Nach dem Bund-Länder-Gipfel der Ministerpräsidenten zu verschärften Asylregeln ist eine Mehrheit der Befragten skeptisch. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer.
Die Flüchtlings- und Asylpolitik war ein zentrales Thema der Bund-Länder-Beschlüsse vom Anfang der Woche. Auch aus Sicht der Befragten dominiert sie die politische Agenda: 52% bezeichnen Themen, die in diesem Zusammenhang stehen, als die wichtigsten politischen Probleme in Deutschland. Auf Platz zwei folgt mit deutlichem Abstand der Themenbereich "Klima und Energie" mit 20 Prozent.
Mehrheit: Trotz neuer Regeln weiter viele Flüchtlinge
Fast zwei Drittel (63 Prozent) aller Befragten meinen, dass Deutschland die vielen Flüchtlinge, die aus Krisengebieten zu uns kommen, nicht verkraften kann (verkraften: 35 Prozent; Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils "weiß nicht").
Beim Bund-Länder-Gipfel einigten sich die Ministerpräsidenten auf schärfere Regeln im Asylverfahren.
Quelle: dpa/Puchner, Stefan
Bund und Länder haben sich auf schärfere Regeln in der Flüchtlingspolitik geeinigt. Danach sollen unter anderem Leistungen für Asylbewerber gekürzt und Asylverfahren beschleunigt werden. Allerdings glauben nur 18 Prozent, dass dadurch deutlich weniger Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden, 78 Prozent halten das in dieser Hinsicht nicht für eine wirksame Maßnahme.
Kritik an der Bundesregierung: Große Koalition keine Alternative
Weiterhin ist die Unzufriedenheit mit der Regierung aus SPD, Grünen und FDP groß. Zwar ist die Kritik etwas zurückgegangen, aber auch jetzt sagt eine Mehrheit von 59 Prozent, dass die Bundesregierung ihre Arbeit eher schlecht macht (eher gut: 35 Prozent).
Ein Wechsel hin zu einer Regierung aus SPD und CDU/CSU unter Führung der SPD, die im Bundestag aktuell eine Mehrheit hätte, wird aber auch nicht nennenswert positiver gesehen: Eine solche Regierung würde ihre Arbeit dann besser machen, sagen nur 26 Prozent, 51 Prozent meinen, dass da kein großer Unterschied wäre, und 17 Prozent würden in diesem Fall sogar ein schlechteres Regierungshandeln erwarten.
Die meisten Deutschen bezweifeln, dass die Maßnahmen in der Flüchtlingspolitik zu einer Begrenzung illegaler Migration führen werden. Das zeigt das aktuelle ZDF-Politbarometer. 10.11.2023 | 1:49 min
Projektion: Union weiter stärkste Kraft, gefolgt von AfD
Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme die SPD auf 16 Prozent (plus 1), die CDU/CSU auf 30 Prozent (unverändert). Die Grünen würden 15 Prozent (plus 1) erreichen, die FDP käme auf fünf Prozent, die AfD auf 21 Prozent (beide unverändert), die Linke nur noch auf vier Prozent (minus 1) und die Freien Wähler auf drei Prozent (unverändert).
Die anderen Parteien lägen zusammen bei sechs Prozent (minus 1), darunter keine Partei, die mindestens drei Prozent erzielen würde. Bei einem solchen Ergebnis hätte die Ampel-Koalition weiterhin keine parlamentarische Mehrheit, es würde aber reichen für eine Zweier-Koalition aus CDU/CSU und SPD oder CDU/CSU und Grüne.
Bündnis Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht ist aus der Partei Die Linke ausgetreten und hat das Bündnis Sahra Wagenknecht gegründet, aus dem eine neue Partei hervorgehen soll. Auf die Frage, ob man eine Partei von Sarah Wagenknecht wählen würde, wenn sie künftig bei einer Bundestagswahl antreten würde, sagen drei Prozent "auf jeden Fall", 10 Prozent wollen sie dann wahrscheinlich wählen, 22 Prozent wahrscheinlich nicht und 57 Prozent auf keinen Fall.
Eine Partei von Sahra Wagenknecht hätte bei der nächsten Bundestagswahl gute Aussichten. Mehr als jeder Zehnte könnte sich vorstellen, sie zu wählen.
Quelle: dpa
Betrachtet man die Gruppe der Befragten genauer, die eine solche Partei auf jeden Fall oder wahrscheinlich wählen würde, dann könnte sie sich vor allem auf bisherige Anhänger der Linke und der AfD stützen. So gehören 30 Prozent der aktuellen Linke-Anhänger und 21 Prozent der AfD zu den möglichen Wählern der noch zu gründenden Partei. Am wenigsten Zuspruch kommt von den Anhängern der Grünen (vier Prozent) und der Union (sieben Prozent).
Top Ten
Bei der Beurteilung von Politikerinnen und Politikern nach Sympathie und Leistung ("Was halten Sie von?") liegt Verteidigungsminister Boris Pistorius weiter unangefochten auf Platz eins. Er wird auf der Skala von +5 bis -5 mit einem Durchschnittswert von 1,6 (Okt.: 1,6) eingestuft. Auf Platz zwei folgt mit sehr großem Abstand Markus Söder mit 0,1 (Okt.: 0,1).
Danach kommen Robert Habeck mit 0,0, der sich deutlich verbessern kann (Okt.: minus 0,5), Olaf Scholz mit minus 0,1 (Okt.: minus 0,2), Christian Lindner mit minus 0,2 (Okt.: minus 0,5), Friedrich Merz mit minus 0,2 (Okt.: minus 0,3), Karl Lauterbach mit minus 0,3 (Okt.: minus 0,4) und Annalena Baerbock mit minus 0,3 (Okt.: minus 0,5). Noch deutlicher im Negativbereich liegen Sahra Wagenknecht mit minus 1,4 (Okt.: minus 1,1) und vor allem Alice Weidel mit minus 2,6 (Okt.: minus 2,4).
Fast zwei Drittel der Befragten glauben, dass es Israel nicht gelingen wird, die Hamas langfristig zu schwächen. Das militärische Vorgehen Israels hält die Hälfte für gerechtfertigt.10.11.2023 | 1:37 min
Nahost: Jeder Zweite befürwortet Israels Militärvorgehen
Die Hälfte der Befragten beurteilt das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen als gerechtfertigt. Doch nur 23 Prozent glauben, dass die Hamas so nachhaltig geschwächt wird.
Quelle: AFP
Nach den Terroranschlägen der Hamas auf Israel halten 50% das militärische Vorgehen Israels im Gazastreifen für gerechtfertigt, 35 Prozent sehen das nicht so. Dabei glauben in Deutschland nur 23 Prozent, dass es Israel gelingen wird, die Hamas so stark zu schwächen, dass von ihr keine Gefahr mehr für Israel ausgeht (wird nicht gelingen: 65 Prozent). Mit dem Ausmaß der Unterstützung Israels durch die Bundesregierung sind 54 Prozent einverstanden, für 21 Prozent geht sie zu weit und zehn Prozent würden sich da mehr Unterstützung wünschen.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 7. bis 9. November 2023 bei 1.234 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei wurden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland.
Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von zehn Prozent rund +/-zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: SPD: 17 Prozent, CDU/CSU: 32 Prozent, Grüne: 21 Prozent, FDP: fünf Prozent, AfD: 15 Prozent, Linke: drei Prozent, Freie Wähler: vier Prozent. Das nächste Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, den 24. November 2023. Informationen zur Methodik der Umfrage und zu den genauen Frageformulierungen finden Sie auch auf www.forschungsgruppe.de.