Schwangerschaftsübelkeit: Was die neue Studie bedeutet

    Übelkeit in der Schwangerschaft:Trotz neuer Studie keine Medikamente in Sicht

    von Dorothée Schmidt
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    Eine neue Studie belegt die Ursache für Übelkeit in der Schwangerschaft. Doch neue Medikamente sind noch nicht in Reichweite und die Diagnose schwerer Fälle ist oft nicht leicht.

    Symbolbild: Schwangere Frau über der Toilette
    Im ersten Drittel der Schwangerschaft leiden viele Schwangere unter Übelkeit.
    Quelle: imago/Westend61

    Eine neue Studie zeigt, dass das Hormon GDF15, das in der Schwangerschaft vermehrt erzeugt wird, das Risiko für starke Übelkeit und Erbrechen bei Schwangeren erhöhen kann. Die Schwere der Symptome hängt davon ab, wie hoch der Anstieg des Hormonspiegels in der Schwangerschaft ist. Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft viel GDF15 im Blut hatten, haben weniger Probleme als solche, die einen steilen Anstieg des Hormons erleben.
    Die Ergebnisse machen Hoffnung auf bessere Behandlungsmöglichkeiten für schwere Verläufe. Weitere Forschung könnte klären, ob sich die Wirkung des Hormons im Gehirn blockieren lässt oder sich Personen vor einer Schwangerschaft für die Wirkung des Hormons desensibilisieren lassen können.
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    Übelkeit tritt in der Schwangerschaft häufig auf

    Rund zwei Drittel der Schwangeren erleben leichtere Übelkeit und Erbrechen, vor allem in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft. In der Regel klingen die Beschwerden wieder ab.
    Doch bei schätzungsweise 0,3 bis zwei Prozent ist durch schwere Symptome keine ausreichende Nahrungsaufnahme mehr möglich, erklärt Prof. Dr. Michael Schneider, Koordinator des Perinatalzentrum des Universitätklinikums Erlangen. Nicht selten werden die Betroffenen ins Krankenhaus eingeliefert und bekommen intravenös Flüssigkeit und Nährstoffe zugeführt. Sarah ging das so:

    Also bei mir hat es tatsächlich angehalten von der ersten Woche, als ich schwanger geworden bin bis zum sechsten Monat. Ich habe mich täglich bis zu 30 Mal übergeben und lag dann auch tatsächlich zwischenzeitlich auch im Krankenhaus.

    Sarah, erlebte schwere Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft

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    Nicht immer fühlen sich die mögliche Betroffene bei der Suche nach Hilfe ernstgenommen. Auch Sarah wird zeitweise das Gefühl vermittelt, sie solle sich nicht so anstellen, nach der zwölften Woche werde es besser. Sie wechselte zu einer anderen Frauenärztin, die ihre Symptome ernst nahm.

    Schwierige Diagnose schwerer Fälle

    Für medizinisches Personal, betont Schneiders Kollege Prof. Dr. Peter Fasching, gebe es keine Möglichkeit zu prognostizieren, ob sich statt einer häufigen Schwangerschaftsübelkeit ein seltener schwerer Verlauf, ein sogenanntes Hyperemesis Gravidarum, entwickele. 
    Auch die psychische Belastung für Betroffene mit anhaltenden starken Beschwerden sei enorm. Dennoch beschränke sich die Therapie von Übelkeit und Erbrechen in der Schwangerschaft darauf, dass Mutter und Kind nicht geschädigt werden. Es könnten nur die Symptome gelindert werden.
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    Laut Fasching habe man die Konsequenzen schwerer Verläufe in Deutschland gut im Griff. Dass Hyperemesis Gravidarum hierzulande zu einem frühzeitigen Ende einer Schwangerschaft geführt habe, ist den Experten beispielsweise nicht bekannt. 

    Neues Zeitalter der Forschung

    Wichtig sei zu betonen, dass Schwangerschaftsübelkeit beim Großteil der Frauen kein Problem sei und meist von selbst weggehe. Die jetzigen Entdeckungen könnten jedoch zum Verständnis des Entstehungsmechanismus beitragen und möglicherweise in Zukunft Behandlungsmöglichkeiten für schwere Verläufe aufzeigen.
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    Beide Experten sehen in der neuen Studie einen großen Schritt und setzen viel Hoffnung in die weitere Erforschung von GDF15. So spielt das Hormon beispielsweise auch in der Krebsforschung eine Rolle. 
    Bis jedoch ein neues Medikament auf den Markt kommt, können Jahre vergehen, meinen die Mediziner. Dafür brauche es eine große Menge an Teilnehmerinnen für medizinische Studien. Zudem seien die Standards für die Forschung extrem hoch und die Medikamentenentwicklung für Schwangere langsamer - zum Schutz von Mutter und Kind.

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