Machtwechsel in schwierigen Zeiten: Olaf Scholz und seine Minister sind vereidigt. Er sei "Bundeskanzler aller Deutschen", sagt er im Interview mit dem ZDF.
Ex-Finanzminister Olaf Scholz (SPD) ist nun offiziell der neunte deutsche Bundeskanzler. Er und die neue Ampel-Regierung stehen vor schwierigen Aufgaben. Ein Machtwechsel mitten in der vierten Welle - wie reagiert "der Neue" auf die aktuelle Corona-Lage? Bei "Was nun, Herr Scholz?" sagt Scholz im Interview mit ZDF-Chefredakteur Peter Frey und der stellvertretenden ZDF-Chefredakteurin Bettina Schausten über seine neue Aufgabe: "Es beginnt jedenfalls eine Epoche, die die 20-er Jahre ausmachen, die gerade beginnen." "Wenn wir das hinkriegen wollen mit der industriellen Modernisierung, müssen wir die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen aus Windkraft, aus Solarenergie massiv ausbauen." Das sei ganz zentral.
Außerdem müsse die Digitalisierung vorangetrieben und der gesellschaftliche Zusammenhalt gestärkt werden. Die Ampel-Regierung sei eine ganz besondere Fortschrittskoalition. Es ginge beim Klimaschutz darum, Ressourcen zu reduzieren und gleichzeitig ein besseres Leben zu ermöglichen, "auch durch den technologischen Fortschritt". "Es geht um einen Aufbruch und, dass alle drei Parteien sich Fortschritt für unsere Gesellschaft vorstellen, nicht identisch, aber doch mit einer großen Schnittmenge". Das sei die Grundlage, dass etwas gelingen könne, das über die nächsten vier Jahre hinaus reiche. "Das wird sogar gelingen. Denn es ist relativ harmonisch gewesen auch, wo es unterschiedliche Ausgangspositionen gab."
Bleibt es beim Kohleausstieg 2038? Diese Frage lässt Scholz unbeantwortet. Zum Klimaschutz gehöre der "massive Ausbau erneuerbarer Energien", sowie der zügigere Ausstieg aus dem Kohlestrom als bisher geplant, so Scholz.
Auf die Frage, was Angela Merkel ihm mitgegeben habe, entgegnet Scholz: "Glückwünsche" - und ihm versichert, dass diese Zusammenarbeit nicht enden solle. Außerdem solle auch nach dem Amtswechsel keine Funkstille zwischen beiden herrschen: "Wir werden uns auch weiter austauschen, auch über Politik", sagte der 63-Jährige.
Wie geht es weiter in der Pandemie? "Die meisten Bürgerinnen und Bürger sind sehr besorgt über die möglichen Folgen einer Corona-Infektion für ihre Gesundheit", sagt Scholz. Die allermeisten hätten sich impfen lassen. "Wir wissen, dass das aktuelle Infektionsgeschehen vor allem daher rührt, dass sich zwar viele impfen lassen, aber auch im internationalen Vergleich, nicht genug." Dabei sieht Scholz die Verantwortung auch in der Politik: "Wir sind nicht so weit gekommen, wie wir gehofft haben im Hinblick auf die Überzeugungen, der Bürgerinnen und Bürger von der Impfung." Da müsse nachgeholfen werden. Eine umfangreiche Kampagne sei geplant. Man müssen "den Leuten einen Ruck geben".
"Ich bin Bundeskanzler aller Deutschen, so verstehe ich mich." Dazu gehöre aber auch, dass er klar sei, in dem, was er richtig finde und das auch sage. "Ich will zu allererst überzeugen. Und ich finde auch, dass man keinen falschen Eindruck erwecken darf, wenn die allermeisten Bürgerinnen und Bürger geimpft sind und viele sich die Booster-Impfung holen. Wenn viele gar nicht gegen das Impfen sind, sondern noch nicht dazu gekommen sind." Da könne man nicht von einer gespaltenen Gesellschaft reden, "wie einige das tun". Dennoch: "Fackelumzüge vor dem Privatwohnhaus einer Gesundheitsminsterin sind wirklich eine dramatische Grenzüberschreitung, da müssen wir als Demokratinnen und Demokraten sagen: Wir lassen solche Einschüchterungsversuche nicht zu", stellt Scholz fest.