, in einer denkwürdigen Rede den israelischen Premier Benjamin Netanjahu mit deutlichen Worten kritisiert und faktisch Neuwahlen in Israel gefordert hat.
    Schumer erntete scharfe Kritik dafür, nun springt ihm US-Präsident Joe Biden zur Seite. "Er hat eine gute Rede gehalten", sagte Biden und betonte, Schumer habe die Bedenken vieler Amerikaner widergespiegelt.
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    Schumer: Netanjahu ist vom Weg abgekommen

    Bei seiner Rede im US-Senat hatte Schumer, der ranghöchste gewählte US-Politiker jüdischen Glaubens, davor gewarnt, dass Netanjahu ein "Hindernis für den Frieden" darstelle - etwa durch seine Ablehnung einer Zweistaatenlösung.

    Ich glaube, dass Premierminister Netanjahu vom Weg abgekommen ist, indem er sein politisches Überleben über die Interessen Israels gestellt hat.

    Chuck Schumer, Mehrheitsführer der Demokraten im Senat

    Netanjahu sei eine Koalition mit Rechtsextremisten eingegangen und deshalb "zu sehr bereit, die zivilen Opfer im Gazastreifen zu tolerieren", so Schumer. Dies lasse die Unterstützung für Israel weltweit auf einen historischen Tiefstand fallen. Israel könne "nicht überleben", wenn es zum Außenseiter werde.
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    Die USA könnten den Ausgang einer Wahl in Israel nicht diktieren, erklärte Schumer. Aber eine Neuwahl sei der einzige Weg, "um einen gesunden und offenen Entscheidungsprozess über die Zukunft Israels zu ermöglichen" - in einer Zeit, in der viele Israelis das Vertrauen in die Vision und die Richtung ihrer Regierung verloren hätten.

    Harsche Kritik an Schumers Forderung

    In der direkten Antwort kritisierte der Chef der Republikaner im Senat, Mitch McConnell, Schumers Rede als "grotesk und heuchlerisch". Israel sei keine amerikanische Kolonie, die Absetzung eines demokratisch gewählten Regierungschefs zu fordern, sei beispiellos. Viele hochrangige Republikaner reihten sich ein und sprachen von einem schweren politischen Fehler.
    Scharfe Zurückweisung auch aus Israel: Netanjahus konservative Likud-Partei betonte in einer Erklärung, Israel sei "keine Bananenrepublik". Michael Herzog, der israelische Botschafter in den USA, nannte die Rede auf X, ehemals Twitter, kontraproduktiv:
    Post von Botschafter Herzog
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    Israels Oppositionsführer Jair Lapid sagte, Schumers Rede zeige, wie Netanjahu in den USA einen wichtigen Israel-Unterstützer nach dem anderen verliere.

    Demokraten kritisieren Forderung nach Neuwahlen

    Unter den Demokraten gibt es zwar nur wenig Sympathie für Netanjahu, doch auch dort sagen einige, Schumer sei zu weit gegangen. Damit gemeint ist vor allem die Forderung nach Neuwahlen. Der demokratische Abgeordnete Dean Phillips, der ranghohes Mitglied im Ausschuss für den Nahen Osten ist, nannte sie unverantwortlich:
    Post des Abgeordneten Phillips
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    Schumers Kritik an Netanjahu jedoch trifft einen Nerv der Demokraten, vor allem der progressiven. Der Tod von zehntausenden Palästinensern und die humanitäre Krise im Gazastreifen setzen die Partei unter Druck. Teile der demokratischen Stammwählerschaft drohen über dem Konflikt wegzubrechen. Am Montag forderten sieben hochrangige demokratische Senatoren in einem offenen Brief, die militärische Hilfe einzustellen.
    Schild mit Menschen im Hintergrund
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    Schumers über 40-minütige Rede war die bisher schärfste Kritik an der israelischen Regierung. Und sie kam für viele überraschend. Schumer hatte das Weiße Haus vorab informiert, abgehalten wurde er nicht.

    Biden: Netanjahu schadet Israel

    Auch die US-Regierung kritisiert Israel immer offener, der Frust wird immer deutlicher. In seiner Rede zur Lage der Nation etwa mahnte US-Präsident Joe Biden Israel, mehr für den Schutz der Zivilbevölkerung in Gaza zu tun. In einem mitgeschnittenen Gespräch direkt danach kündigte er gegenüber Parteikollegen an, Netanjahu die Leviten lesen zu wollen.
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    Im Interview mit den US-Sender MSNBC deutet Biden an, was Schumer deutlicher sagt. Biden sagte am Wochenende über Netanjahus Kriegsführung:

    Meiner Meinung nach schadet er Israel mehr, als dass er dem Land hilft.

    US-Präsident Joe Biden

    Dabei macht Biden immer wieder deutlich, er werde Israel niemals im Stich lassen. Es ist dieser Grat, auf dem die US-Regierung wandert, ein politisches Dilemma.
    Neben verbaler Kritik gab es auch erste Entscheidungen. So hat die US-Regierung in den vergangenen Wochen mehrfach Sanktionen gegen Siedler erlassen. Anfang Februar forderte Biden in einem Memorandum schriftliche Zusagen von ausländischen Regierungen, dass mit US-Militärhilfe keine Menschenrechte verletzt werden - auch von Israel.
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    Während in den USA die Demokraten also immer weiter von Netanjahu abrücken, gehen die Republikaner weiter auf ihn zu. Am Tag der Rede hätte er bei einer Tagung der Republikaner im Abgeordnetenhaus zugeschaltet werden sollen. Daraus wurde aus Termingründen nichts, aber die Differenz zwischen den Parteien ist deutlich.
    Dass es gerade Schumer ist, der sich so weit aus dem Fenster lehnt, ist bemerkenswert. Im November mahnte er im Kongress in einer sehr persönlichen Rede wachsenden Antisemitismus in den USA an. Er warnte davor, dass einige linke Demokraten und junge Menschen im Namen der sozialen Gerechtigkeit unwissentlich dem Antisemitismus Vorschub leisten würden.
    US-Kongress-Anhörung zu Antisemitismus an Unis
    Nach Antisemitismusvorwürfen an US-Eliteunis müssen sich die Präsidentinnen einer Befragung im Kongress stellen. Die Vorfälle räumen sie ein - antisemitische und auch islamophobe.06.12.2023 | 1:41 min
    Seine so deutliche Kritik nun ist umso erstaunlicher. Er spreche für sich, aber auch für die schweigende Mehrheit vieler jüdischer US-Amerikaner, sagte Schumer zu Beginn seiner Rede. Ob er ihnen damit einen Gefallen getan hat, bleibt abzuwarten.
    Quelle: mit Material von ap, dpa und reuters

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