Mehr Firmenpleiten in Deutschland - was dahinter steckt

    Unternehmen in Deutschland:Mehr Pleiten - was Firmen zu schaffen macht

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    Die wirtschaftliche Lage vieler deutscher Unternehmen sieht düster aus, im 1. Halbjahr 2023 mussten mehr Unternehmen Insolvenz anmelden als im Vorjahr.

    Archiv: "Wir schliessen" steht im Schaufenster eines Geschäfts.
    Inflation, Kaufzurückhaltung und hohe Energiepreise machen den Firmen in Deutschland immer mehr zu schaffen.
    Quelle: dpa

    Gestiegene Kosten und Konsumflaute treiben zunehmend mehr Firmen in Deutschland in die Pleite. Nach einem deutlichen Anstieg der Unternehmensinsolvenzen im ersten Halbjahr 2023 erwarten Experten auch für die nächsten Monate steigende Zahlen.
    Von einer "Insolvenzwelle" könne jedoch keine Rede sein, heißt es: Es handele sich eher um eine Normalisierung nach den milliardenschweren Stützungsmaßnahmen der vergangenen Jahre.

    Knapp 14 Prozent mehr Insolvenzanträge

    Nach jüngsten amtlichen Daten zeigt der Trend bei den Firmenpleiten weiter nach oben. Die Zahl der beantragten Insolvenzverfahren lag im August um 13,8 Prozent über dem Wert des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Im Juli hatte es einen Anstieg um 23,8 Prozent gegeben.
    Weck-Gläser werden in einer Fabrike angefertigt.
    Energieintensive Unternehmen in Deutschland kämpfen um ihre Existenz. Die Ampel streitet über Ansätze, scheint aber keine Lösungen zu finden.04.07.2023 | 3:09 min
    Endgültige Zahlen liegen dem Bundesamt inzwischen für das erste Halbjahr 2023 vor: In den sechs Monaten meldeten die Amtsgerichte hierzulande 8.571 Unternehmensinsolvenzen und damit 20,5 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger bezifferten die Gerichte den Angaben zufolge auf rund 13,9 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr 2022 waren es rund 8,2 Milliarden Euro.
    Arbeiter in einer Fabrik am 13.08.2023
    Hohe Energiepreise, viel Bürokratie und ein Mangel an Fachkräften. In Deutschland sei die Lage für Unternehmen aktuell fatal, klagen Wirtschaftsverbände13.08.2023 | 2:26 min
    Jonas Eckhardt von der Beratungsgesellschaft Falkensteg ordnet in einer Ende August vorgelegten Analyse ein:

    Inflation, Kaufzurückhaltung, hohe Energiepreise und steigende Finanzierungskosten machen den Unternehmen zunehmend zu schaffen und lassen sich kaum noch kompensieren.

    Jonas Eckhardt, Partner der Beratungsgesellschaft Falkensteg

    "Zudem gibt es noch einen Nachholeffekt aufgrund der umfangreichen staatlichen Hilfen in den vergangenen zwei Jahren, die inzwischen ausgelaufen sind und viele Unternehmen am Leben hielten", so Eckhardt weiter.

    Rückzahlung von Corona-Hilfen stellt Unternehmen vor Probleme

    In den vergangenen Jahren hatten staatliche Hilfen sowie teils ausgesetzte Insolvenzantragspflichten trotz Coronakrise und Energiekrise die Zahl der Firmenpleiten in Deutschland niedrig gehalten. Im Gesamtjahr 2022 zählte das Bundesamt mit 14.590 Fällen relativ wenige Unternehmensinsolvenzen. Im Jahr der Wirtschaftskrise 2009 hatte es fast 33.000 Firmenpleiten hierzulande gegeben.
    Der Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung, Patrik-Ludwig Hantzsch, meint:

    Für viele Betriebe werden die großzügig verteilten Staatsgelder der Vergangenheit jetzt zum Bumerang.

    Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform-Wirtschaftsforschung

    Die Wirtschaftsauskunftei hatte bereits Ende Juni einen Anstieg der Firmenpleiten für das erste Halbjahr vermeldet. "Die Rückzahlungen der Hilfen und teils verschleppte Anpassungen des Geschäftsmodells führen bei dauerhaft steigenden Zinsen in die finanzielle und wirtschaftliche Sackgasse", befand Hantzsch.
    Sina Mainitz im Schaltgespräch mit Moderator Rüger
    In Deutschland melden immer mehr Unternehmen Insolvenz an. Woran liegt das? Börsenexpertin Sina Mainitz mit einer Einschätzung. 16.06.2023 | 1:16 min

    Zahl der Großinsolvenzen fast verdoppelt

    Deutlich häufiger als zu Jahresbeginn geben der Falkensteg-Analyse zufolge aktuell größere Unternehmen ihr Geschäft auf. Mit 37 Anträgen im zweiten Quartal habe sich die Zahl der Großinsolvenzen binnen Jahresfrist fast verdoppelt.
    Somit sind wesentlich mehr Arbeitnehmer betroffen. Nach Schätzung von Creditreform waren im ersten Halbjahr 125.000 Beschäftigte hierzulande von Firmenpleiten betroffen und damit fast doppelt so viele wie ein Jahr zuvor (68.000).
    Quelle: Jörn Bender, dpa

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