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Haushaltsrede 2026

Hauhaltsrede

Die Haushaltsrede von ZDF-Intendant Norbert Himmler vor dem ZDF-Fernsehrat am 12. Dezember 2025.

Zwei ZDF-Fahnen in Silber und ZDF-Orange vor dem ZDF-Sendebetriebsgebäude
Quelle: ZDF / Stavros Amoutzias

Sehr geehrte Damen und Herren,

Das Jahr 2025 hat uns eines deutlich gemacht: BigTech dominiert die digitale Diskursräume – und wirkt zunehmend auf die öffentliche Kommunikation ein. Globale Player diktieren die Regeln: ökonomisch, technologisch, algorithmisch.

Das ist nicht nur ein Branchenthema. Es ist eine Kernfrage für unsere Gesellschaft und für die Demokratie.

Globale Plattformen wie Alphabet und Meta beherrschen auch bei uns den digitalen Raum. Sie investieren Milliarden und sie allein kontrollieren die Auffindbarkeit von Inhalten.

Führende Ökonomen - etwa der Nobelpreisträger Joseph Stiglitz - warnen vor einer existenziellen Krise der Qualitätsmedien mit verheerenden Auswirkungen. Sie konstatieren: Eine stabile Gesellschaft braucht unabhängige Qualitätsmedien und professionellen Journalismus. Der Markt alleine aber kann das nicht mehr und immer weniger sicherstellen.

Künstliche Intelligenz beschleunigt diese Entwicklung. Mittlerweile liefert eine Google-Suche in Sekundenbruchteilen KI-gestützt einfach formulierte, mundgerechte Antworten – aber häufig ohne Quellenangabe, und dazu: oft falsch. Die journalistische Herkunft bleibt meist unsichtbar. Da sich aber viele User mit der Google-Zusammenfassung zufrieden geben und nicht jedes Mal nach der Original-Quelle suchen, verstärkt das die Monopolisierung im Medienmarkt.

Schauen wir in die sozialen Netzwerke: Social Media verändert die Kommunikation in unserer Gesellschaft – und das nicht nur zum Guten. Die Algorithmen bevorzugen Inhalte, die polarisieren und emotionalisieren. Der digitale Raum wird immer mehr zum Schlachtfeld der Meinungen. Statt "Common Ground" entsteht "Battle Ground". Journalistische Angebote werden an den Rand gedrängt. Verantwortung für die Güte der Inhalte übernehmen die Plattformen nicht.

Klassische Geschäftsmodelle brechen weg. Werbebudgets wandern ab – hin zu US-Streamingplattformen wie Amazon und Netflix. Nationale Medienanbieter – Zeitungen und Privatsender - geraten unter existenziellen wirtschaftlichen Druck. Übernahmen – so wie sie zurzeit stattfinden - sind kein Zeichen von Stärke, sondern Ausdruck der Not. Den Lagebericht dazu finden Sie im Tätigkeitsbericht.

Öffentlich-rechtliche Medien tragen keine Schuld an der schlechten wirtschaftlichen Entwicklung der Verlage und kommerziellen Fernsehanbieter. Internationale Studien haben das nachgewiesen: selbst massive Einschränkungen öffentlich-rechtlicher Angebote nützen den kommerziellen Medienunternehmen nichts. So wird auch die Verschärfung der Regelungen zur Presseähnlichkeit die wirtschaftliche Lage von Verlagen und kommerziellen Fernsehsendern nicht verbessern. Im Gegenteil: Wir schwächen die Common-Ground-Medien weiter. Während BigTech die Gewinne macht, haben sie das Nachsehen.

Zusammengefasst lautet die Diagnose: Das nationale Medienökosystem ist bedroht. Und mit ihm die Vielfalt, die unsere Demokratie braucht. Dazu passt dann auch ein Befund unserer jüngsten gemeinsamen Studie mit ARD und Deutschlandradio: Drei Viertel der Bevölkerung erleben den gesellschaftlichen Zusammenhalt als gefährdet. Die Ergebnisse werden Ihnen später noch ausführlich vorgestellt.

Soweit die beträchtlichen Herausforderungen. Aber es gibt einiges, worauf wir aufbauen können: Öffentlich-rechtliche Medien erreichen nach wie vor fast alle Menschen und die Befragten sprechen uns im Medienbereich die höchste Kompetenz beim Thema Zusammenhalt zu. Für sie sind wir ein Stabilitätsanker. 

Ein Blick auf die Daten unserer Medienforschung zeigt: Lineares Fernsehen ist und bleibt relevant – mehr als die Hälfte des kompletten Bewegtbildkonsums entfällt auf Live-Fernsehen. Im klassischen TV sind wir weiter Marktführer.

Auch digital sind wir stark: Mit unserem Streamingangebot erreichen wir monatlich 60 Prozent der Bevölkerung. Alles zusammen genommen - linear und non-linear - sind es 83 Prozent. Diese Reichweite ist kein Selbstzweck – sie ist die Voraussetzung für Wirkung und Relevanz.

Zur Wahrheit gehört aber auch: Die Verluste im TV kompensieren wir im Netz noch nicht vollständig. Wir wachsen hier noch nicht so schnell, wie wir wollen.

Auffindbarkeit ist entscheidend. Unsere Inhalte müssen sichtbar sein, leicht zu finden – auf allen Plattformen und Geräten. Wir begrüßen daher die Pläne der EU-Kommission für bessere Sichtbarkeit traditioneller Medien auf den großen Portalen. Die unter 50-Jährigen nutzen Inhalte überwiegend non-linear. Deshalb tun wir alles, um die Menschen mit einer intelligenten Distribution unserer Inhalte über alle Ausspielwege gut zu erreichen.

Aber reicht das für Zukunft? Ich denke: nein. Die Welt der digitalen Plattformen verlangt nach einer Weiterentwicklung des öffentlich-rechtlichen Auftrags. Müssen wir nicht auch eine Infrastruktur für einen "Digital Open Public Space" schaffen? – gemeinsam mit Partnern aus Medien, Wissenschaft, Kultur und Bildung.

Unsere Rolle dabei wäre: Ein Ermöglicher – zu sein für digitale Teilhabe und demokratische Kommunikation. Damit neben - oder am besten anstelle - der Battle-Grounds wieder ein solider Common Ground entstehen kann.

Dafür sind wir gut aufgestellt: Wir bündeln Planung und Distribution. Wir entwickeln bereits offene Standards und bauen Werkzeuge für Kommunikation und zivilen Diskurs. Das Streaming Netzwerk mit Open Source Technologie und die Dialog-Projekte aus dem Public Spaces Incubator sind weitere Bausteine.

Der Schlüssel hierfür ist Kooperation – mit der ARD, dem Deutschlandradio, mit Kultur und Wissenschaft, mit internationalen Partnern. Der Reformstaatsvertrag weist hier den Weg. Aber er reicht nicht aus. Wenn wir gesellschaftlich "mehr" wollen – und das wäre sinnvoll – dann braucht es eine klare Beauftragung und finanzielle Sicherheit.

Für 2026 planen wir weiter auf Basis der KEF-Empfehlung für die laufende Periode. Und warten noch immer auf eine Entscheidung in Karlsruhe. Was wir brauchen, wenn wir unseren Auftrag für den Zusammenhalt der Gesellschaft auch in der durchdigitalisierten Zukunft erfüllen sollen, ist Planungssicherheit.

Sie beraten heute den Haushalt für das kommende Jahr. Er ist die Grundlage dafür, dass wir unseren Programmauftrag in die Tat umsetzen können. 2025 – ich hatte es erwähnt – waren wir erneut sehr erfolgreich. Quantitativ, vor allem aber in der Qualität. Ich bin stolz, dass das ZDF bei diversen Preisen und Auszeichnungen überzeugen konnte. Vom Deutschen Fernsehpreis, dem Grimme-Preis bis zu den Internationalen Filmfestspielen in Cannes. Besonders hervorheben möchte ich die ZDF-Koproduktion "In die Sonne schauen": Das Generationen-Drama von Mascha Schilinski wurde als deutscher Beitrag für die Oscar-Kategorie "Bester Internationaler Film" ausgewählt. Wir drücken die Daumen für eine Nominierung. Und meinen Kolleginnen und Kollegen in allen Bereichen großen Dank für ihren unermüdlichen Einsatz.

All diese Erfolge stehen für unsere wachsende Bandbreite im Programm: Wir sind dabei, wenn Großes passiert, bei Wahlen und  Livesport. Und wir vermitteln gesellschaftlich relevante Inhalte mithilfe von starker Fiktion, wie dem Biopic zu Hans Rosenthal, oder "An einem Tag im September" über das historische Treffen von Konrad Adenauer und Charles de Gaulle. Gleichzeitig setzen wir immer neue Akzente im Streaming, wie mit der Coming-of-Age-Comedyserien "Tschappel" über das Erwachsenwerden auf dem Land, Factuals wie "Lege goes Schule" zum gesunden Schulessen, Dokumentationsreihen wie "Inside CDU" oder der Sportreihe über den Hamburger Sportverein.

Daran möchten wir auch 2026 anknüpfen. Gleich fünf Landtagswahlen stehen an – diese werden wir gewohnt umfassend und kritisch begleiten. Ebenso berichten wir in zahlreichen Schalten, Dokumentationen und Reportagen aus dem Ausland, mit einem hervorragenden Korrespondenten-Netzwerk.

Bei den Doku-Reihen haben wir 2026 mehrere Highlight-Programme im Angebot – darunter "Das Amt. Inside Diplomatie (AT)" mit einem exklusiven Schlüssellockblick in die Arbeit des Außenministeriums, "Unsere Ozeane" mit opulenten und atemberaubenden Unterwasserbildern oder "Die Geschichte der Deutschen", die sich auf die Suche nach unseren Wurzeln macht. Wir freuen uns sehr auf die Handball-Europameisterschaften, die Olympischen Winterspiele und Paralympics und natürlich auf die Fußball-WM im Sommer. Und auch fiktional kommen bei uns alle auf ihre Kosten – bei der vierten Staffel der erfolgreichen Familiensaga "Ku’Damm 77", der Medical-Dramaserie "KRANK Berlin", der RomCom "My Ex" mit Palina Rojinski oder der True-Crime-Serie "Take the money and run".

Der Haushalt, der Ihnen zur Beratung vorliegt, ist der zweite in der laufenden Beitragsperiode und dennoch ist nicht klar, mit welcher finanziellen Ausstattung wir eigentlich planen können. Die Länder haben die KEF-Empfehlung zur Beitragshöhe nicht umgesetzt. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgericht ist weiterhin offen. Grundlage unserer Planung ist nach wie vor die von der KEF im 24. KEF-Bericht empfohlene Anhebung des Rundfunkbeitrags auf 18,94 Euro.

Seit ein paar Tagen liegt uns der Entwurf des 25. Berichts der KEF vor. Die Empfehlung der KEF zeigt, dass das Verfahren funktioniert. Die KEF hat unabhängig alle Faktoren analysiert und bewertet, die sich auf die Höhe des Beitrags auswirken. Die Zahl der Wohnungen die einen vollen Beitrag zahlen, wird höher prognostiziert als bisher geschätzt. Wichtig ist aber auch: Der Bedarf der Sender, den die KEF im letzten Bericht errechnet hatte, wird in dem neuen Bericht bestätigt, an einigen Stellen sogar noch angehoben.

Herr Dr. Göhner wird Ihnen gleich von den Haushaltsberatungen des Verwaltungsrats berichten. Anschließend wird Frau Tausch Sie über die Haushaltsberatungen des Ausschusses für Finanzen, Innovation und Digitalisierung des Fernsehrates unterrichten. Diese werden auf die finanziellen Eckpunkte des Haushalts 2026 näher eingehen, die entsprechenden Zahlen ausführlicher erläutern und die Formulierung des Haushaltsbeschlusses erläutern.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit, freue mich auf Ihre Fragen und Hinweise und möchte Sie bitten, dem Haushalt für 2026 Ihre Zustimmung zu erteilen.

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