Toter Sherpa am K2: Bergsteigerin widerspricht Vorwürfen

    Harila verteidigt Aufstieg:Sherpa-Tod am K2: Bergsteigerin wehrt sich

    |

    Einer bekannten Bergsteigerin wird vorgeworfen, einen verletzten Sherpa für einen Rekord am K2 dem Tod überlassen zu haben. Nun verteidigt sie sich - man habe alles Machbare getan.

    Blick auf den K2, den zweithöchsten Berg der Welt im Karakorum-Gebirge in Pakistan. (15.07.2023)
    Der Tod eines Sherpas am K2 in Pakistan hat für Kritik an einer Extrembergsteigerin gesorgt. (Archivbild)
    Quelle: AFP

    Die norwegische Extrembergsteigerin Kristin Harila hat sich gegen Kritik gewehrt, sie sei über einen sterbenden Sherpa hinweggestiegen, um ihren Rekord nicht zu gefährden.
    Sie und der Nepalese Tenjin Sherpa hatten alle 14 Achttausender im Rekordtempo bestiegen. Am Tag ihres Triumphs verunglückte am K2 ein pakistanischer Bergträger und starb. Sie und ihr Team hätten dem verletzen Sherpa geholfen, erklärte Harila in einer ausführlichen Stellungnahme.

    Drohnenaufnahmen lösen Kritik gegen Bergsteigerin aus

    Die 37-jährige Norwegerin und ihr nepalesischer Bergführer Tenjin Sherpa erreichten am 27. Juli den 8.611 Meter hohen Gipfel des K2 in Pakistan. Damit hatten sie alle Achttausender innerhalb von 92 Tagen bezwungen - und waren damit doppelt so schnell wie der bisherige Rekordhalter, der nepalesisch-britische Bergsteiger Nirmal Purja.
    Wie Bergretter Leben retten
    Die Bergwacht ist immer im Einsatz, um im Notfall schnell und professionell im Gebirge zu helfen. 21.06.2023 | 14:05 min
    In den Onlinenetzwerken sorgen aber inzwischen von anderen Bergsteigern veröffentlichte Drohnenaufnahmen für Kontroversen, die zeigen, wie Harilas Team und andere Bergsteiger in einer engen, gefährlichen Passage des K2 über den gestürzten und sichtlich verletzten Sherpa Mohammad Hassan hinwegsteigen. Während ihres weiteren Aufstiegs starb Mohammad Hassan, der einem anderen Team angehörte.

    Drohungen gegen Extrembergsteigerin

    Viele Nutzer der Onlinenetzwerke reagierten empört, zumal Harila noch am selben Abend im Basislager ihren Weltrekord feierte. "Niemand wird sich an deinen sportlichen Erfolg erinnern, nur an deine Unmenschlichkeit", schrieb ein Instagram-Nutzer. In einem weiteren Kommentar hieß es: "An deinen Händen klebt das Blut der Sherpas."
    Aufgrund der vielen "Falschinformationen" im Netz und des Hasses bis hin zu Todesdrohungen, der ihr entgegenschlage, habe sie das Gefühl, sie müsse ihre eigenen Erfahrungen schildern, erklärte die 37-Jährige.
    Auf der Hängebrücke im Dachsteingebirge.
    Die Alpen: Touristenmagnet und Kulturraum mit atemberaubender Landschaft. Rund 100 Millionen Menschen besuchen jährlich die Berge und Täler dieser Gebirgswelt. 28.07.2022 | 43:18 min

    Harila verteidigt Vorgehen am K2

    Sie und ihr Team hätten zu der Zeit alles für den Bergträger getan, was sie konnten, schrieb sie.

    Das passierte an der gefährlichsten Stelle auf einem der tödlichsten Berge der Welt.

    Kristin Harila, Bergsteigerin

    Sie, ihr Kameramann Gabriel sowie zwei weitere Bergsteiger - darunter "Hassans Freund" - hätten eineinhalb Stunden lang in dem als Bottleneck bezeichneten Engpass versucht, den gestürzten Sherpa wieder hochzuziehen, während mehrere weitere Bergsteiger hinter ihnen waren.
    Wegen eines Lawinenwarnrufs habe sie den Aufstieg fortgesetzt, während Gabriel und andere bei dem Verletzten geblieben seien und mit ihm Sauerstoff und heißes Wasser geteilt hätten. In der Zeit seien die anderen Bergsteiger an ihnen vorbeigezogen. Nach einer weiteren Stunde sei auch ihr Kameramann weitergezogen, weil er selbst inzwischen mehr Sauerstoff benötigt habe.
    Bergsteiger beim Klettern
    Am 8. Mai 1978 stand Reinhold Messner zusammen mit Peter Habeler auf dem Gipfel des Mount Everest. Dies gelang ihnen als ersten Menschen ohne zusätzlichen Sauerstoff.08.05.2023 | 9:06 min

    Bergsteigerin: "Es war herzzerreißend"

    Als Gabriel zu ihr aufgeschlossen sei, "wurde uns bewusst, dass er (Hassan) es vielleicht nicht schaffen würde. Es war herzzerreißend". Bei ihrem Abstieg hätten sie dann festgestellt, dass der Sherpa inzwischen gestorben sei. Doch seien sie nicht genügend Leute gewesen, um seine Leiche nach unten zu tragen.
    Sein Tod war "wirklich tragisch (...) und ich fühle sehr mit der Familie", erklärte Harila.

    Wir hatten unser Bestes getan, besonders Gabriel.

    Kristin Harila, Bergsteigerin

    Gleichzeitig wies sie darauf hin, dass Hassan für den Aufstieg unzureichend ausgerüstet gewesen sei. So habe er nicht einmal Handschuhe getragen.
    "ZDF-History: Höher, weiter, extremer - Pioniere und Abenteuer": Der Österreicher Felix Baumgartner in 39 Kilometer Höhe kurz nach seinem Absprung aus der Raumkapsel am 15.10. 2012.
    Mit 14 allein um die Welt segeln, ein Fallschirmsprung aus 38.000 Metern Höhe, ohne Sauerstoffgerät auf den Mount Everest - was treibt Frauen und Männer zu solchen Abenteuern?22.08.2021 | 44:52 min

    Ausrüstung von Sherpas durch Auftraggeber in der Kritik

    Zahlreiche Instagram-Nutzer verteidigten Harila. Unter anderem wiesen sie auf die Gefahren des Bergsteigens hin, die jeder Aufstieg auf den K2 mit sich bringe.
    Andere fragten, warum Hassans Auftraggeber ihn nicht besser ausgerüstet habe. Eine Nutzerin wies auf die unterschiedliche Behandlung von westlichen Bergsteigern und ihren Sherpas hin: Das Leben der Ortskräfte sei nun einmal "wenig wert".
    Quelle: AFP, dpa

    Mehr zum K2-Vorfall und zu Gebirgen