Sammeln, Ruhen, Schrumpfen: Wie Tiere überwintern

    Sammeln, Ruhen, Schrumpfen:Wie Tiere überwintern

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    Tiere haben unterschiedliche Strategien entwickelt, um den Winter zu überstehen - mit teils erstaunlichen Folgen für ihren Organismus. Die Überwinterungsmethoden im Überblick.

    Berlin: Ein Eichhörnchen sitzt in einem Garten in Tempelhof auf einem Holzstapel.
    Eichhörnchen suchen auch im Winter nach Nahrung.
    Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa

    Wenn es draußen ungemütlich wird, beginnt für die Wildtiere eine harte Zeit: Sie finden nur noch wenig zu fressen, brauchen gleichzeitig aber mehr Energie, um nicht auszukühlen. Um gut durch den Winter zu kommen, haben sie verschiedene Strategien entwickelt:

    Der klassische "Winterschlaf" ...

    ... ist eine der bekanntesten Methoden, wie Tiere die kalten Monate überstehen. So senken etwa Murmeltier, Siebenschläfer, Igel und Fledermaus dafür laut Naturschutzbund Deutschland ihre Körpertemperatur drastisch ab, die Körperfunktionen kommen praktisch zum Erliegen. Der Begriff "Winterschlaf" ist deshalb irreführend.

    Die Tiere schlafen nicht. Sie sind in einer Art physiologischem Nahtodzustand.

    Thassilo Franke, Biologe Naturkundemuseum Biotopia München

    In regelmäßigen Abständen müssen die Tiere den Winterschlaf deshalb unterbrechen und in einen echten Schlaf wechseln, um Nervenzellen mit Sauerstoff zu versorgen und Stoffwechselprodukte zu entfernen, sagt Klaus Hackländer von der Deutschen Wildtier Stiftung.
    Europäischer Dachs (Meles meles), im Schnee
    Der Dachs hält keinen klassischen "Winterschlaf", sondern muss immer wieder auf Nahrungssuche gehen.
    Quelle: Imago

    Winterruhe ...

    ... halten Braunbär, Eichhörnchen oder Dachs. Das heißt, sie fahren ihren Stoffwechsel nicht so stark herunter. Die meisten sind zwischendurch aktiv und gehen auf Nahrungssuche, erläutert Wildtierbiologe Hackländer.
    Der Braunbär verbringt mehrere Monate schlafend und lebt in der Zeit nur von seinen Fettreserven.

    Interessant ist, dass sich seine Muskelmasse und die Knochen trotz der langen Ruhephase nicht abbauen.

    Thassilo Franke, Biologe

    Vorräte horten ...

    ... für schlechte Zeiten, ist die Strategie anderer Tiere. Ein Beispiel ist der Tannenhäher, der sich von den Samen der Zirbelkiefer ernährt. Tausende Verstecke legt er über den Winter an - und trägt damit zur Ausbreitung der Zirbel bei.
    Tannenhäher (Nucifraga caryocatactes) mit einer Haselnuss im Schnabel
    Ein Tannenhäher mit einer Haselnuss. Hauptsächlich ernährt sich der Vogel im Winter von der Zirbelkiefer.
    Quelle: Imago

    Denn die Zirbelzapfen öffnen sich nicht von selbst. Die Samen brauchen den Tannenhäher, der sie aus dem Zapfen befreit und oft kilometerweit verbreitet. In den Verstecken, die er über den Winter vergisst oder die nicht geleert werden, können diese keimen.

    Diät ...

    ... halten müssen Rehe, Hirsche und Wildschweine. Sie sind darauf angewiesen, im Winter Futter zu finden, erläutert die Biologin Angelika Nelson vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz im bayerischen Hilpoltstein.
    Da aber oft weniger Futter vorhanden ist, nutzt zum Beispiel das Rehwild einen Trick:

    Der Pansen schrumpft um 30 Prozent des Volumens.

    Thassilo Franke, Biologe

    Ernährungsumstellung ...

    ... ist für andere Tiere die Strategie zum Überwintern. Dafür müssen sie ihren Verdauungstrakt anpassen. Die Bartmeise frisst normalerweise Insekten, im Winter aber die harten Schilfsamen. Dazu baue sie ihren Magen sozusagen in eine Getreidemühle um, erläutert Franke. Die Bartmeise picke viele kleine Steinchen auf, gleichzeitig verdicke sich die Magenwand. "Im Frühjahr baut sich der Magen dann wieder um."
    Bartmeise (Panurus biarmicus) Männchen im Schilf
    Zwei Bartmeisen picken Schilfsamen.
    Quelle: Imago

    Ähnlich sei es beim Auerhahn, der sich im Winter von schwer verdaulichen Fichtennadeln ernähre. Er vergrößere seinen Blinddarm, weil ihm die darin befindlichen Mikroorganismen bei der Verdauung helfen.

    Schrumpfen ...

    ... hilft Tieren mit weniger Nahrung auszukommen. Gerade kleine Tiere müssen bei Kälte mehr Energie aufbringen, um ihre Körpertemperatur aufrecht zu erhalten. Spitzmäuse, Maulwürfe und Wiesel schrumpfen deshalb, um überlebenswichtige Energie zu sparen.
    Die Waldspitzmaus etwa reduziert ihr Gewicht im Winter um fast ein Fünftel.

    Es wird Kalzium aus den Knochen gezogen und deshalb werden diese elastischer. Wir sehen eine reversible Osteoporose.

    Moritz Hertel, Verhaltensneurobiologe Max-Planck-Institut Seewiesen

    Denn im Frühjahr wachsen die Tiere wieder.

    Natürlichen Frostschutz ...

    ... entwickeln Tiere, die auch im Wasser leben. Amphibien wie Frösche graben sich im Winter im Boden ein oder suchen sich einen anderen geschützten Platz. Bei Temperaturen unter null Grad fielen sie in eine Winterstarre, sagt die Biologin Nelson.
    Auch Erdkröten fallen in eine Winterstarre und verkriechen sich dafür zum Beispiel in einen Laubhaufen.
    Auch Erdkröten fallen in eine Winterstarre und verkriechen sich dafür zum Beispiel in einen Laubhaufen.
    Quelle: Imago

    Als wechselwarme Tiere hänge ihre Körpertemperatur von der Außentemperatur ab.

    Bei unter null Grad besteht deshalb die Gefahr, dass die Flüssigkeit in den Zellen und Zellzwischenräumen gefriert.

    Angelika Nelson, Biologin

    Das verhinderten die Amphibien mithilfe von Glyzerin, das wie ein Frostschutzmittel wirke.

    Vogelzug ...

    ... ist eine ebenfalls sehr bekannte Überwinterungsstrategie. Die Kurzstreckenzieher reisten in der kalten Jahreszeit in den Mittelmeerraum, die Langstreckenzieher bis nach Afrika südlich der Sahara, sagt Nelson.
    Quelle: Von Irena Güttel, dpa

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