Bachmut eingenommen? Verwirrung um Selenskyjs Aussage

    Von Russland eingenommen?:Warum Selenskyjs Aussage zu Bachmut verwirrt

    Katja Belousova
    von Katja Belousova
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    Nach Berichten, Bachmut sei nicht mehr unter ukrainischer Kontrolle, stellt Selenskyj nun klar: Die Stadt sei nicht von Russland erobert. Doch eine Aussage im Vorfeld irritierte.

    Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine, gestikuliert während eines Treffens mit US-Präsidenten Biden am Rande des G7-Gipfels.
    Wolodymyr Selenskyj
    Quelle: dpa

    Hat er die Eroberung von Bachmut durch russische Truppen zugegeben - oder nicht? Eine Pressekonferenz Wolodymyr Selenskyjs mit Joe Biden beim G7-Gipfel in Japan ließ viele Fragen zurück.
    Auf die Frage: "Ist Bachmut noch immer in ukrainischer Hand? Die Russen sagen, sie hätten Bachmut eingenommen" antwortete der Präsident der Ukraine: "Ich denke nicht. Aber Sie müssen verstehen: Es gibt dort nichts, sie haben alles zerstört. Es gibt keine Gebäude. Es ist eine Schande. Es ist eine Tragödie. Aber für heute ist Bachmut nur in unseren Herzen."
    Später stellte Selenskyj klar: Bachmut stehe nicht unter russischer Kontrolle.

    Bachmut ist heute nicht von Russland besetzt worden.

    Wolodymyr Selenskyj, Präsident der Ukraine

    Selenskyj gibt Bachmut verloren? Dementi aus Kiew

    Seine anfängliche Aussage interpretierten viele jedoch als Eingeständnis, dass die Stadt unter russischer Kontrolle sei. Vor allem der Satz, die Stadt sei "für heute nur in unseren Herzen" deutete darauf hin, dass Selenskyj Bachmut als verloren ansieht.
    Vor dem Präsidenten selbst hatte bereits einer seiner Sprecher erklärt, dass Selenskyj russische Angaben über eine Eroberung der Stadt Bachmut nicht bestätigt hätte. Die Frage des Reporters bei einem bilateralen Treffen mit US-Präsident Joe Biden sei gewesen: "Die Russen sagen, dass sie Bachmut eingenommen haben", schrieb Selenskyj-Sprecher Serhij Nykyforow auf Facebook: "Antwort des Präsidenten: Ich denke nein."
    Auf diese Weise habe der Präsident die Eroberung von Bachmut durch die russischen Truppen bestritten, fügte der Sprecher hinzu.

    Selenskyj betont Preis, den Russland für Bachmut zahlt

    Entscheidend könnte es dabei sein, Selenskyjs Aussage als Ganzes zu lesen. In seiner ersten Bachmut-Äußerung folgte der Präsident einem bekannten Muster, das die Bedeutung der Stadt angesichts einer möglichen Niederlage bewusst herunterspielt - und den Preis betont, den Moskau bisher gezahlt hat.
    Russland finde vor Ort nur selbstgeschaffene Zerstörung vor, zudem gebe es "eine Menge toter Russen", sagte Selenskyj. Damit verdeutlicht er: Der Kreml hat unzählige Menschenleben für eine Stadt geopfert, die zerstört und ausgestorben ist.
    ZDF-Korrespondent Timm Kröger am Abend zur Lage um Bachmut:

    Prigoschin erklärte Einnahme von Bachmut

    Die hohen Verlustzahlen auf russischer Seite und die Zerstörung der Stadt hatte auch Jewgeni Prigoschin, Chef der Söldnertruppe Wagner, am Vortag indirekt bestätigt. Es seien fünfmal mehr russische Soldaten gefallen, als nötig gewesen sei, sagte er, als er auf Telegram die Eroberung von Bachmut verkündete.
    "Die Operation zur Einnahme von Bachmut hat 224 Tage gedauert", erklärte Prigoschin, während im Hintergrund noch Gefechte zu hören waren, und um ihn herum zerstörte und ausgebrannte Häuserruinen zu sehen waren.
    "Unsere Verteidiger in Bachmut haben starke Arbeit geleistet", sagte Selenskyj in Hiroshima zudem in seinem ersten Bachmut-Statement und nutzte dabei - bewusst oder unbewusst - die Vergangenheitsform, die suggeriert, dass der Kampf vorbei sei.
    Selenskyjs Antwort als Ganzes konnte daher durchaus als Eingeständnis verstanden werden, dass Bachmut nicht mehr in ukrainischer Hand ist.

    Kiew: Kampf um die Stadt Bachmut geht weiter

    Der Generalstab in Kiew schrieb hingegen in seinem morgendlichen Lagebericht: "Der Kampf um die Stadt Bachmut geht weiter." Und Olexander Syrskyj, Befehlshaber des ukrainischen Heers, teilte im Laufe des Sonntags auf Telegram mit: "Auch wenn wir jetzt nur einen kleinen Teil von Bachmut kontrollieren, bleibt die Bedeutung seiner Verteidigung bestehen." Ukrainische Truppen würden sich einer taktischen Einkesselung der Stadt nähern.
    Ihm zufolge bestünde noch immer die Möglichkeit, in die Stadt einzudringen, falls sich die Lage ändere. Und das werde sicherlich geschehen, sagte Syrskyj.
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