ZDFinfo - die Einzeldokus - Wo Armut Alltag ist
- 6
- 20.06.2017
Bremerhaven Lehe, hier sollen die Menschen mit den meisten Schulden leben. Von 37.500 Einwohnern ist jeder Dritte laut Schuldneratlas verschuldet. Viele sind arbeitslos und leben von Hartz IV. Wie lebt es sich in einem Stadtteil, in dem Armut Alltag ist?
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- 20.06.2017
- ZDF
Bremerhaven Lehe, hier sollen die Menschen mit den meisten Schulden leben. Von 37.500 Einwohnern ist jeder Dritte laut Schuldneratlas verschuldet. Viele sind arbeitslos und leben von Hartz IV. Wie lebt es sich in einem Stadtteil, in dem Armut Alltag ist?
Frank (51) ist Hartz-IV-Empfänger. Er ist froh, bei der Tafel endlich eine Beschäftigung für 1,30 Euro pro Stunde gefunden zu haben, denn zu Hause fiel ihm die Decke auf den Kopf. Wegen eines Bandscheibenvorfalls hat Frank seine Arbeit im Reinigungsgewerbe aufgeben müssen. Das war vor elf Jahren - seitdem hat er keine Beschäftigung mehr gefunden, war langzeitarbeitslos. Nun schleppt er Lebensmittel. Seine Frau Davina arbeitet auf Minijob-Basis bei einem Discounter. Die ganze Hoffnung der beiden ruht auf ihren Kindern Maximilian und Kimberly. "Man muss halt den Kindern nur beibringen, dass man auch anders leben kann, außer in dieser Armut", sagt Davina. Doch Sorgen macht gerade ihr Sohn Maximilian (11), der sich weigert, in die Schule zu gehen. Häufig verbringt der Junge die Nacht vor dem Computer, ist am Morgen zu müde, um aufzustehen und dem Unterricht zu folgen. Frank und Davina wollen nun alles tun, dass ihr Sohn den Weg zurück in die Schule findet. Denn Maximilian soll es ja mal besser haben.
Angst vor Obdachlosigkeit
"Rentnerin Heidi (76) arbeitet ehrenamtlich in der Kleiderkammer der Tafel, von dort kann sie einmal die Woche Lebensmittel mitnehmen. Mit ihrer Rente könnte sie nicht überleben, deshalb bekommt sie Grundsicherung vom Staat. Heidi kennt das Leben aus vielen Perspektiven, auch aus besseren Zeiten, als Geld kein Thema war. Als junge Frau war sie mit einem Kapitän verheiratet. Sie reiste um die Welt, liebte elegante Mode und kümmerte sich um Haus und Kinder. Die Ehe wurde geschieden, Heidi musste neu anfangen, nahm ihr Leben selbst in die Hand. Sie übernahm einen Imbiss, doch der ging nach acht Jahren pleite. So kam Heidi nach Lehe, der günstigen Mieten wegen. "Ich hab' immer meine Hände angeguckt, und wenn es eng wurde, hab' ich immer gesagt, du hast zwei Hände, du kannst putzen." Heidi ist stark sehbehindert, für ihr Alter hat sie einen sehnlichen Wunsch: irgendwann zur Ruhe zu kommen. Doch nun wurde ihr die Ein-Zimmer-Wohnung gekündigt - wegen Eigenbedarf. Die Vorstellung, nach 20 Jahren vielleicht obdachlos zu werden, macht der 76-Jährigen Angst.
37 Grad begleitet Menschen in Bremerhaven-Lehe, dem ärmsten Stadtteil Deutschlands, die sich trotz finanzieller Not nicht unterkriegen lassen.