Diskussion in der US-Politik:Stolpert Biden über sein Alter?
von Benjamin Daniel und Claudia Bates
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US-Präsident Joe Biden ist auf offener Bühne über einen Sandsack gestürzt. Die Diskussionen um sein Alter wurden deshalb neu entfacht - ist Biden zu alt für eine zweite Amtszeit?
Ein Sandsack als Übeltäter: Joe Biden ist gestolpert - Gegner des US-Präsidenten wollen das für sich ausnutzen.
Quelle: AP
Der US-Präsident ist gestolpert. Über einen Sandsack, der direkt neben ihm auf dem Boden lag. So weit, so normal. Aber natürlich kommt der Stolperer denen entgegen, die in den Köpfen festsetzen möchten, dass Joe Biden zu alt für sein Amt sei.
Die gleichen republikanischen Politiker allerdings, die Biden gern unterstellen, senil und tatterig zu sein, fühlten sich dieser Tage von ihm nach allen Regeln der Verhandlungskunst über den Tisch gezogen, als er bei den Gesprächen über die Schuldenobergrenze keinerlei Zugeständnisse machte, was seine Sozial- und Klimapolitik angeht.
Joe Biden gilt als geschickter Verhandler
Der Journalist David Rothkopf schrieb: "Ja, Bidens Alter ist ein Thema. Wie wir diese Woche wieder gesehen haben, ist es ein riesiger Vorteil."
Joe Bidens Bilanz, was die Verabschiedung von Gesetzen mit knapper Mehrheit angeht, ist beachtlich. Riesige Gesetzespakete zur Reduzierung der Inflation, zur Herstellung von Halbleitern in den USA, zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen Infrastruktur. Gesetze, die eine ambitionierte Sozial- und Klimapolitik enthalten.
Aber natürlich stellt sich bei einem Politiker, der mit 82 Jahren seine zweite Amtszeit antreten möchte, die Frage, ob er wirklich der beste Kandidat für seine Partei ist. 68 Prozent der Amerikaner meinen, dass Biden zu alt sei für eine zweite Amtszeit.
Welche politischen Erfolge Biden vorweisen kann:
Im Dezember 2022 unterzeichnete Präsident Biden ein Gesetz, das den Schutz der Ehegleichheit im Bundesgesetz verankert. Das überparteiliche Gesetz "Respect for Marriage Act" bietet Millionen von LGBTQ+-Paaren sowie Ehen zwischen Menschen verschiedener Ethnien Sicherheit, indem es ihnen garantiert, dass die Bundesregierung ihre Ehen anerkennt und schützt.
Der "Inflation Reduction Act" ist ein milliardenschweres Klimaschutz- und Sozialpaket. Es sieht unter anderem 369 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Energiesicherheit vor - die größte Investition in den Kampf gegen die Erderwärmung in der US-Geschichte. Vorgesehen sind unter anderem Subventionen für Elektroautos, Batterien und Projekte zu erneuerbaren Energien.
Das 1,9 Billionen-Dollar-Paket trug dazu bei, die Corona-Pandemie zu bekämpfen. Mehr als 500 Millionen Imfpungen wurden verabreicht, Millionen von Medikamenten verteilt und Testmöglichkeiten erweitert. Mehr als zwei Drittel der Amerikaner soll dank des American Rescue Plans geimpft wurden sein.
Mehr als 160 Millionen Schecks wurden an Amerikaner verschickt, Lebensmittel- und Miethilfe wurde ausgeweitet und Tausende kleine Unternehmen wurden unterstützt. Im Kampf gegen Kinderarmut wurde der Kindersteuerfreibetrag erweitert.
Mehr als 160 Millionen Schecks wurden an Amerikaner verschickt, Lebensmittel- und Miethilfe wurde ausgeweitet und Tausende kleine Unternehmen wurden unterstützt. Im Kampf gegen Kinderarmut wurde der Kindersteuerfreibetrag erweitert.
Das Infrastrukturprogramm ist eines der innenpolitischen Kernvorhaben Bidens, das die Wettbewerbsfähigkeit der USA für die Zukunft garantiert soll. Tausende Arbeitsplätze werden geschaffen, Brücken, Straßen und Schienennetze repariert, Bleirohre ersetzt, Häfen und Flughäfen modernisiert und ein Netz von Ladestationen für E-Fahrzeuge geschaffen.
Dafür sind über die kommenden Jahre rund 550 Milliarden US-Dollar an neuen Investitionen vorgesehen. Insgesamt - inklusive schon vorher veranschlagter Mittel - hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.
Dafür sind über die kommenden Jahre rund 550 Milliarden US-Dollar an neuen Investitionen vorgesehen. Insgesamt - inklusive schon vorher veranschlagter Mittel - hat das Paket einen Umfang von mehr als einer Billion Dollar.
Joe Biden hat sich das Ziel gesetzt, ein Bundesgerichtssystem zu schaffen, das die Vielfalt Amerikas umfassend repräsentiert.. Im Juli 2022 wurde Richterin Ketanji Brown Jackson als erste schwarze Frau auf die Nominierung Bidens hin in den Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten berufen.
Gesundheitschecks sprechen für Joe Biden
Die regelmäßigen Gesundheitschecks attestieren Joe Biden immer wieder die generelle Amtsfähigkeit. Dennoch spiegeln manche Formulierungen der beurteilenden Ärzt*innen durchaus das Alter des US-Präsidenten wider. So wurde in der Vergangenheit unter anderem der "steife Gang" des mächtigsten Mannes der Welt thematisiert. Von allgemeinem "Verschleiß" ist die Rede oder davon, dass orthopädische Einlagen für ihn ratsam seien.
Nun klingt das alles nicht so, als schränke es Biden bei seiner Amtsausübung ein. Dennoch sind viele der Meinung, dass er mit seinen 80 Jahren nicht fit für eine zweite Amtszeit sei. Sollte der US-Präsident bei den US-Wahlen 2024 wiedergewählt werden, wäre er am Ende seiner zweiten Amtszeit 86.
Biden ältester US-Präsident der Geschichte
Schon jetzt ist der Demokrat der älteste US-Präsident aller Zeiten. Mit seinem fortgeschrittenen Alter ist er in der US-Politik allerdings nicht allein. Die frühere demokratische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, war 82, als sie ankündigte, ihr Amt als Sprecherin niederlegen zu wollen. Seither ist sie "einfache" Abgeordnete im Repräsentantenhaus.
Der aktuelle Kongress ist einer der ältesten in der US-Geschichte. Stellvertretend dafür wird häufig die älteste Senatorin genannt.
Fall Feinstein: Klammern am Amt?
Dianne Feinstein ist zwar mittlerweile wieder an ihrem Arbeitsplatz in Washington. Die Demokratin hat allerdings noch immer mit den Nachwirkungen einer schweren Gürtelrose zu kämpfen. Im März wurde die 89-Jährige ins Krankenhaus eingeliefert und war wochenlang nicht in der Lage, ihren Heimatstaat Kalifornien im Senat zu vertreten. Selbst enge Freunde legen ihr mittlerweile den Rücktritt nahe.
Die US-Senatorin Dianne Feinstein im Rollstuhl. Sie hatte mit Gürtelrose zu kämpfen.
Quelle: Reuters
Feinstein aber besteht darauf, bis zum regulären Ende ihrer Amtszeit Ende 2024 durchzuhalten. Feinsteins langes Fehlen hatte unter anderem zur Folge, dass Gesetzgebungsprozesse ausgebremst wurden. So hat ihre Partei beispielsweise im Justizausschuss des US-Senats lediglich eine hauchdünne Mehrheit.
Da Feinstein lange nicht mit abstimmen konnte, verzögerten sich die Wahlen von knapp zwei Dutzend Kandidat*innen für Richterposten. Zu groß waren die Bedenken auf Seiten der Demokrat*innen, dass die Republikaner*innen ansonsten für eine Ablehnung bestimmter Anwärter*innen hätten sorgen können.
- Diese Republikaner wollen 2024 US-Präsident werden
- US-Wahl: Parteiinterne Konkurrenz für Biden?
Die Vor- und Nachteile des hohen Alters in der Politik
Auf der anderen Seite verfügen Politiker*innen im hohen Alter oft über jahrzehntelange Erfahrung, was gerade bei hochsensiblen Themen, bei denen größtmögliches Verhandlungsgeschick gefragt ist, vorteilhaft sein kann. Kongressmitglieder erarbeiten sich über die Dekaden mächtige Ausschuss-Posten, kennen häufig alle parlamentarischen Kniffe und haben nicht selten ein nationales oder gar internationales Profil.
Sie werden zu effizienten Spendensammlern und verlässlichen Kandidat*innen, wenn es um die Wahlkreis-Verteidigung geht. Das macht sie für ihre jeweiligen Parteien sehr wertvoll. Gleichzeitig aber verhindern sie das Nachrücken jüngerer Kolleg*innen mit oft moderneren Ansichten, mehr Dynamik, und einer frischen Sicht auf die Dinge.
Und so bleibt der unglückliche Umstand nicht aus, dass altgediente Kongressmitglieder, die ihre politische Karriere begannen, als es noch keine Handys oder das Internet, wie wir es heute nutzen, gab, teilweise dafür zuständig sind, CEOs von einflussreichen Social-Media-Unternehmen oder sonstigen Tech-Konzernen ins Kreuzverhör zu nehmen.
Vier Megakonzerne wachsen scheinbar grenzenlos und werden immer mächtiger. Sie sind im Fokus der Öffentlichkeit – doch stehen sie auch über dem Gesetz?09.12.2021 | 42:30 min
Keine Lösung in Sicht
Vorstöße, die Mandatszeiten im US-Senat oder US-Repräsentantenhaus zu begrenzen, blieben bislang erfolglos. Schon 1945 setzte sich der damalige US-Präsident Harry Truman dafür ein, eine Amtszeit-Beschränkung auch für Senator*innen und Abgeordnete einzuführen. Damals mahnte er mit den Worten:
Seitdem hat sich trotz manch weiteren Vorstoßes nicht viel getan. Und so wird die Diskussion wohl auch künftig weitergeführt werden, ob im amerikanischen Kongress eine Amtszeit- oder Altersbeschränkung nicht vielleicht doch Sinn machen würde.
Was Bidens Leibarzt über die Gesundheit des US-Präsidenten sagt:
Quelle: mit Material von dpa, AP, AFP, Reuters