Was das Metaverse ist und wie es unser Leben verändern soll

    Interview

    "Virtuelle Gesellschaft":Was hinter dem Metaverse steckt

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    Das Metaverse ist noch in der Entwicklungsphase, soll in naher Zukunft aber unser aller Leben verändern. Was hinter dem Konzept steckt, erklärt ein Experte für Medieninnovation.

    AI-Brille, Symbolbild
    Die Idee des Metaverse ist eng mit der VR- und AR-Technik verbunden.
    Quelle: Imago

    Nachdem um das Metaverse durch die Umbenennung des Facebook-Konzerns in Meta ein Hype ausgebrochen war, hat sich die Aufregung vorerst gelegt. Doch im Schatten der Künstlichen Intelligenz und durch neue Möglichkeiten im Bereich der Digitalbrillen bahnt sich der nächste Schritt zur Verwirklichung virtueller Welten an.
    Was hinter der Idee eines Metaverse steckt, wie es unser Leben verändern soll und ob darin eine Gefahr für die Gesellschaft liegt, erklärt Philipp Rauschnabel, Professor für Medieninnovation an der Universität der Bundeswehr München.
    ZDFheute: Was versteht man unter dem Begriff Metaverse?
    Philipp Rauschnabel: Man kann sich unter dem Metaverse eine Umgebung vorstellen, die entweder komplett virtuell unsere Gesellschaft abbilden soll oder die unsere reale Welt mit visuellen Einblendungen durch VR- oder AR-Brillen erweitert.
    Die Idee des virtuellen Metaverse ist also, dass dort auch andere Menschen präsent sind. Das funktioniert über einen Avatar, der als dreidimensionales Abbild eines Menschen die Bewegungen und Handlungen einer Person nachahmt.

    Das Bild zeigt Philipp Rauschnabel, Professor für Digitales Marketing und Medieninnovationvon an der Universität der Bundeswehr München.
    Quelle: justimagine

    ... ist Professor für Digitales Marketing und Medieninnovation an der Universität der Bundeswehr München. Rauschnabel forscht zu den Bereichen Metaverse, Augmented Reality (AR), Virtual Reality (VR) und Mixed Reality (MR) und deren Auswirkungen auf Unternehmen, Kunden und Gesellschaft.

    Ich sehe das Metaverse dann auf dem Level des Internets, wo es unterschiedliche Plattformen und Anwendungen gibt, die alle miteinander vernetzt und kompatibel sind. Das ist zum Beispiel bei sozialen Medien noch nicht der Fall - mit einem Instagram-Account kann ich keinen Tweet bei Twitter liken.

    Ein richtiges Metaverse gibt es aber noch nicht. Es gibt nur einzelne Plattformen, die ein bisschen was davon können.

    Philipp Rauschnabel, Universität der Bundeswehr München

    ZDFheute: Für das Metaverse braucht es also Brillen, die virtuelle und erweiterte Realität (VR und AR) ermöglichen. Kann man diese drei Techniken dann überhaupt voneinander trennen?
    Rauschnabel: Streng trennen kann man das nicht. AR und VR sind vergleichbar mit der Bedeutung des Smartphones für das Internet. Nicht alles, was ich mit dem Smartphone mache, hat zwangsläufig mit dem Internet zu tun. So gehört auch nicht alles, was ich mit einer VR- oder AR-Brille mache, zum Metaverse. Aber um dort einzutauchen, bräuchte ich in der Regel ein solches Gerät.

    Virtuelle Realität (VR) beschreibt laut Sebastian Klöß vom Digitalverband Bitkom eine computergenerierte 3D-Welt, in die der Träger eines VR-fähigen Geräts - normalerweise eine Brille - abtauchen kann. Es handelt sich um eine "komplett fiktive" Welt, in der man von der tatsächliche Umgebung visuell abgetrennt ist, erklärt Philipp Rauschnabel, Professor für Digitales Marketing und Medieninnovation an der Universität der Bundeswehr München.

    Im Unterschied dazu werden bei Augmented Reality (AR), das für "erweiterte Realität" steht, virtuelle Elemente in die echte Welt übertragen. Auch das funktioniert mittels dafür geeigneter Brillen, doch die meisten AR-Anwendungen laufen aktuell auf Smartphones oder Tablets. Einrichtungshäuser bieten zum Beispiel AR-Programme an, mit denen Kunden Möbel in die eigene Wohnung projizieren können.

    ZDFheute: Wie könnte das Metaverse die Art verändern, wie wir leben, arbeiten oder miteinander interagieren?
    Rauschnabel: Wir könnten auf gewisse Sachen verzichten. Wenn sich das Metaverse und AR- beziehungsweise VR-Brillen durchsetzen, wäre zum Beispiel kein riesiges Viereck in Form eines Fernsehers mehr an der Wohnzimmer-Wand nötig, sondern nur noch eine App, die beispielsweise in beliebiger Größe an eine echte oder virtuelle Wand projiziert wird.
    Wir könnten Dinge auch grundlegend anders machen. Uns mit Freunden treffen, die weit entfernt wohnen. Oder das eigene Büro virtuell nachbauen, durch eingeblendete Whiteboards erweitern und damit Wohnraum sparen. Außerdem könnte man in einer virtuellen Welt gegen andere Menschen Sport machen oder auf dem Heimtrainer sitzen und eine Tour-de-France-Strecke nachfahren.

    Ob ich mich in meinem Fitnessraum oder meinem Büro befinde, kann ich dann spontan mit einem Klick ändern.

    Philipp Rauschnabel, Universität der Bundeswehr München

    Vieles davon ist heute auch schon zum Teil möglich.
    ZDFheute: Welche potenziellen Gefahren liegen im Metaverse - könnten Menschen dadurch in Parallelwelten abdriften?
    Rauschnabel: Bei allen Technologien ist es immer einfacher, zu erklären, warum sie gefährlich und schlecht sind anstatt die guten Seiten zu nennen. Die Risiken sind auch nicht von der Hand zu weisen: Wir wissen nicht, was mit Menschen passiert, die zu lange in einer VR-Welt sind.
    Die Diskussion hatten wir aber beim klassischen Fernsehen auch schon. Die hatten wir sogar bei der Eisenbahn, wo gefragt wurde, was macht das mit Menschen, wenn sie durch die Realität katapultiert werden.
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    Es hilft nicht, wenn man sich nur auf die Gefahren stürzt. Damit verhindert man den Fortschritt nicht. Wir sollten versuchen, in Europa die Entwicklung zu fördern, damit zum Beispiel automatisch europäisches Datenschutzrecht gilt. Sonst überlassen wir den anderen den Markt, die auf solche Dinge vielleicht weniger Wert legen.

    Das Wichtige ist, dass man die Risiken kennt und betrachtet. Aber ich würde deswegen nicht sagen, dass das Metaverse zum Scheitern verurteilt ist.

    Philipp Rauschnabel, Universität der Bundeswehr München

    ZDFheute: Allerdings scheint das Unternehmen Meta - dessen Gründer Mark Zuckerberg offensichtlich alles auf die Karte Metaverse gesetzt hat - momentan zu scheitern. Woran liegt das?
    Rauschnabel: Ich würde nicht sagen, dass Meta scheitert. Man ist sehr früh mit seiner Idee des Metaverse an die Öffentlichkeit gegangen, sodass alle dachten, in einem Jahr müsste sich das durchgesetzt haben.

    Als Mark Zuckerberg den Begriff genutzt hat, gab es einen riesigen Hype, auf den alle aufgesprungen sind.

    Philipp Rauschnabel, Universität der Bundeswehr München

    Dann hat man gemerkt: Ganz so schnell geht es dann doch nicht. Es kam jetzt ChatGPT dazwischen, worüber alle sagen: Das ist das nächste große Ding. Wobei sich das nicht widersprechen muss. Im Gegenteil, Anwendungen wie ChatGPT und Co. können und werden das Metaverse sogar ergänzen.
    So langsam pendelt es sich ein, dass immer mehr Unternehmen VR-Technik intern nutzen und die Menschen an die Technologie herangeführt werden.

    Aus meiner Sicht kommen wir jetzt wieder aus dem Tal der Ernüchterung heraus.

    Philipp Rauschnabel, Universität der Bundeswehr München

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    ZDFheute: Wann könnte sich ein Metaverse durchsetzen?
    Rauschnabel: Wir sind gerade in einer Phase, in der viel probiert wird, viele Startups entstehen und große Konzerne wie Meta und Apple mit der VR/AR-Brille viel investieren. Der Markt entwickelt sich und irgendwann wird sich etwas durchsetzen. Aber ob das in drei, fünf oder zehn Jahren ist, kann man nicht sagen.
    Wenn man rückblickend auf die sozialen Medien schaut, kann auch kein genauer Zeitpunkt definiert werden, an dem diese sich etabliert haben - ob das jetzt 2003, 2005 oder 2007 war. Wenn man einen direkten Vergleich ziehen will, sind wir mit dem Metaverse gerade eher am Ende der 1990er-Phase - kurz bevor sich soziale Medien immer mehr durchgesetzt haben.
    Das Interview führte Lukas Wagner, ZDFheute-Redakteur.

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