Russische Sportler: In den Diensten der Armee und Putins

    Russische Sportler:In den Diensten der Armee und Putins

    von Thomas Dudek
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    Wie in Deutschland spielt auch in Russland das Militär eine wichtige Rolle bei der Förderung von Athleten. Der Krieg in der Ukraine offenbart dennoch gravierende Unterschiede.

    Foto aus 2016: Russlands Präsident Wladimir Putin (l.) hört einer Rede der russischen Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa im Kreml zu
    2016: Russlands Präsident Wladimir Putin lauscht im Kreml einer Rede der russischen Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa.
    Quelle: imago

    Als IOC-Präsident Thomas Bach Ende Januar am Rande der Rodel-WM in Oberhof zum ersten Mal darüber sprach, dass russische und belarussische Athleten trotz des Krieges in der Ukraine unter neutraler Flagge an den Olympischen Spielen in Paris teilnehmen könnten, löste er eine bis heute andauernde Debatte aus, die nicht nur die Sportwelt beschäftigt, sondern auch die Politik.
    Ein Argument, auf das in der Debatte immer wieder verwiesen wird, sind die russischen Athleten in der Armee. "Es ist nicht vorstellbar, dass sich russische Olympia-Teilnehmer glaubhaft vom Krieg distanzieren, während sie gleichzeitig Angehörige der Armee sind", sagte Stephan Mayer, sportpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Anfang März. Damit kritisierte der Politiker den Deutschen Olympischen Sportbund, der sich für eine Teilnahme russischer Sportler an den Olympischen Spielen unter "ganz strikten Voraussetzungen" ausspricht.
    Mit seiner Ankündigung hat das Internationale Olympische Komitee eine Kontroverse ausgelöst:

    34 Olympia-Teilnehmer aus Armee, Nationalgarde, Polizei

    Und tatsächlich ist die Anzahl russischer Sportler in den Reihen der russischen Armee nicht unbedeutend. Von den 212 russischen Athleten, die im vergangenen Jahr an den Olympischen Winterspielen in Peking teilnahmen, trugen 34 von ihnen im Alltag eine Uniform. 15 von ihnen hatten gar einen Offiziersrang.
    Nicht jeder dieser Athleten in Uniform ist so wie der Shorttracker Ruslan Sacharow, der bei den Winterspielen in Sotschi mit der Staffel Gold gewann, oder der Skilangläufer und Goldmedaillengewinner von Peking Alexej Tscherwotkin, Angehöriger der russischen Armee.
    Von den 34 Athleten in Uniform, die in Peking an den Winterspielen teilnahmen, gehörten 13 der Rosgwardija an, der russischen Nationalgarde. Die 2016 entstandene Einheit ist dem russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstellt und gilt als eines der wichtigsten innenpolitischen Machtinstrumente der russischen Regierung. Trotzdem ist die Rosgwardija, die seit Dezember vergangenen Jahres auch auf der Sanktionsliste der EU steht, auch beim russischen Überfall auf die Ukraine im Einsatz. Zu den 18 Sportsoldaten und 13 Angehörigen der Rosgwardija, kamen bei Olympia noch drei Athleten hinzu, die der Polizei angehören.

    Sportsoldaten wichtig für Putins Propaganda

    Das bedeutet jedoch nicht, dass diese Sportler auch den Dienst an der Waffe leisten. Wie in Deutschland die Sportsoldaten der Bundeswehr müssen sie zwar eine Grundausbildung absolvieren, können sich aber ansonsten auf den Sport konzentrieren.
    Im Gegensatz zu Deutschland spielen sie in Russland jedoch propagandistisch eine wichtige Rolle. Das bekannteste Beispiel ist die mehrfache Weltrekordlerin und Olympiasiegerin im Stabhochsprung, Jelena Issinbajewa. Diese trat 2003 der russischen Armee bei und wurde 2019 zum Major befördert. Für Schlagzeilen sorgte die ehemalige Top-Athletin nicht nur durch ihre sportlichen Leistungen, sondern auch ihre Nähe und offene Unterstützung für Wladimir Putin.

    IOC-Mitglied Issinbajewa: Kampfjets als Wiegenlied

    Issinbajewa, die seit 2016 Mitglied des IOC ist, gehörte nicht nur der Arbeitsgruppe an, welche 2020 Änderungen an der auf Putin zugeschnittenen russischen Verfassung erarbeitete. 2016 reiste sie auch mit sechs weiteren Sportlern zum Stützpunkt der russischen Armee in Syrien. "Jeder Start eines Jets war wie ein Wiegenlied für uns, auf das wir warteten, um einschlafen zu können", sagte sie damals über ihre Eindrücke.
    Wie wichtig russische Sportler für die Propaganda des Kremls sind, zeigt auch der Krieg in der Ukraine. Bekannte Athleten sind nicht nur gern gezeigte Gäste auf Propagandaveranstaltungen, die in den letzten zwölf Monaten im Moskauer Luschniki-Stadion stattfanden. Zu ihren Pflichten gehören auch Besuche von verwundeten Soldaten.
    Eine zentrale Rolle spielt dabei der Militärverein ZSKA Moskau, der auch Ableger in weiteren russischen Städten hat. Das Ziel des Vereins, an dessen Spitze mit Artjom Gromow ein Oberst der russischen Armee steht: Den Sport zu fördern, um die Wehrertüchtigung zu steigern.

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