Philosoph Habermas: Im Ukraine-Krieg rechtzeitig verhandeln

    Ukraine-Krieg:Philosoph Habermas: Rechtzeitig verhandeln

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    Weil der Westen im Ukraine-Krieg militärische Hilfe leiste, erwachse daraus auch Verantwortung, meint Philosoph Habermas. Seine Forderung: Rechtzeitig verhandeln.

    Jürgen Habermas 2018
    Jürgen Habermas (2018)
    Quelle: Arne Immanuel Bänsch/dpa

    Der Philosoph Jürgen Habermas hat sich mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine für Verhandlungen ausgesprochen.

    Habermas: Aus Militärhilfe erwächst Verantwortung

    Zwar leiste der Westen aus guten Gründen militärische Hilfe an die Ukraine, schreibt der 93-Jährige in einem Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung". Daraus erwachse aber auch Verantwortung.
    Er warnt:

    Aus der Perspektive eines Sieges um jeden Preis hat die Qualitätssteigerung unserer Waffenlieferungen eine Eigendynamik entwickelt, die uns mehr oder weniger unbemerkt über die Schwelle zu einem dritten Weltkrieg hinaustreiben könnte.

    Jürgen Habermas, Philosoph

    Jürgen Habermas (93) ist einer der weltweit einflussreichsten Denker der Gegenwart. Mit seinen streitbaren Beiträgen prägt der Sozialphilosoph die politischen und gesellschaftlichen Debatten nicht nur in Deutschland. Immer wieder bezieht der engagierte Zeitkritiker auch Europa in sein Denken ein.

    Der 1929 in Düsseldorf geborene Habermas begann seine wissenschaftliche Karriere 1956 an der Universität Frankfurt. Dort arbeitete er als Assistent für Theodor W. Adorno, der zusammen mit Max Horkheimer einer der wichtigsten Vertreter der "Frankfurter Schule" gilt. 1964 erbte Habermas Horkheimers Lehrstuhl. Er gehörte zu den Vordenkern der 68er-Studentenbewegung. Habermas' Hauptwerk, die "Theorie des kommunikativen Handelns", erschien 1981.

    Als 2001 der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an Habermas vergeben wurde, äußerte der damalige Außenminister Joschka Fischer (Grüne), Habermas sei eine Art "Staatsphilosoph des demokratischen Deutschlands" geworden.

    Den hoch dotierten John W. Kluge Prize, der als inoffizieller Nobelpreis der Geisteswissenschaften gilt, erhielt Habermas 2015 ausdrücklich auch für seine Doppelrolle als weltbekannter Philosoph und "public intellectual". Sein jahrzehntelanges Engagement für ein demokratisch verfasstes Europa wurde 2018 mit dem Deutsch-Französischen Medienpreis gewürdigt. Habermas lebt seit seiner Emeritierung 1994 wieder in Starnberg.
    Mit Material von dpa, Munzinger

    Keine Signale für Verhandlungswillen Putins

    Inzwischen tauchten kritische Stimmen auf, die auf ein Nachdenken über den schwierigen Weg zu Verhandlungen drängten, so Habermas.

    Wenn ich mich diesen Stimmen anschließe, dann gerade weil der Satz richtig ist: Die Ukraine darf den Krieg nicht verlieren.

    Jürgen Habermas, Philosoph

    Das schreibt Habermas, der einräumt, dass es derzeit keine Anzeichen dafür gebe, dass sich der russische Präsident Wladimir Putin auf Verhandlungen einlassen werde.

    Ziel: Vorbeugung gegen Weltkrieg

    Ihm gehe es um den vorbeugenden Charakter rechtzeitiger Verhandlungen. Diese verhinderten, dass ein langer Krieg noch mehr Menschenleben und Zerstörungen fordert. Am Ende stehe man sonst vor "einer ausweglosen Wahl":

    Entweder aktiv in den Krieg einzugreifen oder, um nicht den ersten Weltkrieg unter nuklear bewaffneten Mächten auszulösen, die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen.

    Jürgen Habermas, Philosoph

    Habermas: Ziele der Ukraine-Unterstützer unklar

    Habermas nannte es ein Kernproblem der Debatte, dass die Ziele der Ukraine und ihrer Unterstützer unklar seien.

    Ist es das Ziel unserer Waffenlieferungen, dass die Ukraine den Krieg 'nicht verlieren' darf, oder zielen diese nicht vielmehr auf einen 'Sieg' über Russland

    Jürgen Habermas, Philosoph

    Der Philosoph hatte bereits im vergangenen April in einem vielbeachteten Gastbeitrag für die "Süddeutsche Zeitung" zur Besonnenheit gemahnt.



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    Quelle: dpa
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