Keine leichte Geburt

Die Dreharbeiten fanden ziemlich genau vor einem Jahr statt. "Inzwischen hat sich die damals angespannte Personalsituation bei den Hebammen im Caritas-Krankenhaus deutlich entspannt: Wir haben mehrere Hebammen neu eingestellt, unser Team ist nun wieder vollständig und personell gut besetzt", so Ute Emig-Lange vom Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim

Systemrelevante Berufe – natürlich zählen auch Hebammen dazu! Und nicht erst seit Covid-19 ist mir klar, dass sie einen elementaren Beitrag zur Gesellschaft leisten – sie begleiten das Wunder Leben. Ihr Einsatz ist enorm, die Anerkennung für ihre Leistung meist viel zu gering. Und dabei spielt es keine Rolle, ob die Hebammen festangestellt oder freiberuflich tätig sind. Sie alle haben mit Problemen zu kämpfen, die aus einem Gesundheitssystem resultieren, das vor allem auf Wirtschaftlichkeit abzielt. Besonders schwierig war es daher, ein Krankenhaus zu finden, das den Dreharbeiten zustimmen und sich kritischen Fragen stellen wollte. Etliche festangestellte Hebammen berichteten mir in inoffiziellen Gesprächen von grenzwertigen Arbeitsbedingungen, die sich in manchen Fällen sogar zu einer echten Gefahr für die Gesundheit von werdenden Müttern und ihren Kinder auswachsen können. Und viele Häuser bestätigten den Hebammen-Mangel, die Engpässe der Schwangerenversorgung und die Überlastung des Personals, unter dem nicht nur die Patientinnen, sondern auch die Einrichtungen selbst leiden. Doch zugleich wollte keines der angefragten Krankenhäuser den Eindruck erwecken, die Schwangeren seien bei ihnen möglicherweise nicht gut versorgt. Umso dankbarer war ich, dass das Caritas Krankenhaus in Bad Mergentheim diese Gratwanderung gewagt hat!

Mit Peggy und Melanie habe ich dort auch zwei großartige und engagierte Hebammen gefunden, die mein Team und ich über längere Zeit mit der Kamera begleiten durften. Gleich in unserer ersten Nachtschicht im Caritas Krankenhaus ging es rund. Wir haben unsere erste Geburt gedreht. Das war an sich schon ein extrem emotionales Ereignis! Als das kleine Wesen nach vielen Stunden des Mitfieberns schließlich auf die Welt kam, habe auch ich ein paar kleine Tränen verdrückt. Wir haben hautnah erlebt, wie wichtig und beruhigend die erfahrene und liebevolle Betreuung durch die Begleit-Beleghebamme Melanie für die werdenden Eltern war. Peggy musste ihre Aufmerksamkeit dagegen gleich auf drei Frauen in den Wehen richten und nebenbei noch etliches Organisatorisches erledigen. Trotz der Hektik war sie nicht aus der Ruhe zu bringen. Sie behielt den Überblick, als uns schon längst der Kopf schwirrte. Bis in die frühen Morgenstunden war sie mit einen Lächeln und tatkräftiger Unterstützung für ihre Frauen da. Scheinbare Leichtigkeit trotz der Verantwortung für Menschenleben. Während wir nach der Nachtschicht zumindest für ein paar Stunden k.o. ins Bett fielen, ging für Melanie der Arbeitstag weiter. Diese enorme Energie und Belastbarkeit haben uns auch an Anna tief beeindruckt. Sie lebt für ihren Beruf – oder besser für ihre Berufung. Für ihre Frauen und ihre so friedlich wirkenden Hausgeburten ist ihr kein Einsatz zu groß. Im Laufe unserer Dreharbeiten haben wir sie nicht einmal wirklich Pause machen sehen. Ausgiebiger Schlaf – ebenfalls Fehlanzeige. Und auch wenn das pralle Leben bei ihr zu Hause mit kleinen Kindern und Mann direkt weitertobte, blieb sie zugewandt und gut gelaunt. Bei so viel Idealismus ist die Gefahr der Selbstausbeutung natürlich groß. Umso größer, weil Anna, aber auch Melanie und Peggy ihre Arbeit als extrem erfüllend empfinden.

Wichtig ist es allen dreien, nicht belehrend oder dogmatisch zu sein und ihre Vorstellung einer „guten“ oder „richtigen“ Geburt durchzusetzen. Sie wollen erspüren, wie jede einzelne Frau ihr Kind auf die Welt bringen möchte und sie dabei so gut wie möglich unterstützen. Dabei sollen sie ihren Instinkten folgen können. Ob bei einer Hausgeburt, bei einer Entbindung im Geburtshaus oder in einem Krankenhaus – Schwangere müssen das Recht haben, die Art der Geburt frei und ohne Zugzwänge zu wählen. Und sich zu jeder Zeit sicher sein, bestens betreut zu werden. Dies ist aktuell nicht garantiert. Dabei darf es kein Glücksfall sein, so engagierte Hebammen wie Anna, Melanie und Peggy zu finden, sondern eine Selbstverständlichkeit und Teil der medizinischen Grundversorgung.

Ein lebenswichtiger Beruf

"Hebammen stehen unter starkem Druck"

"Die natürliche Geburt steht im Vordergrund"