Interview
Digitalisierung in der Pandemie:Wenn nur die Videokonferenz von Corona bleibt
von Dominik Rzepka
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Corona hat Deutschland digitaler gemacht. Etwas zumindest: Videokonferenzen sind inzwischen Alltag. Aber es wird immer noch viel gefaxt. Und die Deutschen zahlen meistens bar.
Laut Branchenverband Bitkom haben in diesem Jahr 72 Prozent der Unternehmen per Videokonferenzen kommuniziert.
Quelle: Imago
Brandon würde sein Croissant und die Cola gerne mit Karte bezahlen. Doch das Café mit den Ohrensesseln in Berlin-Kreuzberg nimmt nur Bargeld. "Cash only" haben sie mit Kugelschreiber auf einen Zettel an die Tür geschrieben. Der Kellner sagt, das liege am Trinkgeld. Bei Barzahlung gebe es mehr. Brandon sagt, das sei ganz schön unbequem.
Sollte Corona die Republik nicht digitaler machen? Das häufigste Zahlungsmittel in Deutschland ist laut einer Untersuchung der Bundesbank immer noch Bargeld. Es wird in 58 Prozent aller Bezahlvorgänge eingesetzt. "Weder Digitalisierung noch Pandemie konnten das Bargeld verdrängen", sagt Bundesbank-Vorstand Johannes Beermann.
Mobiles Bezahlen hat in der Pandemie aufgeholt. Aber immer noch werden 58 Prozent aller Bezahlvorgänge bar beglichen.
Allerdings hat bargeldloses Bezahlen aufgeholt. Kauften vor fünf Jahren 24 Prozent der Internetnutzer mindestens einmal im Monat Waren online, waren es 2021 bereits 48 Prozent. Das häufigste Zahlungsmittel dabei: PayPal. Und laut Payment Monitor von Visa zahlte 2022 jeder Dritte unter 36 Jahren mobil, also zum Beispiel mit dem Smartphone. 32 Prozent der Jüngeren meiden inzwischen Geschäfte, die nur Bargeld annehmen.
Fast drei Jahre schon Leben mit Corona. Welche Schäden hat die Pandemie angerichtet? Wie fällt das Fazit aus? ZDFheute blickt in der Serie "Die Scherben der Corona-Pandemie" in verschiedene Lebensbereiche.
40 Prozent der Unternehmen faxen noch
Deutschland wandelt sich. Aber langsam. Und nicht nur beim Bezahlen: "Mobiles Arbeiten, Homeoffice, Videokonferenzen - da hat sich ein Kulturwechsel eingestellt", sagt Alexander Rabe vom Verband der Internetwirtschaft "eco". Das Büro ist digitaler geworden. Für die Digitalwirtschaft sei Corona ökonomisch betrachtet ein Schub gewesen, sagt Rabe.
Zahlen des Branchenverbands Bitkom belegen, dass sich der Schub verstetigt hat. Demnach haben vor vier Jahren 48 Prozent der Unternehmen Videokonferenzen eingesetzt. Im Jahr 2022 sind es 72 Prozent. Klassische Briefe und Faxe werden inzwischen deutlich weniger genutzt - wobei auch im Jahr 2022 immer noch 40 Prozent der Unternehmen faxen, 2018 waren es 62 Prozent.
Wirtschaft fehlt Budget fürs Digitale
Allerdings macht ein Teams-Meeting mit der Chefin noch keinen Digitalisierungsschub. "Jenseits von Videokonferenzen haben wir dieselben Probleme wie vor Corona", sagt Rabe. Die Bundesregierung habe zwar gerade eine Digitalstrategie verabschiedet. Doch ein Budget für die digitalpolitischen Vorhaben fehle.
Kritik äußert er auch am sogenannten "Digitalpakt Schule", also dem zusätzlichen Fördertopf von 1,5 Milliarden Euro. An den Schulen lägen zwar jetzt jede Menge Tablets rum, aber wie sie verwendet werden sollten, sei nicht geregelt. "Es bleibt das Problem: Wer richtet das Netz ein? Wer startet das WLAN neu, wenn es hakt?" Rabes Fazit:
Schulen haben Tablets, aber kaum WLAN
Elias ist 16, als seine Schule das erste Mal in den Lockdown geht. Heute ist er 19, Abiturient und Schülervertreter an seiner Schule. Wie lange er zu Hause war? Da muss er lange nachdenken. "Mehrere Wochen am Stück, das letzte Mal Karneval 2021." Insgesamt habe das Homeschooling gut funktioniert. Für jeden und jede habe es einen Laptop oder Tablet gegeben.
Tatsächlich sind aus dem Digitalpakt Schule fast die gesamten 500 Millionen Euro für Tablets abgeflossen. Doch die 500 Millionen für die IT-Administration liegen noch weitestgehend unangetastet im entsprechenden Fördertopf. Im Klartext: Die Tablets sind da, das WLAN an den Schulen aber oft nicht.
Elias hat inzwischen WLAN an seiner Schule. Es kam Mitte 2022. Das größte Problem sei allerdings nie die Ausstattung seiner Schule gewesen. Als größtes Problem nennt er: Vereinsamung. "Die soziale Anbindung hat gefehlt", sagt er. Zwei, drei seiner Freunde seien depressiv geworden, hätten unter Panikattacken gelitten. Elias sagt:
Die Pandemie hat bei Kindern und Jugendlichen zu einem eingeschränkten lebensbejahenden Gefühl geführt, sagt Jugendmediziner Prof. Dr. Jörg Dötsch im ZDFheute-Interview.25.11.2022 | 6:41 min
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