Wie Merz auf dem CDU-Parteitag überrascht hat - eine Analyse

    Analyse

    CDU-Parteitag:Friedrich Merkel

    Mathis Feldhoff
    von Mathis Feldhoff
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    90 Prozent Zustimmung und eine Rede, die daher kommt, als wäre die CDU schon in der Regierung. Der CDU-Vorsitzende hat überrascht und doch die Erwartungen seiner Partei erfüllt.

    CDU-Bundesparteitag
    Gut aber nicht überragend: Merz erhält zum Start des dreitägigen Parteitags knapp 90% der Stimmen. Mit ihrem neuen Grundsatzprogramm möchte die Partei zurück zu ihrem Markenkern.06.05.2024 | 3:00 min
    Es ist ein gutes Ergebnis, das Friedrich Merz da einfährt: 90 Prozent für den alten und neuen Vorsitzenden der CDU. Eine Bestätigung im Amt und eine Genugtuung für den Mann, der vor zwei Jahren dieses Amt übernommen und seitdem darum bemüht ist, der CDU ihr angeknackstes Selbstbewusstsein zurückzugeben.
    Drei Stunden zuvor feierten die Delegierten fast zehn Minuten lang ihren Vorsitzenden nach seiner Rede. Immer wieder steht Friedrich Merz auf, immer wieder bedankt er sich von der Bühne herab und nimmt den Applaus seiner Partei entgegen. 1.001 Delegierte erkennen mit den Standing Ovations wohl auch an, dass Merz seiner Partei die Hoffnung zurückgegeben hat.
    ZDF-Korrespondent Mathis Feldhoff aus Berlin
    Jeder zehnte Delegierte stimmte nicht für Merz als CDU-Parteivorsitzenden. ZDF-Korrespondent Mathis Feldhoff ordnet das dennoch hohe Wahlergebnis von rund 90 Prozent ein.06.05.2024 | 1:10 min
    Wer sich in diesen Tag in der CDU umhört, hört viel Gutes über Merz und den Diskussionsprozess der letzten Monate. Gerade die offene Diskussion über das neue Grundsatzprogramm hat die Union wieder zusammengeführt, die heute in dem Zutrauen gipfelt, wieder zurück zu sein.

    Mit diesem Programm sind wir sofort bereit, Regierungsverantwortung zu übernehmen.

    Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender

    Parteitag: Eine Rede wie ein Kanzler

    Merz hält auf diesem Parteitag eine Rede, die phasenweise so klingt, als sei er schon Kanzler und habe nicht erst noch 16 Monate Wahlkampf vor sich. Eine Rede, die bewusst staatsmännisch gehalten ist, die scharfe Attacken auf die Ampel-Regierung oder den Kanzler einfach ausspart. Den Namen Olaf Scholz nimmt Merz erst gar nicht in den Mund. Und doch spürt jeder im Saal, wen der CDU-Vorsitzende meint, wenn er Sätze sagt wie: "Wir setzen der Angst und der Verzagtheit ein Zeichen der Zuversicht und des Mutes entgegen."
    Ministerpräsident Daniel Günther
    Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) fordert, sich wieder stärker an der Politik der früheren Kanzlerin Angela Merkel zu orientieren.06.05.2024 | 5:11 min
    Dabei klingt er fast wie seine von ihm so ungeliebte Vorgängerin Angela Merkel. Etwa, als er sich mit Verve gegen Hass, Intoleranz und Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker positioniert und dabei explizit Karin Göring-Eckardt von den Grünen und den SPD-Mann Matthias Ecke erwähnt. "Vollkommen inakzeptabel", nennt Merz solche Vorfälle.

    Das sind Angriffe auf unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie.

    Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender

    Beide Politiker waren in den letzten Tagen im Wahlkampf attackiert worden. Ecke wurde dabei so schwer verletzt, dass er operiert werden musste.
    Mathis Feldhoff über den CDU-Parteitag
    ZDF-Korrespondent Mathis Feldhoff berichtet aus Berlin über den CDU-Parteitag.06.05.2024 | 1:00 min

    Merz: Attacke auf die AfD

    Im letzten Viertel der Rede weicht Friedrich Merz dann doch vom Staatsmann-Konzept ab, als er sich unter starkem Beifall die AfD vornimmt: "Wir sagen allen denen den Kampf an, die unsere Werte, die unser Europa und die unsere Demokratie zerstören wollen", so Merz. Er spricht von der "Kraft der Zersetzung", die von der AfD ausgeht und nimmt seine Partei in besondere Haftung, als er davon spricht, dass nur die CDU "die Kraft habe, sich dieser AfD entgegenzustellen".
    Und er legt seiner Partei eine Latte hin, die sich in den kommenden Wahlen auch als unüberwindbar herausstellen könnte, als er das Ziel ausgibt, dass Mario Voigt in Thüringen und Jan Redmann in Brandenburg neue Ministerpräsidenten werden und Michael Kretschmer seine Position in Sachsen verteidigt. In ganz Deutschland vor der AfD, so das Ziel, das Friedrich Merz seiner Partei verordnet.

    Wir werden gemessen werden an der Frage, sind wir unserer Verantwortung gerecht geworden.

    Friedrich Merz, CDU-Vorsitzender

    Friedrich Merz
    CDU-Chef Merz will nicht über eine mögliche Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht diskutieren, so Merz im ZDF.05.05.2024 | 5:00 min

    Entscheidung über die Kanzlerkandidatur?

    Der Applaus für Merz wirkt am Ende fast wie ein Ritterschlag - in der CDU derzeit gleichbedeutend mit der Kanzlerkandidatur. Schon im Vorfeld hatten sich ehemalige Kritiker, wie die stellvertretende Parteivorsitzende Karin Prien, sehr positiv zu einer Kandidatur von Merz ausgesprochen. "Wenn Friedrich Merz Kanzlerkandidat der Union werden will, dann wird er es auch", hatte die schleswig-holsteinische Bildungsministerin der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gesagt.
    Selbst sein Rivale aus Nordrhein-Westfalen, Hendrik Wüst, bleibt in seiner Reaktion auf Merz nichts anderes als der doppeldeutige Satz: "Danke für die ausgewogene Rede." Der damit wohl zum Ausdruck bringt, dass auch ein Kanzlerkandidat Merz einen möglichen Erfolg nur mit einer Politik der Mitte feiern könne.

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