Friedrichstadt-Palast: 40 Jahre DDR-Repräsentationsbau
Palastgeschichten:40 Jahre Neubau: Friedrichstadt-Palast Berlin
von Sylvia Bleßmann
|
Der letzte DDR-Repräsentationsbau, von Kritikern als Meisterwerk des gebauten Kitsches verspottet, steht heute unter Denkmalschutz. Und gilt als wichtigster deutscher Showpalast.
Der Friedrichstadt-Palast, eine der meistbesuchten Varieté-Bühnen in Europa, ist 40 Jahre alt geworden. Das weltgrößte Revuetheater kann auf spektakuläre Bühnenshows zurückblicken.06.05.2024 | 9:56 min
Wenn es dunkel wird über Berlin, glitzern in den Fenstern der grauen Betonfassade der Friedrichstrasse 107 zauberhaft schöne Gestalten. Die bunte Welt des Revuetheaters lockt mit der aktuellen Show "Falling in love". Es ist die 150. Eigenproduktion in 40 Jahren neuem Friedrichstadt-Palast.
Gute Gründe für einen Neubau
Anfang der 80er Jahre war die Standfestigkeit des alten Gebäudes nicht mehr gesichert. Die Fundamente sackten ab. Der beliebte Vergnügungsort, der in den 20er Jahren am Schiffbauerdamm entstand, war auch nach dem Krieg ein vielbesuchter Kulturort. Die Revue überlebte in der DDR.
Der neue Palast wurde in nur dreieinhalb Jahren für 214 Millionen DDR-Mark gebaut. Architekturhistoriker Thomas Flierl erklärt, was für eine Welt dort geschaffen wurde:
Letzter Repräsentationsbau der DDR
Der Friedrichstadt-Palast ist Höhepunkt und Endpunkt der Kultur-Paläste in der DDR. Hier durften sich Architekten trotz begrenzter Mittel spielerisch ausprobieren. Eine sonderbare Mischung aus Moderne, Jugendstil und Art Deco.
Dennoch haben die Erbauer es geschafft, den Zeitgeist aufzunehmen, und mit viel Fantasie sogar Kronleuchter aus dem Glas von Melkanlagen an die Decken gebracht.
Autobahnen, Kaufhäuser, Plattenbauten - sie haben den Lebensstil des 20. Jahrhunderts geprägt. Wie kam es dazu? "ZDF-History" begibt sich auf Zeitreise.12.07.2020 | 44:47 min
Die größte Theaterbühne der Welt
So groß wie ein Fußballfeld ist die Bühne. Ausgestattet mit wandelbarer Nutzung von Wasserbecken, Eis- oder Zirkusmanege. Rund 2.000 Zuschauer finden vor ihr Platz. Olaf Eichler, Chef der Beleuchtung, ist seit 40 Jahren dabei:
Ein Showpalast fürs Volk. Mit viel Glamour, guter Laune und der legendären Girl Reihe. Hier wurde an die Tradition der Revuetheater der 20er Jahre angeknüpft. Berndt Schmidt ist heute Intendant des Friedrichstadt-Palastes:
Erotiktanz mit freiem Po und Busen
"Das war nichts Billiges, wir mussten ja ein bisschen Paris sein. Im Westen gab es die Peepshow, bei uns war es alles offener, selbstverständlicher, ästhetisch verpackt", sagt Solotänzer Rainer Genss.
Die Windmühlenflügel des Pariser Varieté-Theaters Moulin Rouge sind eingestürzt. Verletzt wurde dabei niemand, weitere Einsturzgefahr besteht laut Feuerwehr nicht.25.04.2024 | 0:16 min
Als "Frohsinn-Kombinat" vor dem Aus
Mit der Wende verliert der Fixstern der leichten Unterhaltung seine Magie. Die Menschen wollten sich erst einmal in der Welt umschauen. Die Illusion auf der Bühne war nicht mehr so gefragt.
"Es war eine Schockstarre, wir hatten einen Einbruch wie an der Börse", erinnert sich Chefbeleuchter Olaf Eichler. Der Palast landet auf der Abwicklungsliste.
"Das war Teil der westlichen Ignoranz, des Unvermögens und des Unwillens, die kulturellen Leistungen der DDR zu akzeptieren", so Thomas Flierl, einst Kultursenator von Berlin (Die Linke). Doch es gab viele Fürsprecher.
Einst kritisiert, ist er heute eine Attraktion: der Berliner Friedrichstadt-Palast.
Quelle: Reuters
Zukunft gesichert
1995 wurde das Theater in die bis heute bestehende landeseigene GmbH überführt. Die Zukunft war gesichert. Seit 2008 begeistern Großproduktionen das Publikum. Alles wurde rasanter, bunter.
Die Shows kosten heute Millionen von Euro, aber auch die Ticketerlöse können sich mit 28 Millionen im Jahr 2023 sehen lassen.
Sylvia Blessmann ist Redakteurin und Reporterin im ZDF-Landesstudio Berlin.