Goebbels Villa: Warum niemand dafür zahlen will

    Haus des Nazi-Demagogen verfällt:Warum niemand für Goebbels Villa zahlen will

    Jan Meier, ZDF-Landesstudio Brandenburg in Potsdam, mit Mikrofon.
    von Jan Meier
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    Bodenfliesen und Fenster sind intakt, die Holzverkleidung im Arbeitszimmer ist erhalten. Noch steht die Villa von Joseph Goebbels. Doch das Areal verfällt - keiner will es kaufen.

    Ein im Wald versteckter Ort des Bösen, erbaut 1939: In der 30-Zimmer-Villa erholte sich der Reichspropagandaminister mit seiner Familie mitten im Krieg, Hier schrieb er an seiner berüchtigten Hetzrede im Berliner Sportpalast, die im Satz gipfelte "Wollt Ihr den totalen Krieg?".

    Goebbels Villa und FDJ-Schule drohen der Verfall

    Keine zehn Jahre später zog die Freie Deutsche Jugend (FDJ) dort ein. Der damalige Chef Erich Honecker richtete eine Hochschule ein und ließ dafür noch einen Komplex aus Seminar- und Wohngebäuden errichten - Prachtbauten im Stil des sozialistischen Klassizismus.
    Bis zum Ende der DDR wurde hier die Elite der DDR-Jugendorganisation ideologisch geschult.
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    Dieser gigantische Bau ist schon in einem schlechten Zustand. Fassadenteile fehlen, Fenster sind mit Brettern zugenagelt. Landeskonservator Thomas Drachenberg ist in Sorge um die beiden unter Schutz gestellten Bauwerke. Der nächste Ort ist drei Kilometer entfernt.

    Alle bisherigen Versuche, das Gelände zu nutzen und zu beleben, sind schief gelaufen.

    Thomas Drachenberg, Landeskonservator

    Immobilie in Brandenburg gehört Berlin

    Einen dieser gescheiterten Versuche hat vor einigen Jahren Andra Schumann unternommen. Die Architektin aus dem benachbarten Lanke hat Veranstaltungen organisiert, sogar ein kleines Festival, alle Events waren ausverkauft. Sie wollte die Räume mieten.
    Doch die Immobilie liegt zwar in Brandenburg, 15 Kilometer von der Berliner Stadtgrenze entfernt, gehört aber dem Land Berlin. Der Magistrat hatte 1936 das gesamte Areal gekauft, als Geburtstagsgeschenk für den Berliner NSDAP-Chef Joseph Goebbels.
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    Unterhalt für Goebbels Sommersitz: 250.000 Euro pro Jahr

    Andra Schumann wandte sich an die Berliner Immobilien Management GmbH. Die BIM bewirtschaftet im Auftrag des Landes Berlin weltberühmte Bauwerke wie das Brandenburger Tor und das Rote Rathaus und auch die besagte Liegenschaft am Bogensee.
    Geschäftsführerin Birgit Möhring bestätigt: "Wir haben wirklich gute Ideen vorgestellt bekommen. Aber wenn es dann darum ging, wie das finanzierbar ist, dann konnte uns niemand davon überzeugen."
    Außerdem ist ein Verkauf an private Investoren riskant; es interessierte sich bereits eine Initiative mit Verbindungen zu Reichsbürgern dafür.
    Doch allein der Unterhalt des gesamten Komplexes kostet das Land 250.000 Euro jährlich.

    Wir agieren mit Mitteln der Berliner Steuerzahler. Bei dem Sanierungsstau in Berlin ist das wirklich nicht zu erklären.

    Birgit Möhring, Berliner Immobilien Management GmbH

    Berlin erhöht den Druck: Abriss trotz Denkmalschutz?

    Am liebsten wäre es Birgit Möhring, das Land Brandenburg würde das 17 Hektar große Areal übernehmen zu einem symbolischen Preis von einem Euro. Aber das Land lehnt ab. Grund dürften die Sanierungskosten sein, sie werden mittlerweile auf 350 Millionen Euro geschätzt.
    Preiswerter wäre ein Abriss. Etwa 50 Millionen Euro. Genau diese Summe will Berlin in seinen nächsten Haushalt einstellen. Und so den Druck auf alle Beteiligten erhöhen.
    Generalshotel
    Das Generalshotel am Flughafen Berlin-Schönefeld war nach seiner Errichtung 1947 eine prunkvolle Villa für Ehrengäste. Nun wird das historische Gebäude abgerissen.07.08.2023 | 1:49 min
    Der Abriss denkmalgeschützter Gebäude ist möglich. Erst kürzlich musste auf dem Flughafen BER das Generalshotel weichen für die Flugbereitschaft der Bundesregierung.
    Für Thomas Drachenberg wäre das "nicht nur eine denkmalpflegerische Katastrophe, das wäre auch eine geschichtliche Katastrophe".

    Rettungsversuche oder Renaturierung?

    Bürgermeister Oliver Borchert, der die Planungshoheit für das abgelegene Areal hat, fordert deshalb ein Abrissmoratorium, "weil es uns auch die Zeit geben soll, nochmal mit möglichen Nutzern in Kontakt zu treten".
    Doch nicht alle unterstützen die Rettungsversuche. Die grüne Kreistagkandidatin Katrin Guse hält "von Diktatoren erschaffene und in Stein gemeißelte Weltanschauung" nicht für erhaltenswert. Ihr Parteifreund in der Gemeindevertretung, Jörg Striegler, unterstützt die Berliner Idee:

    In einer Welt, die sich im Klimawandel befindet, die den Mangel an Trinkwasser auch in unseren Breiten nicht nur erahnen lässt, ist jede Entsiegelung und Wiederaufforstung - auch und vor allem in der unmittelbaren Nähe von Berlin - eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe.

    Jörg Striegler, stellvertretender Ortsvorsteher Wandlitz

    Sein Fazit: Renaturierung.

    Bundesbauministerin Geywitz schaltet sich ein

    Doch nun hat sich Bundesbauministerin Klara Geywitz, selbst Brandenburgerin, eingeschaltet. "Als Bund können wir uns ein Engagement vorstellen." Eine Machbarkeitsstudie soll Klarheit bringen, ob und wie das geschehen kann.
    Der Bürgermeister von Wandlitz darf bereits Fördergelder aus dem Programm "Nationale Projekte des Städtebaus" beantragen. Nur der Bund kann noch helfen, diese historischen Zeugnisse für die Nachwelt zu bewahren.
    Jan Meier ist Reporter im ZDF-Landesstudio Brandenburg.

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