Ihr Leben lang wurde Nicole wegen ihres Gewichts diskriminiert. Sie hat es satt, sich weiter zu verstecken. Sebastian fotografiert und zeichnet seinen nackten Körper. Weil er sich und andere damit konfrontiert, fällt es ihm leichter, sich zu akzeptieren, wie er ist.
„Dicke gelten als faul und dumm"
Als er zweihundert Kilo wog, ließ Sebastian Fotos von sich machen. Er wollte sie an den Kühlschrank hängen, um sich vor sich selbst zu ekeln – als Ansporn zum Abnehmen. Doch zu seiner Überraschung stellte er fest: Nein, das ist nicht eklig – das bin halt ich.
Lange hatte der 35-Jährige kein Problem mit seiner Körpermasse. In seiner hessischen Heimatstadt mögen die Leute ihn wegen seiner Aufgeschlossenheit und Fröhlichkeit. Zum Fasching trägt er Kostüme, mit denen er auffällt. Doch eines Tages sprach er mit seinem Chef über Aufstiegschancen und erfuhr: "Dicke gelten in der Gesellschaft als faul und dumm, und machen keine Karriere." Sebastian aber wollte als Mathematiker Erfolg haben.
Warum den Bauch verstecken?
Nicole hat ihre Figur jahrzehntelang mit weiten Kleidern kaschiert. Jetzt will sie ihren Körper nicht mehr verurteilen und verlangt das auch von anderen. Doch wie schafft man das, wenn man ein Leben lang dumme Sprüche gehört hat und Selbstvorwürfe wegen des Dickseins ein ständiger Begleiter sind?
Schon der Begriff "Übergewicht" suggeriere, dass etwas falsch, weil zu viel sei. Und Nicole will sich nicht mehr falsch fühlen. Deshalb benutzt sie, inspiriert von der bodypositiven Bewegung, jetzt den neutraleren Begriff "Mehrgewicht". In einem Shop für Mehrgewichtige findet sie endlich stylische Kleidung in ihrer Größe und Verkäuferinnen, die ihr Mut machen: Warum den Bauch verstecken? Alle Bäuche sind wunderschön!
Nicole konnte das lange nicht glauben und war deshalb nie ganz glücklich in ihren Partnerschaften. Erst ihr heutiger Freund Sven konnte sie überzeugen, dass er sie nicht trotz, sondern genau wegen ihrer Kurven sexy findet.
Selbstbewusst leben ...
Schon als Kind erlebte Nicole die Unzufriedenheit von Mutter, Oma und Tante mit deren Aussehen. Sie war überzeugt, auch ihr Körper sei hässlich. Seitdem kämpft sie mit Essen und einem unbeschwerten Umgang damit. Eine Magenverkleinerung, wie die Mutter sie machen ließ, kommt für Nicole nicht in Frage. Etwas wegschneiden, das zu ihr gehört – niemals!
Im Coaching lernt sie das Konzept der intuitiven Ernährung kennen und hinterfragt die Muster ihres Essverhaltens. Was steckt hinter dem Kreislauf aus Kontrollverlust und Schuldgefühlen? Bei einer Sitzung brechen angestaute Gefühle auf und schaffen Raum für Veränderung. Nicole wird mutiger und möchte sich schließlich ganz von der Scham für ihren Körper befreien: als Modell in einem Aktzeichenkurs.
... und selbstbestimmt
Sebastian kann die diskriminierenden Worte seines Chefs nicht vergessen. Als mit Ende zwanzig noch gesundheitliche Probleme dazu kommen, ändert er sein Leben. Er stellt seine Ernährung um und beginnt mit Sport – doch er tut es nicht für andere, sondern für sich: "Ich will noch mal rennen oder auf einen Turm steigen!" Durch den Gewichtsverlust machen ihm jetzt Hautlappen zu schaffen. Wieder lässt er sich fotografieren und malt seinen Körper, um sich aufs Neue mit ihm zu versöhnen.
"Glück kennt kein Gewicht" ist ein 37 Grad-Film, der Mut macht, sein Leben zu genießen – mit genau dem Körper, den man nun einmal hat.