Messi und Maradona: Die Größten aller Zeiten?

    Argentinien im Final-Fieber:Messi und Maradona: Die Größten aller Zeiten?

    von Ralf Lorenzen
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    Am Sonntag kann Argentinien mit Lionel Messi Weltmeister werden. Wie 1986 mit Diego Maradona. Zwei Ausnahmespieler, die einiges gemeinsam haben, sich aber auch unterscheiden.

    Manu Thiele
    Lionel Messi steht vor der Krönung seiner Karriere. Mit dem WM-Titel kann sich der 35-jährige Argentinier seinen letzten großen Traum erfüllen - und sich unsterblich machen. 16.12.2022 | 14:24 min
    "Die Leute drehen alle durch, das habe ich schon lange nicht mehr gesehen", sagt Rodolfo Cardoso in der Sendung Bolzplatz von Manu Thiele - die komplette Sendung Sehen Sie oben im Video. "Seit 1986, als wir in Mexiko Weltmeister wurden, waren die Leute nicht mehr so euphorisch. Die Mannschaft bewegt etwas, die Leute identifizieren sich mit ihr." Das gilt besonders für einen: Lionel Messi, der bei seiner fünften WM mit 35 Jahren zu Höchstform aufläuft.

    Ich bin froh, dass beide Argentinier sind.

    Rodolfo Cardoso über Messi und Maradona

    Cardoso kennt das Leben als Zehner, er war selbst mal einer. Bei Werder Bremen und beim Hamburger SV sowie für ein halbes Jahr bei den Boca Juniors, dem Herzensklub von Diego Maradona aus Buenos Aires. Beim SC Freiburg trug Cardoso die 5, genauso wie bei seinen acht Einsätzen für die argentinische Nationalmannschaft. Heute arbeitet er als Co-Trainer der U17 des HSV und verbringt die trainingsfreie Zeit gerade in Argentinien.
    Javier Caceres
    Argentinien steht zum sechsten Mal in einem Finale der Fußball-WM. Kopf und Herz der Mannschaft ist Lionel Messi. Journalist Javier Cáceres über den 35-jährigen Topstar.16.12.2022 | 15:13 min

    Messi ein Kapitän, den sich alle gewünscht haben

    Den entscheidenden Punkt für die dortige Begeisterung sieht er darin, dass seit langer Zeit überhaupt eine echte argentinische Mannschaft erkennbar ist. Deren Kraftzentrum ist Lionel Messi, der endlich der Kapitän ist, den seine Landsleute aufgrund seines früheren Auftretens beim FC Barcelona auch in der Nationalmannschaft immer erwartet hatten.
    "Er ist jetzt ein komplett anderer Spieler in der Nationalmannschaft", sagt Cardoso. Den Umschwung brachte der Gewinn der Copa America in Brasilien 2021, als Messi die Mannschaft vor dem Finale gegen den Gastgeber mit einer leidenschaftlichen Rede aufrüttelte. Der Sieg gegen den Erzrivalen in dessen Wohnzimmer habe die ganze Mannschaft befreit, glaubt Cardoso, besonders aber ihren Kapitän.

    Frühe Vollendung und später Triumph

    So könnte die Endrunde in Katar und seine wahrscheinlich letzte WM zu seiner größten werden - im krassen Gegensatz zu dem anderen argentinischen Ausnahmespieler. Diego Mardona erlebte seinen Höhepunkt mit dem Titelgewinn 1986 in Mexiko.
    Nach jahrelangem, durch seine Drogensucht beschleunigten Absturz, war er spätestens bei der WM 1994 in den USA nur noch ein Schatten seiner selbst und musste nach einem positiven Dopingtest vorzeitig abreisen. Dennoch strömten eine Million Maradona-Anhänger nach seinem Tod 2020 in den Präsidentenpalast, um sich von ihrem aufgebahrten Idol zu verabschiedeten.

    Der Straßenfußballer und der Musterknabe

    "Maradona wurde als Kapitän geboren, Messi ist einer geworden", sagte vor kurzem ein argentinischer Experte. Kaum etwas belegt diese These so wie die unterschiedlichen Spitznamen, die beide als Wunderkinder erhielten: Goldjunge und Floh. Früh vollendeter Straßenfußballer aus dem Ghetto von Buenos Aires der eine, Musterknabe der Talentförderung in Barcelonas Starschmiede La Masia der andere.
    Beide stehen für eine Liebe zum Ball, die sich auf die Zuschauer überträgt: mit einer Körperdrehung, einem Dribbling, einem blinden Pass - oder alles in einer Aktion. Und dafür, immer wieder die Gesetze der Schwerkraft zu überwinden. Mit den eigenen Positionswechseln die Statik des Spiels ständig so verändern, dass die Mitspieler folgen und die Gegner irritiert sind.



    Maradona war der Held der Underdogs

    Maradona war der Fußballgott der Underdogs, der über die Stränge schlägt, oft abstürzt, aber immer wieder aufsteht, der sich mit Autoritäten anlegt, mit dem Gesetz in Konflikt gerät, der ein Hand-Tor als göttliche Aktion verkauft - und damit durchkommt.
    Messi dagegen ist ein Global Hero des Fußballs, die Projektionsfläche von Millionen junger Talente, die so werden wollen wie er. Außerhalb des Platzes ist er Weltbürger mit zwei Staatsbürgerschaften und ein ehrgeiziger Geschäftsmann.

    Seit 1986, als wir Weltmeister wurden, waren die Leute nicht mehr so euphorisch.

    Rodolfo Cardoso

    Messi - nur der WM-Titel fehlt

    Cardoso möchte sich nicht entscheiden, wer der größere von beiden ist. "Ich habe in meiner Kindheit Maradona genossen und genieße jetzt Messi und bin froh, dass beide Argentinier sind", sagt er. Was Messi im Vergleich zu Maradona fehlt, ist ein WM-Titel. Aber das könnte sich im Finale am Sonntag ändern. "Ich weiß nicht, was hier los ist, wenn das passiert", sagt Cardoso.

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