Abgestempelt

In meinem Freundeskreis gibt es Personen, die auf der Hauptschule waren. Auch wenn sie anschließend eine weiterführende Schule besucht und ein Fachabitur gemacht haben, fühlen sie sich immer unwohl, wenn es um das Thema „Hauptschule“ geht und vermeiden es, darüber zu sprechen, weil dieses negative Bild von der Hauptschule in der Gesellschaft existiert. Sie sehen es quasi als einen biographischen Makel an, auf dieser Schule gewesen zu sein.

"Hauptschüler*innen sind asozial, dumm, laut, bringen nichts zustande und prügeln nur. Wer was kann, geht auf keinen Fall auf so eine Restschule“ - solche oder ähnliche Vorurteile und Klischees kennt jede/r und werden auch sehr häufig von den Medien bedient.

Daher war es mir wichtig, mit meiner Reportage über Hauptschüler*innen zu zeigen, dass es in der Hauptschule auch positive Beispiele gibt und man eben nicht alle über einen Kamm scheren darf: Jugendliche, die aus unterschiedlichen Gründen auf diese Schulform gehen, aber aus ihrem Leben etwas machen und etwas erreichen wollen, Ziele haben, für die sie alles geben und kämpfen.

Ich bin Daniela Deters, Schulleiterin der Adolph-Kolping-Hauptschule, sehr dankbar, dass sie mir uneingeschränkten Zugang zu ihrer Schule und damit zu der Abschlussklasse gegeben hat. Denn es ist gar nicht so einfach, so eine Drehgenehmigung zu erhalten. Als ich mein Projekt der Abschlussklasse mit ihrer Klassenlehrerin Magdalena Banner vorgestellt und erläutert habe, war ich noch mehr beeindruckt, wie offen und positiv ich empfangen wurde und zugleich schockiert, was die Schüler*innen teilweise für ein schlechtes Selbstbild haben, sie sich teilweise wirklich abgestempelt fühlen.

In der Klasse waren mehrere in meinen Augen sehr gute Protagonist*innen, sodass es schwer war, drei für die Reportage näher auszuwählen. Mir wurde so ein großes Vertrauen von allen Seiten entgegengebracht und ich wurde mit meinem Team über die vielen Drehtage quasi ein Bestandteil der Klasse, ohne dass sich die Schüler*innen und Lehrer*innen für die Kamera verstellt haben. Ich konnte hautnah erleben, wie in der Hauptschule unterrichtet wird, was Frau Banner und die anderen Lehrer*innen alles leisten - auch weit über den Schulunterricht hinaus. So ein großes Engagement wird selten in der Öffentlichkeit gewürdigt und gezeigt. Und eben auch nicht, wie sich Schüler*innen wirklich anstrengen und trotz privater Sorgen, Problemen oder Sprachbarrieren dahinterklemmen, den Schulabschluss zu schaffen. Kurzum: Eine für mich beeindruckende und prägende Zeit mit tollen Persönlichkeiten.

Das heißt nicht, dass keine Schwierigkeiten in der Hauptschule existieren, die es ja nur noch in vier Bundesländern in Deutschland gibt. Aber man sollte eben immer genauer hinschauen und nicht pauschale Meinungen einfach übernehmen oder immer nur Negativbeispiele zeigen.

Ich habe während meiner gesamten Drehzeit kein einziges Mal eine Auseinandersetzung oder Prügelei auf dem Pausenhof erlebt und hatte selbst oft im Unterricht gedacht, krass, dass Themen wie „Menschsein“, „Schwarze Löcher“, „Bildung“, „Literatur" etc. besprochen und unter den Schüler*innen leidenschaftlich diskutiert werden. Trotz verschiedener Kulturen und Hintergründe hat die Klasse insgesamt zusammengehalten und eben auch unterschiedliche Meinungen akzeptiert.

Die Schüler*innen haben es verdient, wahrgenommen und beachtet zu werden und hoffentlich kann meine Reportage zur Diskussion beitragen, die Hauptschule auch einmal positiv zu besprechen.