Wenn Angehörige für Partner, Eltern oder Geschwister Angelegenheiten regeln müssen, benötigen sie eine Vorsorgevollmacht. Gibt es diese nicht, kann ein Gericht einen rechtlichen Betreuer bestellen.
Vorsorge ist gut
Hilde (60) und ihr Mann haben mit einer Vorsorgevollmacht früh alles geregelt: Sie möchten gegenseitig füreinander einstehen, sollte das einmal nötig sein. Und leider kommt es so. Hildes Mann hat 2022 einen Unfall, erleidet einen Hirnschaden. Mit der Vorsorgevollmacht, die auch eine Patientenverfügung beinhaltet, kann Hilde im Krankenhaus für ihren Mann entscheiden. Doch die Formulare lösen längst nicht alle Probleme: Denn die Verantwortung, medizinischen Maßnahmen zuzustimmen oder nicht, ist für Hilde belastend. Genauso wie die Entscheidung, dass ihr Mann vorerst in einem Pflegeheim wohnen soll. Er kann nicht allein zu Hause bleiben, wenn sie bei der Arbeit ist. Sie ist jetzt für die Organisation von zwei Leben zuständig: ihrem und dem ihres Mannes.
Familiäre Pflichten und Grenzen
Die 48-jährige Lydia ist hin- und hergerissen: Möchte sie zukünftig die Dinge regeln, mit denen ihr großer Bruder Bernd (52) überfordert ist – oder ist ihr diese Verantwortung zu groß? Bernd hat eine seltene Erkrankung, ist dadurch geistig und körperlich behindert und braucht im Alltag Unterstützung. Noch kümmern sich Bernds Eltern Monika (78) und Alfred (80) zum Beispiel um Behördenschreiben, Arztbesuche oder viele Fahrdienste. Monika und Alfred möchten die rechtliche Betreuung aber altersbedingt abgeben. Am liebsten an Lydia. Die liebt ihren Bruder und will helfen. Aber kann sie die Betreuung schaffen – neben ihrem Beruf und ihrer Familie mit drei Kindern? Und was genau würde das bedeuten?
Wenn man sich vertraut, hat eine Vorsorgevollmacht innerhalb der Familie also große Vorteile. Doch es gibt auch die Möglichkeit, rechtliche Betreuer einzusetzen. Das sind Berufsbetreuer oder ehrenamtliche Betreuer. Sie unterliegen dann anders als Bevollmächtigte der Kontrolle des Betreuungsgerichts.
Ein Ersatz für Angehörige
Matthias Becker leitet einen Betreuungsverein und ist rechtlicher Betreuer. In seinen über 30 Berufsjahren war ihm noch nie langweilig – denn der Bedarf an Beratung und Hilfe ist riesig. Die Menschen, für die er Betreuer ist, haben oft keine Angehörigen, oder diese sind mit der Situation überfordert. Das Schönste an seinem Job ist, wenn er helfen kann, dass Menschen aus einer Krise herauskommen und ihr Leben wieder eigenständig übernehmen können. Zu dem Sozialarbeiter kommen auch Personen, die etwas zu Vorsorgevollmachten, Betreuungen oder Patientenverfügungen wissen möchten. Seiner Erfahrung nach kümmern sich viele nach wie vor aber leider zu spät.
Die 37 Grad-Reportage zeigt, welche Verantwortung es ist und welche Herausforderung es gibt, wenn Menschen als Bevollmächtigte oder Betreuer tätig sind.