Lebensrettende Organe sind Mangelware, zu wenige Menschen sind bereit zu spenden. Gibt es Wege aus dem Organspende-Dilemma? Harald Lesch schaut in die Labore der Welt - und in den Schweinestall.
Lässt sich die oft tödliche Lücke von Nachfrage und Angebot schließen? Die Forschung setzt auf Spenderorgane, die während des Transports "weiterleben" und die Entwicklung von Ersatzorganen aus dem Labor. Auch tierische Spender könnten helfen. Science, no Fiction.
Bis heute werden Spenderorgane während des Transports zum Empfänger buchstäblich auf Eis gelegt. Bei dieser Konservierungsmethode gibt es nur ein kurzes Zeitfenster, bevor die Organe schwere Schäden durch Kälte nehmen und im schlimmsten Fall nicht mehr transplantiert werden können. Das neue "Organ Care System" verspricht, dass die Spenderorgane auch außerhalb des menschlichen Körpers "weiterleben", bis sie den Empfänger erreichen. Ein Blutkreislauf pumpt Blut in das Organ - Herzen schlagen, Lungen atmen. Die „lebenden“ Organe sind länger haltbar und machen Operationen planbarer und auch sicherer.
In Deutschland warten über 700 Patienten auf eine Herztransplantation. Weil die Spendenbereitschaft sinkt, ist die Lage für Menschen mit Herzinsuffizienz im Endstadium dramatisch. Doch jetzt gibt es für die Herzpatienten Hoffnung: Der Kardiologe Alain Carpentier hat über zwei Jahrzehnte an der Entwicklung eines autonomen Kunstherzens geforscht. Gemeinsam mit Ärzten, Medizintechnikern und Raumfahrtingenieuren. Das Ergebnis: Die erste komplett implantierbare Herz-Bioprothese. Das neue Herz wird durch zwei akkubetriebene hydraulische Motoren angetrieben. Sensoren ermitteln ständig den Belastungszustand des Körpers. Sie leiten diese Information an die Motoren weiter. Egal, ob beim leichten Sport oder beim Lümmeln auf dem Sofa: das künstliche Herz passt seine Leistung immer der Situation an. Die Motoren bauen in den zwei Herzkammern den Druck hydraulisch auf und ab. Das Ergebnis: das Herz schlägt und erzeugt einen richtigen Puls – wie bei einem echten Herzen. Die Stromversorgung erfolgt kabellos von außen. Batterien, die der Patient mit sich tragen kann, laden bei Bedarf über Induktion Akkus im Körper auf. Im Sommer 2021 wurde erstmals ein künstliches Herz in Deutschland implantiert. Ein Team aus Herzchirurgen des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein führte die Operation durch - mit Erfolg! Das Kunstherz wird aber nicht dauerhaft im Körper schlagen. Es soll die langen Wartezeiten auf ein Spenderorgan überbrücken. Ein echtes Herz aus Fleisch und Blut ist eben mehr als nur eine Pumpe.
Schon seit Jahrzehnten liebäugeln Forschende mit der Xenotransplantation, das heißt der Verpflanzung von Tierorganen auf den Menschen. Doch schwere Abstoßungsreaktionen ließen die Patienten nur wenige Tage überleben. Im Januar 2022 transplantierte ein Ärzteteam der US-amerikanischen Universität Maryland das Herz eines gentechnisch veränderten Schweins in den Körper eines schwerkranken 57-Jährigen. Der Fall David Bennett war ein großer Fortschritt für die Xenotransplantationschirurgie: Bennett überlebte zwei Monate. Und: Die Todesursache war nicht die Abstoßung des neuen Organs, sondern eine Infektion ausgelöst durch einen Retrovirus vom Spenderschwein. Auch in Deutschland hat man die Xenotransplantation im Visier. Großes Potential sieht man in den Auckland-Island-Schweinen. Eine kleine robuste neuseeländische Schweine-Rasse - mit einer ganz eigenen Evolutionsgeschichte, die sie als Spender prädestiniert.
Der Grund: Anfang des 19. Jahrhunderts setzte ein britischer Walfänger auf den Auckland Islands Schweine, die damals als Reise-Proviant mitgenommen wurden, aus. Sie sollten auch zukünftigen Besuchern der Inseln als Nahrung dienen. Heute sind die Tiere für Forschende der LMU München höchst interessant, denn Untersuchungen zeigten: In den rund 200 Jahren hatte sich aus den Hausschweinen eine robuste neue Rasse entwickelt. Das Wichtigste: Aufgrund der langen Isolation konnten sich die Schweine nicht mit den auf den Menschen übertragbaren Viren anstecken. Ein Vorfall wie bei der ersten Schweineherztransplantation würde sich nicht wiederholen. Um das menschliche Immunsystem zu umgehen, führte auch das Münchner Team eine Genmanipulation der Schweine durch. Die Organe werden dann nicht mehr als „fremd“ erkannt. Zudem haben die Herzen ausgewachsener Aucklands die perfekte Größe für den Menschen. Die Vision: Bei Bedarf wird ein Spenderschwein in tiefe Narkose versetzt und das Herz entfernt. Das Schwein verstirbt dabei komplett schmerzlos. Das Organ kann dann einem Menschen implantiert werden und letztlich weiterschlagen - für hoffentlich noch viele Jahre.
Die Forschung geht noch einen Schritt weiter: Statt auf eine rettende Organspende warten zu müssen, kann man sich vielleicht eines Tages seine Organe aus den eigenen Zellen im Labor züchten lassen. Science Fiction? Nein. Denn in Großbritannien und den USA arbeitet man an genau dieser Idee. Ein Team um Gordana Vunjak-Novakovic versucht an der Columbia University in New York passgenaue Organe zu züchten, deren genetischer Ursprung der Patient selbst ist. Und so funktioniert die neue Methode: Erleidet ein Mensch, beispielsweise durch einen Unfall, eine Schädigung seines Schädels, so scannen die Forschenden das geschädigte Körperteil ein, um an die räumlichen Daten des fehlenden Stücks zu gelangen. Dann wird eine exakte Kopie davon aus einem sterilen Knochen eines Tieres hergestellt. Damit der neue Knochen nun wieder fest mit dem umgebenden Gewebe des Schädels verwachsen kann, braucht es Stammzellen. Diese werden aus dem Fettgewebe des Patienten entnommen und im Labor weitergezüchtet.
Doch wie wird aus der Stammzelle nun das gewünschte Gewebe? Die Stammzellen werden auf den Knochenrohling gebracht. Er kommt in einen Bioreaktor, der die Bedingungen im menschlichen Körper simuliert. Eine Stammzelle ist eine Art Ursprungszelle. Sie vermehrt sich und kann sich zu den verschiedensten Zelltypen entwickeln. Entscheidend sind die Umgebungsbedingungen. Über sie lässt sich steuern, welcher gewünschte Zelltyp entsteht. In diesem Fall Knochenbildende Zellen. Das Knochenstück mit dem gezüchteten Gewebe kann nun implantiert werden und optimal mit dem umgebenden Gewebe zusammenwachsen.
Den Praxistest hat das Verfahren bereits bestanden. Im Sommer 2019 wurde einem Patienten der sogenannte Ramusknochen - die Verbindung zwischen Schädel und Kiefer ersetzt. Der Knochen ist zwar klein, muss aber einer ungeheuren Kraft beim Beißen standhalten. In naher Zukunft könnte vielleicht jeder Knochen unseres Körpers mithilfe der neuen Methode ausgetauscht werden. Wie sich das Prinzip irgendwann auf alle Organe unseres Körpers ausweiten lässt, wird die Forschenden hingegen noch lange beschäftigen.
Weder Verbesserungen beim Transport noch künstliche Herzen können dem steigenden Bedarf an Transplantaten und Geweben gerecht werden. Umso wichtiger: der Organspendeausweis.
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