Fremdsprachen lernen: Welche Tipps und Methoden sich eignen

    Apps, Methoden und Motivation:Fremdsprachen lernen: Darauf kommt es an

    von Jana Sepehr
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    Als Hobby, für den Job oder den nächsten Urlaub: Eine Fremdsprache zu beherrschen, kann ein Vorteil sein. Wie Apps beim Lernen helfen können und worauf es dabei wirklich ankommt.

    Geoeffnetes Woerterbuch
    Ein großer Wortschatz an Vokabeln ist für das Erlernen von Fremdsprachen zunächst wichtiger als die richtige Grammatik. Danach folgt das Zusammensetzen zu Phrasen, Redewendungen oder Sätzen.
    Quelle: dpa-tmn

    Das Wichtigste sei es, das Erlernen einer Fremdsprache mit einem klaren Plan anzugehen, sagt Daniel Reimann, Professor für Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an der Humboldt Universität Berlin. Dafür seien vier Fragen entscheidend: "Was ist meine Motivation? Was ist mein Ziel? Wie viel Zeit nehme ich mir und welche Lerntechniken funktionieren für mich am besten?"
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    Mit Motivation zum Erfolg

    "Motivation ist der entscheidende Erfolgsfaktor", sagt Daniela Caspari, Professorin für Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an der Freien Universität Berlin. Man müsse sich bewusst machen, wofür man die Sprache lernen möchte.
    Sich über die konkrete Motivation klar zu werden, indem man sich konkrete Ziele steckt, erhöhe zudem die Erfolgsaussichten: "Manch einer möchte sich mit seinen vietnamesischen Nachbarn verständigen können, ein anderer Meetings auf Französisch halten."
    Von den Zielen hänge es ab, wie tiefgehend und umfangreich die Sprachkenntnisse sein müssen. "Wenn man sich nur unterhalten will, ist es nicht unbedingt notwendig, sich auf die korrekte Rechtschreibung in einer Sprache zu konzentrieren", sagt Caspari.
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    Wortschatz aufbauen ist die Basis fürs Sprechen

    Für alle, die eine Fremdsprache lernen, gilt laut Caspari: "Man muss nicht viele Regeln lernen, sondern einen großen Wortschatz aufbauen." Das heißt: Vokabeln lernen und beherrschen ist wichtiger, als die korrekte Grammatik zu pauken.
    Die jüngere Forschung zeigt: Schon mit 2.000 Wörtern kann man sich gut verständigen. Heruntergebrochen bedeutet das, ein Jahr lang fünf bis sechs Wörter täglich zu lernen. Schätzungen zufolge muss man einem Wort mindestens sechsmal begegnen, um seine Bedeutung zu verstehen.

    Wie viel Zeit man investieren sollte, hängt auch vom gesetzten Ziel ab. Grundsätzlich raten Experten dazu, eine Sprache sehr regelmäßig zu lernen. Mindestens zwei Einheiten pro Woche je eine Stunde sollten es sein.

    Caspari hält eine engmaschigere Wiederholung jedoch für noch entscheidender als die Wochenstunden an sich: "Jeden Tag zehn Minuten zu lernen, ist besser als einmal in der Woche 90 Minuten."

    Redewendungen und Satzbausteine lernen

    Wichtig sei es, die Wörter tief im Gedächtnis zu verankern, sagt Caspari. Dafür müsse man sie regelmäßig wiederholen, um Verknüpfungen im Gehirn zu schaffen.
    Caspari empfiehlt deshalb, Wörter nicht isoliert, sondern im Satzzusammenhang zu lernen, in sogenannten Chunks.
    Chunks (englisch für "Brocken") sind Wörter, die zusammen eine sinnvolle Einheit bilden. Das können Phrasen, Redewendungen oder ganze Sätze sein. "Dazu gehören feststehende Formulierungen wie 'Mit freundlichen Grüßen' oder auch 'Ich hätte gerne'", sagt Caspari. Auch Verben mit Präpositionen gemeinsam zu lernen, sei von Vorteil. Vom altbekannten Lernen mit Vokabellisten rät Caspari hingegen ab.

    Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig aus dem Jahr 2022 zeigte, dass Kinder sich Vokabeln gepaart mit Bildern besser merken können als junge Erwachsene. Doch ein anderes Hilfsmittel scheint für Kinder und Erwachsene gleichermaßen zu funktionieren: Gesten.

    In einem Experiment hatte ein Forschungsteam junge Erwachsene und achtjährige Kinder fünf Tage lang neue Vokabeln hören lassen, gepaart mit Bildern oder Videos von zu den Vokabeln passenden Gesten.

    Wer beim Lernen passende Bewegungen macht, kann sich sechs Monate später besser an die Vokabeln erinnern, stellten die Forschenden fest. Grund dafür sei nicht die Bewegung selbst, sondern die Tatsache, dass Gesten die Erinnerung an Wörter fördern - insbesondere dann, wenn sie deren Bedeutung bildhaft darstellen.

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    Wie sinnvoll ist das Sprachenlernen mit Apps?

    Damit eine Automatisierung der Sprache erfolgt, brauche es viel Zeit und auch viel Feedback, sagt Caspari. Das können die meisten Apps nicht leisten. Dennoch: Insbesondere für Anfänger und für unterwegs können Apps hilfreich sein, da sie in einer hohen Wiederholungsfrequenz Vokabeln abfragen. Außerdem werden hier häufig Wörter mit Ton, Schrift und Bildern kombiniert, was viele unserer Sinne anspricht und dazu führt, dass sich das Gelernte stärker im Gehirn verankert.
    Durch Push-Benachrichtigung oder E-Mails werden Benutzer zudem daran erinnert, regelmäßig zu lernen und durch Gamification-Elemente belohnt und motiviert. Deshalb könne eine Kombination aus App und (Online-)Unterricht sinnvoll sein.

    "Das hängt davon ab, wie tiefgehend ich die erste Sprache bereits gefestigt habe", sagt Daniel Reimann. Wer bereits Italienisch spricht, hat es mitunter leichter, auch noch Spanisch zu lernen. "Lernt man beide Sprachen gleichzeitig, kann es zu Vermischungen kommen", sagt Reimann. Deshalb rät er, mit einer neuen Fremdsprache erst zu beginnen, wenn man die erste Fremdsprache schon rund zwei Jahre erlernt hat, beziehungsweise mindestens auf A2 Niveau spricht.

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    Wie lernen Kinder eine Fremdsprache?

    Die landläufige Annahme, dass Kinder schneller und einfacher Sprachen lernen können als Erwachsene, stimmt wohl nur bedingt. Kinder sind in einigen Bereichen, wie etwa dem visuellen Lernen, Erwachsenen überlegen. Das fanden Forschende der Brown-Universität im US-amerikanischen Providence heraus.
    Dafür haben Erwachsene mehr Sprachkompetenz und mehr Lernerfahrungen, die ihnen zugutekommen. "Ab der Pubertät lernen wir bewusster und können auf Erfahrungen zurückgreifen. Wir wissen mitunter schon, welche Lernstrategien für uns gut funktionieren", sagt Caspari. Allerdings nehme gleichzeitig die Fähigkeit ab, Laute voneinander zu unterscheiden. Und auch soziale Faktoren spielen eine Rolle:

    Bei Erwachsenen nimmt die Angst zu, Fehler zu machen. Dadurch geht wichtige Übungszeit verloren.

    Prof. Dr. Daniela Caspari, Professorin für Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen an der Freien Universität Berlin

    Erst im höheren Alter spielt die Abnahme der sogenannten Myelin-Schicht eine Rolle, die die Nervenfasern im Gehirn versiegelt. Bildet sich diese zurück, wird die Übertragung und somit auch das Lernen langsamer.

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