Weltweit setzen Bauern auf Menge statt auf Vielfalt. Es werden fast nur noch hochertragreiche moderne Sorten angebaut. Robuste, aber weniger ertragreiche alte Sorten rechnen sich für viele Erzeuger nicht mehr. Doch das hat gefährliche Folgen: Der Verlust der Sortenvielfalt macht die Menschheit verwundbar. Neue Hungerkatastrophen drohen.
Die immer gleichen Feldfrüchte landen auf unseren Tellern: Weizen, Mais und Gerste machen rund die Hälfte unserer täglich zugeführten Kalorien aus. Die deutsche Landwirtschaft bedient sich gerade mal 25 verschiedener Getreide-, 70 Gemüse- und 30 Obstpflanzen. Eine verschwindend geringe Menge. Denn die Bauern könnten aus einer Fülle von einigen 10.000 Pflanzenarten weltweit schöpfen. Doch angebaut werden zumeist ertragreiche Hochleistungssorten. Die Folge: Das Verschwinden der alten Nutzpflanzen ist kaum noch zu stoppen.
Streuobstwiesen stehen für Sortenvielfalt. Um den gleichen Ertrag zu erzielen benötigt eine Streuobstwiese allerdings etwa den siebenfachen Platz einer Plantage. Um die großen Mengen zu produzieren, die benötigt werden, setzt die Landwirtschaft daher bislang auf Monokulturen weniger Sorten und vertraut auf Pestizide und Düngemittel. Während Äpfel vor einem Jahrhundert noch in gut 1.000 verschiedenen Sorten angebaut wurden, zählt die weltweite Züchtung heute gerade mal sechs Sorten, die für den Massenkonsum geeignet sind.
Quelle: imago images / imagebroker
Der Agrar-Experte Prof. Dr. Josef Settele vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung versucht im philippinischen Hochland zusammen mit den Reisbauern, die traditionellen Reisterrassen zu bewahren. Denn das Weltkulturerbe kommt als geschlossenes Ökosystem ohne Dünger und Pestizide aus. Doch die Gegenspieler punkten mit Höchsterträgen: Riesige Monokulturen im Tiefland dominieren. Hier wird gespritzt und gedüngt, was das Zeug hält. So, wie es die großen Spritzmittelhersteller propagieren. Für Prof. Settele kein Weg in eine nachhaltige Agrar-Zukunft.
Um das komplette Aussterben der alten Sorten zu verhindern, sammelt Dr. Ulrike Lohwasser vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik die Samen. In der institutseigenen Genbank lagern bei minus 18 Grad Celsius 150.000 verschiedene Muster von fast 3.000 Pflanzenarten. Die Sammlung in Gatersleben gehört zu den weltweit größten Einrichtungen ihrer Art. Ohne solche Banken würde die genetische Vielfalt alter Sorten unwiederbringlich verloren gehen. So können künftig ganze Pflanzensorten wiederbelebt werden, die längst verloren schienen.
"planet e." begleitet Forscher und Landwirte in ihrem Kampf für die Sortenvielfalt und zeigt auf, dass die alten Nutzpflanzen einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Ernährungssicherheit leisten.
Unterwegs auf den Philippinen
Nutzpflanzen und Welternährung
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- Drei Pflanzenarten – Mais, Reis und Weizen - decken derzeit 50 Prozent der weltweiten Ernährung.
- Reis ist eigentlich sehr vielfältig. Wir kennen in Deutschland höchstens eine handvoll verschiedene. Doch es gibt tausende Sorten, die sich geschmacklich unterscheiden.
- Der Apfel ist das Lieblingsobst der Deutschen. Weltweit sind bis zu 30.000 Apfelsorten bekannt. Und doch greifen wir meist zu nur drei Sorten. Für den Anbau verschiedener Sorten braucht man Platz: Um den gleichen Ertrag zu erzielen benötigt eine Streuobstwiese rund 250.000 Hektar, eine Plantage nur knapp 34.000 Hektar.
- Über 4.100 Tomatensorten lässt die EU für den Handel zu. Trotzdem landen nur wenige von ihnen im Supermarkt und beim Verbraucher.
- In der Genbank in Gatersleben lagern rund 150.000 Sorten von 3.000 Pflanzenarten.
- Herausforderungen gibt es schon heute: 2018 wurden weltweit 2,66 Milliarden Tonnen Getreide geerntet. Wegen des Dürre-Sommers in Europa fiel die Ernte schlechter aus als sonst. Es fehlen rund 30 Millionen Tonnen Getreide, um den weltweiten Bedarf zu decken. Experten sehen dies als eine Folge des Klimawandels.
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Bundessortenamt
Datenbank zu Anbau und Ernte von Nutzpflanzen weltweit (FAO)
EU-Datenbank der registrierten Pflanzensorten
Josef Settele, Helmholtz Zentrum für Umweltforschung UfZ
International Rice Research Institute
Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung
Prof. Matin Quaim, Universität Göttingen
UNESCO-Weltkulturerbe: Reisterrassen auf den Philippinen
Verein zur Erhaltung der Nutzpflanzenvielfalt
Welternährungsorganisation der UN (FAO)
World Resouces Report
http://kulturpflanzen-nutztiervielfalt.org/
Wichtige Nutzpflanzen weltweit
Quelle: Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO)
Interview mit Prof. Matin Qaim, Agrarökonom
Zu den Folgen des Klimawandels für unsere Ernährungssicherheit.
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Frage: Was bedeutet der Klimawandel für die globale Ernährungssicherheit?
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Interview mit Prof. Settele, Biologe
Zu den Folgen des Klimawandels für Artenvielfalt und Ökosysteme.
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Frage: Wie sind wir in Deutschland von Auswirkungen auf Ökosysteme und Artenvielfalt betroffen?
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