Verschärft der Klimaschutz die Wohnungsnot?

    Wohnungswirtschaft erzürnt:Verschärft der Klimaschutz die Wohnungsnot?

    ZDF-Korrespondent und Börsenexperte Fank Bethmann aus Frankfurt
    von Frank Bethmann
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    Gleich zwei Gesetzespläne treiben Eigentümer und Mieter um. Beide Vorhaben sollen den Klimaschutz im Gebäudesektor vorantreiben. Beides wird Wohnen teurer machen.

    Wärmedämmung wird an Hausfassade angebracht
    Maßnahmen zur Wärmedämmung sind zwar gut für das Klima - aber die Kosten treiben Mieten weiter in die Höhe.
    Quelle: imago

    Nicht selten, wenn es um Immobilien geht, schlagen die Emotionen hoch. Man kennt es von Eigentümerversammlungen oder vom Streit mit der Wohnungsgesellschaft. Derzeit aber lassen zwei Gesetzesvorhaben bundesweit die Volksseele kochen.
    Die Ampelregierung bringt mit dem Gebäudeenergiegesetz eine neue Verordnung für klimagerechtes Heizen auf den Weg. Fast gleichzeitig schiebt die EU-Kommission eine Gebäuderichtlinie an, die zum Ziel hat, dass bis 2050 sämtliche Gebäude in der Europäischen Union klimaneutral sein sollen.

    Gebäudesektor schadet Klima

    Gute Vorhaben, richtige Vorhaben - schließlich zählt der Gebäudesektor neben der Energiewirtschaft, der Industrie und dem Verkehr zu dem Bereich, der dem Klima am meisten schadet.
    Für Heizen und Warmwasserversorgung wird Energie benötigt, die bisher noch überwiegend aus fossilen Brennstoffen erzeugt wird. Mehr als ein Drittel aller Treibhausgasemissionen in Europa gehen auf das Konto von Immobilien.

    Interessenvertreter schlagen Alarm: "EU-Gesetzesvorhaben illusorisch"

    Doch die Interessenvertreter der Branche schlagen Alarm. Vor allem, was die EU-Kommission plane, sei illusorisch, sagt der Präsident vom Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW), Axel Gedaschko. Brüssel will zeitlich gestaffelt Zwischenziele bei der Energieeffizienz erreichen.
    Demnach, so Gedaschko, müssten in lediglich neun Jahren 45 Prozent aller Gebäude in der gesamten EU saniert werden. Derzeit würde es Deutschland gerade mal gelingen, so der Fachmann, ein Prozent des gesamten Gebäudebestandes zu sanieren.

    Hohe Kosten für Sanierungsarbeiten drohen

    In Deutschland, so der Verband Haus & Grund, der die Interessen von Eigentümern vertritt, stünden die allermeisten Hausbesitzer vor Sanierungsarbeiten. Das EU-Vorhaben ist zwar noch lange kein Gesetz, doch welche Kosten mit der Sanierung auf Hausbesitzer zu kommen könnten, hat Haus & Grund bereits einmal durchkalkuliert.
    Für ein Einfamilienhaus mit 160 Quadratmetern Wohnfläche beispielsweise müsste man demnach mit Ausgaben in Höhe von gut 90.000 Euro rechnen.

    Vebände: Sanierungen nicht kostendeckend möglich

    Welche Brisanz in den Mehrkosten steckt, verdeutlichte jüngst der Verbandsdirektor des VdW, des Verbandes bayrischer Wohnungsunternehmen, Hans Maier. Viele bayrische Wohnungsunternehmen könnten sich die hohen Kosten des Klimaschutzes nicht leisten. Die notwendigen Sanierungen seien unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht kostendeckend möglich.

    Klimaneutral ist nicht kostenneutral.

    Hans Maier, Direktor Verband bayrischer Wohnungsunternehmen

    Der Verband vertritt überwiegend Genossenschaften und kommunale Wohnungsbaugesellschaften mit günstigen Mieten.
    Die Modernisierungen für den Klimaschutz wären demnach aber häufig so teuer, dass die Wohnungsgesellschaften die vielerorts geltende Mietdeckelung überschreiten müssten.

    Unsere Mieten müssen so hoch sein, dass die Kosten gedeckt sind.

    Hans Maier, Direktor Verband bayrischer Wohnungsunternehmen

    Mit anderen Worten, vorbei wäre es mit günstigeren Mieten. Abgesehen von den betriebswirtschaftlichen Berechnungen, ergänzt Maier weiter, könnten sich viele Mieter große Mieterhöhungen auch gar nicht leisten.

    "Zielkonflikt zwischen Klimaschutzmaßnahmen und bezahlbaren Mieten"

    Ein echtes Dilemma, welches, denkt man es weiter, auch den nur schleppend vorankommenden Neubau von bezahlbaren Wohnungen weiter einbremsen könnte. Denn derzeit würden die zu erzielenden Energieeinsparungen die hohen Kosten für den gebäudetechnischen Klimaschutz nicht annähernd kompensieren.
    Auch deswegen würden viele Bauherren ihre Bauvorhaben derzeit auf Eis legen. Man beobachte, so Maier vom Dachverband der bayrischen Wohnungsunternehmen "einen Zielkonflikt zwischen Klimaschutzmaßnahmen und bezahlbaren Mieten".

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