Eiskunstlaufen - WM: Warum Hase mit einem Russen startet

    Interview

    Partnerwahl beim Eiskunstlaufen:Minerva Hase verteidigt russischen Partner

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    Minerva Hase startet mit dem Russen Nikita Wolodin bei der WM in Montreal. Sie erzählt über die schwierige Partnersuche in ihrem Sport und ihre Ziele für die Titelkämpfe.

    Minerva Fabienne Hase und Nikita Volodin während ihrer Kür bei den ISU-Europameisterschaften 2024.
    Minerva Hase und Nikita Wolodin während ihrer Kür bei den Europameisterschaften 2024. Nun möchte das Eiskunstlauf-Paar auch bei den Weltmeisterschaften angreifen - obwohl Hases Partner Russe ist.
    Quelle: afp / Daniel Mihailescu

    Minerva Hase startet mit dem Russen Nikita Wolodin bei der Eiskunstlauf-WM in Montreal. Sie berichtet im Interview über die schwierige Partnersuche in ihrem Sport und ihre Ziele für die Titelkämpfe.
    ZDFheute: Frau Hase, mit ihrem neuen Partner Nikita Wolodin sind Sie rasant zu einem internationalen Spitzenteam aufgestiegen. Wie geht es Ihnen damit?
    Minerva Hase: Das ist erstmal ungewohnt. Ich war ja vorher nie in der Situation, da vorn mit reingezählt zu werden. Dass es direkt so ein Start wird mit Nikita, damit hat keiner von uns gerechnet. Eigentlich wollten wir uns in der ersten Saison vielleicht in der oberen Hälfte einordnen. Dass wir direkt auf dem Treppchen stehen würden, das konnten wir nicht absehen. Diese neue Rolle zu verarbeiten, ist gar nicht so einfach.
    ZDFheute: Inwiefern?
    Hase: Zu Beginn waren wir eher die Underdogs, aber jetzt haben wir schon öfter gehört, dass wir zu den ersten drei gezählt werden. Das ist ein Wandel, der schon etwas macht mit einem.

    Minerva-Fabienne Hase, geboren am 10. Juni 1999 in Berlin, Eiskunstläuferin und Sportsoldatin, tritt aktuell mit dem Russen Nikita Wolodin im Paarlauf an. Bei der anstehenden WM in Montreal (18. bis 24. März) zählen sie zu den Favoriten.

    Hase/Woldoin können gemeinsam laufen, weil es im Eiskunstlauf vom Weltverband ISU traditionell akzeptiert wird, dass Läufer für eine Nation antreten, ohne deren Staatsbürgerschaft zu besitzen. Nur bei den Olympischen Spielen ist das nicht möglich. Wenn Hase/Wolodin 2026 in Mailand und Cortina starten wollen, müsste er bis dahin eingebürgert werden. Für Russland kann Wolodin aktuell nicht an internationalen Wettbewerben teilnehmen, die ISU hat alle für Russland startenden Läufer auf Grund des Ukraine-Krieges ausgeschlossen. Es gibt aber weitere Russen, die international für andere Nationen auflaufen.

    Hase/Wolodin trainieren in Berlin und werden – größtenteils online – vom russischen Trainer Dimitri Sawin betreut. Vor dem Ukraine-Krieg hat Hase mit ihrem ehemaligen Partner bei Sawin in Sotchi trainiert, als Angehörige der Bundeswehr darf sie aktuell jedoch nicht nach Russland reisen. Sawin kann aber nach Europa kommen, da er auch beim ungarischen Verband als Trainer angestellt ist.

    Das deutsch-russische Duo gab im September 2023 sein Debüt und gewann in dieser Saison bereits zwei Grand-Prix-Wettbewerbe sowie das Grand-Prix-Finale. Bei der EM wurden Hase/Wolodin nach Patzern in der Kür Fünfte. Mit ihrem ehemaligen Partner Nolan Seegert gewann Hase dreimal die Deutschen Meisterschaften und startete bei den Olympischen Spielen 2022. Der größte Erfolg des Duos war Platz fünf bei der WM 2022.

    ZDFheute: Was macht er mit Ihnen?
    Hase: Es ist eine Herausforderung, die Nerven im Griff zu behalten. Es ist etwas Anderes, ob man um die Plätze sechs bis acht läuft oder um eins bis drei. Aber es ist unsere erste Saison, alles, was kommt, nehmen wir mit und versuchen, daraus zu lernen und für die Zukunft ein stärkeres Paar zu werden.
    ZDFheute: Wie gut war Nikita, bevor er mit Ihnen ein Paar bildete?
    Hase: Als Junior war er relativ erfolgreich, da hat er international als Paarläufer ein paar Medaillen geholt. Im Senioren-Bereich hatte er immer wechselnde Partnerinnen und konnte sich in Russland nicht so richtig etablieren. Zuletzt ist er Shows gelaufen.

    sportstudio online berichtet ab dem 22. März über die Eiskunstlauf-WM in Montreal. Im Sport-Ressort der ZDFheute zeigen wir längere Zusammenfassungen dieser Wettbewerbe:
    • Freitag, 22. März: Kür der Paare
    • Samstag, 23. März: Kür der Frauen
    • Sonntag, 24: März: Eistanzen, Kür der Männer und das Schaulaufen der Sieger

    ZDFheute: Als die russischen Läufer wegen des Ukraine-Krieges schon gesperrt waren?
    Hase: Genau. Er hatte seine Karriere noch nicht abgeschrieben, aber es gab keine gute Möglichkeit für ihn. Jetzt möchte er nochmal beweisen, was er drauf hat.
    ZDFheute: In Russland wäre er nicht gut genug gewesen, um es als Paarläufer ganz nach oben zu schaffen?
    Hase: Du musst in Russland auf den Punkt perfekt sein, um es zu schaffen. Zu den Top drei, vier, fünf zu gehören, um überhaupt international laufen zu dürfen, ist da superschwer. Jedes Top acht, neun, zehn Paar von dort könnte aber auch in der Welt vorn mithalten.
    11.01.24, Kaunas: Bei der Eiskunstlauf-EM in Litauen sieht man ein deutsches Team auf der Eisbahn.
    Von Platz zwei auf fünf: Zu viele Patzer kosten das deutsche Eiskunstlauf-Paar Minerva Fabienne Hase und Nikita Volodin die EM-Medaille. Annika Hocke/Robert Kunkel werden Siebte.12.01.2024 | 7:41 min
    ZDFheute: Nach den Olympischen Spielen 2022 waren Sie auf der Suche nach einem neuen Partner, und Ihr russischer Trainer hat Nikita Wolodin gefunden.
    Hase: Ja. In Deutschland gab es einfach keinen Partner, der zu mir gepasst hätte, deshalb hat sich Dimitri in der ganzen Welt umgehört. Ich bin eine große Paarläuferin, damit fängt es schon an. Der Partner sollte etwa 20 Zentimeter größer sein, und ich bin 1,68 Meter. Nikita ist 1,88 Meter, das passte schonmal. Auch sonst sind wir ein super Match. Unsere Sprünge, unsere Rhythmen, unsere Armkoordination, vieles ist sehr ähnlich. Das macht es leicht, zusammen Elemente zu erlernen. Und ich habe volles Vertrauen in Nikita, dass er immer sein Maximum gibt. Dabei ist er ein sehr lockerer Typ, hat immer einen Spruch auf Lager und versucht, einen zum Lachen zu bringen.
    ZDFheute: Nun sind russische Läufer aktuell eigentlich gesperrt. Da wirkt es etwas eigenartig, dass er für Deutschland starten darf. Wie sehr beschäftigt Sie dieses Thema?
    Hase: Ich habe ja schon vorher mit vielen Russen zusammengearbeitet, deshalb habe ich die Möglichkeit, mit Nikita zu laufen, nicht negativ gesehen.

    Nur weil er aus Russland kommt, ist er ja kein schlechter Mensch oder hat schlechte Werte.

    Minerva Hase über ihren Partner

    Im Sport soll es nicht um politische Themen gehen. Wir laufen zusammen, weil wir den Sport lieben und erfolgreich sein wollen.
    ZDFheute: Sprechen Sie über Nikitas Haltung zum Ukraine-Krieg?
    Hase: Ab und zu. Aber wir versuchen, uns auf unser Training zu konzentrieren. Zu allem, was Politik und Krieg angeht, möchte ich nichts sagen.

    Der Sport ist für mich nicht da, um mich oder meinen Partner politisch zu platzieren.

    Minerva Hase

    Im Paarlaufen und im Eistanzen ist es einfach sehr schwierig, passende Partner zu finden. Da ist es üblich, sich international umzuschauen. Ich bin glücklich, dass Nikita jetzt für uns läuft, möchte aber auch nicht in der Haut derjenigen stecken, die aktuell entscheiden müssen, wie man mit der Situation in Russland umgeht.  
    Das Interview führte Susanne Rohlfing
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