Kommunalwahlen in Großbritannien: So steht es um Rishi Sunak

Die konservative Tory-Partei von Regierungschef Rishi Sunak ist in Panik. Seit Monaten tief gespalten, muss sie bei den anstehenden Kommunalwahlen und der Parlamentswahl fürchten, desaströs dezimiert zu werden. So sagen es zumindest die Umfragen voraus.

Denn viele Wähler im Vereinigten Königreich sind unzufrieden: Knapp acht Millionen Briten warten auf Behandlung im Krankenhaus, die Teuerung drückt aufs Portemonnaie und kaum jemand glaubt, dass das neue Ruanda-Gesetz die illegale Migration stoppt. Die Probleme sind so groß, dass sich Labour-Parteichef Keir Starmer inzwischen darauf vorbereitet, Britanniens nächster Premierminister zu sein.

Grund dafür ist unter anderem die Partei Reform UK, ehemals UKIP - die Brexit-Partei des Politikers und Fernseh-Dschungel-Bewohners Nigel Farage. Wer wissen will weshalb, fährt ins nordenglische Blackpool. Dort ist die Welt so gar nicht in Ordnung.

Jeder Dritte ohne Arbeit. Rekord-Armut. So viele Verzweiflungstote (Alkohol, Drogen, Suizid) wie sonst nirgends im Land. Hier macht der Unternehmer Mark Butcher Wahlkampf. Wie viele der Wähler, die er hier anspricht, wählte er selbst einst Labour, dann die Tories. Um den Brexit zu bekommen, ist er jetzt Kandidat für die rechte Reform-Partei. Seine Themen: Arbeitsplätze, Gesundheit, Migration. "Wir brauchen wieder ein Filmstudio wie damals in den 70ern", sagt er im ZDF-Interview, das bringe Arbeitsplätze.

Butcher besucht die kleine Süßwaren-Firma von Tony Farrer, der die berühmte Candy-Spezialität "Blackpool Rock" herstellt. Tony Farrer wählte immer Tories, stimmte für den Brexit - und ist jetzt so desillusioniert wie viele andere Konservative im Land.

Die Politik in London kümmere sich darum, dass es dem Süden des Landes gut gehe. Die schweren Probleme im Nordteil blieben ungelöst. Das Versprechen vom "levelling up", also die Lebensverhältnisse im armen Norden denen im reichen Süden anzugleichen, haben die Tories nicht eingelöst. In der Tat hatte Sunak vor wenigen Monaten erst eine neue Schnellzug-Verbindung in Englands Norden mit Verweis auf die Kosten gekappt. Das rächt sich jetzt:

"Das Land ist geteilt, der Norden und London", klagt Mark Butcher. "Die Konservativen kümmern sich nur um London, wo sie gegen den Brexit gestimmt haben. Es fühlt sich an, als ob wir im Norden nun bestraft würden. Und die woken Londoner EU-Fans, die globale Elite, die haben das Monopol über alles."

Steuern streichen, keine Einwanderung, keine teuren Klimaziele. So macht Reform UK den Tories Druck von rechts. Dass ihre Kandidaten immer wieder für Skandale sorgen (weil sie sich rassistisch äußern - oder weil gar ein Toter nominiert war) kümmert die Parteispitze wenig. Denn die Partei weiß: Sie gewinnt - wenn überhaupt - dann nur wenige Sitze. Doch allein diese Aussicht genügt, um den Tories angesichts schlechter Umfragewerte mit Hilfe der konservativen Presse die rechte Agenda aufzuzwingen.

Sunaks Ruanda-Gesetz zum Beispiel wäre ohne den Druck von rechts so nicht zustande gekommen. "Der Punkt beim Brexit war: Wir wollen Kontrolle zurück", so Reform UK- Parteichef und Multimillionär Richard Tice zum ZDF. "Doch sie haben die Bürokratie nicht reduziert, die Steuern nicht gesenkt und die Grenzen nicht unter Kontrolle."

Sollte nach der Kommunalwahl noch der charismatische Nigel Farage für Reform UK den Wahlkampf anführen, wären die Konservativen wohl chancenlos. Denn jede Stimme für Reform UK hilft im britischen Mehrheitswahlsystem einem Labour-Kandidaten ins Amt.