Precht - Kampf der Identitäten – Was wird aus unseren Demokratien?
- UT6
- 17.09.2023
Israels Justizreform hebelt die Kontrolle der Regierung durch die Justiz aus. Ist Israels Demokratie damit am Ende? Richard David Precht diskutiert mit dem Philosophen Omri Boehm.
- Gesellschaft
- Talk
- aufschlussreich
- UT6
- 17.09.2023
- ZDF
Israels Justizreform hebelt die Kontrolle der Regierung durch die Justiz aus. Ist Israels Demokratie damit am Ende? Richard David Precht diskutiert mit dem Philosophen Omri Boehm.
Identitätspolitikt auf dem Vormarsch
Omri Boehm möchte dieser um sich greifenden Verstümmelung der Demokratien einen, wie er es nennt, radikalen Universalismus entgegensetzen. Für ihn gibt es, angelehnt an Immanuel Kant, keinen Vorzug irgendeiner Gruppe vor anderen. Von daher lehnt Boehm die Identitätspolitik der Konservativen und Orthodoxen in Israel streng ab. Das "Wir" sei das Menschengeschlecht, ein vereinendes Wort und eben kein ausschließendes und unterscheidendes. Im Sinne der wahren Aufklärung halte es Boehm für notwendig, sich auf universelle Werte zu verständigen, die einen allgemeinen Humanismus verteidigten und nicht einen, der nur für die Menschen einer bestimmten Religion, Ethnie oder auch Nation gelte. Versprechen wie, "die Würde des Menschen ist unantastbar" müssten absoluten Bestand haben.
Allgemeines Recht auf Menschenwürde
Das Kant'sche Konzept der allgemeinen Menschenwürde fand großen Anklang, umgab es den einzelnen Menschen doch mit einer Art säkularisierter Firewall und befreite ihn aus der vorgegebenen Bestimmung des Menschen durch die Religion. Das Recht auf Menschenwürde, vermutet Boehm, würde auf die damit einhergehenden Gesetze bezogen, und jeder Zweifel an diesen Gesetzen hätte daher auch ein Misstrauen gegenüber dem universalistisch gemeinten Ursprung dieser Gesetze zu Folge. Zu oft würden gerade in Israel die Prinzipien der Menschenwürde zum Zwecke der Durchsetzung identitärer Interessen ausgehebelt.
Frage nach universaler Gerechtigkeit
Boehms Hoffnung liegt darin, dass die Menschheit angesichts der weltweiten existenziellen Gefahren schließlich doch noch begreift, dass es gravierender Veränderungen bedarf, um Frieden und Gerechtigkeit zu erlangen.