Europaparlament billigt neue EU-Schuldenregeln

    Europaparlament:Neue EU-Schuldenregeln beschlossen

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    Straßburg hat den Weg für neue Regeln zu Schulden in der EU freigemacht. Die Abgeordneten stimmten einem umstrittenen Reform-Kompromiss zu. Was jetzt gelten soll.

    EU-Parlament in Straßburg, aufgenommen am 05.10.2022
    Das EU-Parlament in Straßburg (Archivfoto) hat ein neues Schulden-Regelwerk beschlossen.
    Quelle: dpa

    Nach monatelangen Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten hat das Europaparlament die Reform der Schuldenregeln für den Staatshaushalt der Europäischen Union beschlossen.
    Die Abgeordneten stimmten an diesem Dienstag in Straßburg für ein Reformpaket, das hochverschuldeten Ländern mehr Spielraum für Investitionen geben soll. Zugleich sollen die neuen Regeln die Staaten allerdings dazu zwingen, hohe Schulden schneller abzubauen.
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    Vertreter des Europaparlaments und der Regierungen der Mitgliedstaaten hatten sich Anfang Februar nach langer Debatte auf den Kompromiss verständigt. Nach der Abstimmung im Parlamentsplenum müssen auch noch die EU-Staaten die neuen Regeln bestätigen.

    Was künftig gelten soll

    Grundsätzlich soll in der EU weiterhin gelten, dass der Schuldenstand eines Mitgliedstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten darf. Zudem gilt es, das gesamtstaatliche Finanzierungsdefizit - also die vor allem durch Kredite zu deckende Lücke zwischen den Einnahmen und Ausgaben des öffentlichen Haushalts - unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu halten.
    Darüber hinaus sind Schutzmaßnahmen geplant: Hoch verschuldete Länder (Schuldenstand von über 90 Prozent) sollen ihre Schuldenquote jährlich um einen Prozentpunkt senken müssen, Länder mit Schuldenständen zwischen 60 und 90 Prozent um 0,5 Prozentpunkte. Auf diese Bedingung hatte vor allem Deutschland gepocht.
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    Mit der Reform bekommen die Länderregierungen nun mehr Spielraum und sollen etwa selbst Pläne vorlegen, wie sie ihre Schulden in den kommenden Jahren abbauen wollen. Dafür bekommen sie bis zu sieben Jahre Zeit, deutlich mehr als bislang. Davon könnten mehrheitlich hochverschuldete Länder wie Griechenland, Italien, Spanien und Frankreich profitieren.

    Warum die geplanten Regeln umstritten sind

    Die Meinungen zum erzielten Kompromiss gehen auseinander. So hatte etwa die belgische EU-Ratspräsidentschaft mitgeteilt, die neuen Regeln würden dazu beitragen, ausgewogene und auf Dauer tragfähige öffentliche Finanzen zu erreichen. Auch aus der Sicht des CSU-Europaabgeordneten Markus Ferber überwiegen die positiven Aspekte.
    Kritiker hingegen betonten, dass die Regeln Investitionen - etwa in Klimaschutz oder im sozialen Bereich - die Luft abschnürten. Eine Analyse vom Europäischen Gewerkschaftsbund (EGB) und der New Economics Foundation (NEF) war Anfang April etwa zu dem Ergebnis gekommen, dass bei Einhaltung der geplanten Regeln ab 2027 nur noch Dänemark, Schweden und Irland in der Lage seien, sich notwendige Ausgaben zu leisten.
    Ebenso stehen die Grünen im Europaparlament dem Kompromiss kritisch gegenüber und nennen die geplante Reform eine "verpasste Chance".

    Was die Folgen sind

    Beim Übertreten der Obergrenzen können Schulden-Strafverfahren, sogenannte Defizitverfahren, eingeleitet werden. Dann muss ein Land Gegenmaßnahmen einleiten, um Verschuldung und Defizit zu senken. Das soll vor allem die Stabilität der Eurozone sichern.
    ZDF-Korrespondentin Gunnar Krüger.
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    Zuletzt waren die Strafverfahren wegen der Corona-Krise sowie der Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine ausgesetzt. Vor allem 2020 lagen die Defizite in fast allen EU-Ländern deutlich über der Drei-Prozent-Marke. Ab diesem Frühjahr sollen die Defizitverfahren wieder eröffnet werden können.
    Grundlage der nun getroffenen Einigung für die Reform der aus den 1990er Jahren stammenden Regeln waren Vorschläge der EU-Kommission. Vor allem die Bundesregierung hatte sie kritisiert, weil sie den sogenannten Stabilitäts- und Wachstumspakt zu stark aufweiche.

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    von Luisa Billmayer
    Europaparlament in Straßburg
    Grafiken
    Quelle: dpa, AFP

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