Fußball-EM in Deutschland:Ist ein Sommermärchen 2.0 möglich?
von Ralf Lorenzen
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Nur wenige Deutsche glauben an ein Sommermärchen 2.0 bei der Fußball-EM 2024. Sportsoziologe Gunter Gebauer hält eine Euphorie für möglich, sieht aber auch Unterschiede zu 2006.
Bei Spiel gegen die Türkei in Berlin war die Stimmung unter den deutschen Fans ausbaufähig.
Quelle: imago
Im Sportjahr 2024 warten zahlreiche Höhepunkte, allen voran die Olympischen Sommerspiele in Paris. Davor ist Deutschland Gastgeber der Europameisterschaften im Handball und Fußball.
Pessimistische Stimmung vor der EM 2024
Im Hinblick auf die Fußball-EM werden immer wieder Erinnerungen an die Weltmeisterschaft 2006 geweckt, die als Sommermärchen in die Annalen einging. "Ich bin der festen Überzeugung, dass so ein Turnier eine Kraft hat, die Menschen wieder zusammenzubringen", sagte Philipp Lahm, der Chef des EM-Organisationskommittees, im Deutschlandfunk.
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Ein knappes halbes Jahr vor dem Beginn verbreiten die Nachrichten von den Kriegsschauplätzen, die wirtschaftliche Lage sowie die letzten Leistungen der Nationalmannschaft allerdings eher Trübsinn als Vorfreude. Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur glaubt nur ein kleiner Teil der Deutschen an eine Wiederholung des Fußball-Sommermärchens bei der Heim-EM.
Ähnliche Stimmung auch vor WM 2006
"Eine wirtschaftliche Flaute, schlechte Stimmung und schlechtes Wetter hatten wir im Vorfeld der WM 2006 auch", erinnert sich der Sportsoziologe Gunter Gebauer im Gespräch mit ZDFheute. "Und vor allem auch verheerende Niederlagen der Nationalmannschaft." Mit 1:4 verlor das Klinsmann-Team im März 2006 gegen Italien.
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Gebauer hat 2006 in Berlin miterlebt, wie sich nach Beginn des Turniers trotzdem eine Begeisterungswelle aufbaute, die das ganze Land ergriff und das Ausland in Staunen versetzte. "Ich guckte nach dem Spiel gegen Polen aus dem Fenster, hörte erst die Böller und sah dann, wie der Nachbar auf seinem Balkon eine Deutschlandfahne befestigte", sagt Gebauer.
Erst habe man sich geziert, wie man das nennen solle. "Dann sagte man Patriotismus dazu", so Gebauer. Er sei "bei dem Thema sehr skeptisch, aber in dem Fall habe ich diese euphorische Deutschlandwelle als positiv empfunden, weil sie mit Offenheit gegenüber Ausländern gepaart war. Eine solche Offenheit und Feierlaune hatte man den Deutschen nicht zugetraut."
Andere gesellschaftliche Voraussetzungen
Die gesellschaftlichen Voraussetzungen sind nach Ansicht des Wissenschaftlers dieses Mal anders. "Das Bild nach innen und außen hat sich seitdem geändert", sagt er. "Die AfD gab es damals noch gar nicht und auch im Fußball ist der Nationalismus teilweise schon unangenehm geworden."
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EM-Geschäftsführer Markus Stenger glaubt dennoch an eine ähnliche Stimmung wie 2006. "Wenn ich sehe, wie das Interesse aus dem europäischen Ausland und generell aus der ganzen Welt ist, bin ich mir ziemlich sicher, dass wir diese Begeisterung auch hinbekommen", sagte Stenger bei Echo Online. "Ein bisschen Erfolg der deutschen Nationalmannschaft macht uns das Leben sicher auch leichter."
Hoffnungsträger Julian Nagelsmann
Dieser Erfolg war 2006 eng mit Coach Jürgen Klinsmann verbunden, der aus den USA gekommen war und den DFB umgekrempelt hatte. "Er brachte neue Management- und Trainingsmethoden mit", sagt Gebauer. "Dann hat er junge, talentierte Spieler geholt. Kaum jemand kannte damals einen David Odonkor, der im zweiten Spiel gegen Polen in der Nachspielzeit die Vorlage zum befreienden 1:0 gab."
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Auch diesmal ruhen die Hoffnungen auf eine sportliche Wende der DFB-Elf auf einem jungen Trainer. Julian Nagelsmann "ist nicht Klinsmann", sagt Gebauer. "Im Vergleich zu diesem ist er schon ein alter Hase, der seine Routinen hat. Er setzt vor allem auf ältere Spieler, die Sicherheit vermitteln." Gleichwohl traut Gebauer der DFB-Elf auch diesmal etwas zu.
"Wenn es gut für die deutsche Mannschaft läuft, kann der Fußball für ein paar Wochen eine Euphorie entfachen, die manche Gräben vorübergehend überdeckt. Sie könnte uns eine Auszeit im Privaten von den Konflikten der Welt verschaffen", sagt Gebauer. Doch Vorsicht:
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