Vernachlässigung und Gewalt:Kindeswohl immer häufiger gefährdet
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Vernachlässigt oder misshandelt: Immer mehr Kinder in Deutschland sind gefährdet, meist durch ihre Eltern. Die Zahl erreicht laut Statistischem Bundesamt einen neuen Höchststand.
Es gibt immer mehr Fälle von Kindeswohlgefährdung. (Symbolbild)
Quelle: dpa
Ein besorgniserregender Trend setzt sich fort: Die Zahl der Kindeswohlgefährdungen in Deutschland hat 2023 einen neuen Höchststand erreicht. Wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte, stellten die Jugendämter bei mindestens 63.700 Kindern oder Jugendlichen eine Kindeswohlgefährdung durch Vernachlässigung, psychische, körperliche oder sexuelle Gewalt fest. Das waren rund 1.400 Fälle oder zwei Prozent mehr als im Jahr zuvor.
@destatis
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In Wahrheit dürften die Zahlen aber deutlich höher liegen, wie die Statistiker erklären: "Da einige Jugendämter für das Jahr 2023 keine Daten melden konnten, ist aber sicher, dass der tatsächliche Anstieg noch deutlich höher ausfiel." Neben Fehlern bei der Datenerfassung und dem Cyberangriff auf einen IT-Dienstleister wurde als Grund für die fehlenden Meldungen im Jahr 2023 auch die Überlastung des Personals im Jugendamt genannt.
Kinderschutzbund: Jugendämter überlastet
Der Kinderschutzbund findet das besorgniserregend. Die stellvertretende Geschäftsführerin Martina Huxoll-von Ahn sagt:
Die Arbeit beim Jugendamt sei für viele "nicht besonders attraktiv". Es gebe schlicht zu wenige Mitarbeiter, die zu hohe Fallzahlen bewältigen müssen. Die Beschäftigten seien oft stark belastet und liefen ständig Gefahr, wegen einer möglichen Fehlentscheidung angegriffen zu werden. "Da besteht ein erheblicher Nachbesserungsbedarf."
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Werden für die fehlenden Meldungen im Jahr 2023 nur die Ergebnisse aus dem Vorjahr hinzugezählt, liegt der Anstieg schon bei 7,6 Prozent. Wird zusätzlich der allgemeine Anstieg berücksichtigt, erhöht sich das Plus sogar auf acht Prozent. Nach dieser Schätzung läge die Gesamtzahl im Jahr 2023 bei 67.300 Fällen.
Langfristiger Anstieg der Zahlen
Die Zahl der behördlich festgestellten Kindeswohlgefährdungen steigt kontinuierlich seit Einführung der Statistik im Jahr 2012. Ausnahmen gab es nur 2017 und im Corona-Jahr 2021. Neben der tatsächlichen Zunahme der Fälle könnte das aber auch an einer "höheren Sensibilität und Anzeigebereitschaft" liegen, so die Statistiker.
Die Jugendämter haben 2023 insgesamt rund 211.700 Hinweismeldungen geprüft. Bei 30 Prozent der Hinweismeldungen haben die Jugendämter den Verdacht auf Kindeswohlgefährdung anschließend bestätigt.
"Die zuverlässigsten Hinweisgeber waren dabei die Betroffenen selbst", sagen die Statistiker. Bei Selbstmeldungen lag die Bestätigungsquote mit 60 Prozent doppelt so hoch. Die betroffenen Kinder waren 2023 im Schnitt 8,2 Jahre alt.
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Hinweise meist von Polizei und Justiz
"Wir müssen Kinder unterstützen, dass sie sich Hilfe holen", sagt Franziska Drohsel von der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend. Der Staat habe einen Fürsorgeauftrag.
Nur in zwei Prozent aller Fälle meldeten sich die betroffenen Minderjährigen selbst beim Jugendamt. Am häufigsten kamen diese Hinweise von Polizei und Justiz. 22 Prozent der Verdachtsfälle wurden von Verwandten, Bekannten oder aus der Nachbarschaft gemeldet. "Es ist enorm wichtig, dass das Umfeld sensibilisiert wird", sagt Huxoll-von Ahn.
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Vernachlässung und psychische Gewalt
In den meisten Fällen von Kindeswohlgefährdung gab es Anzeichen von Vernachlässigung (58 Prozent). Bei 36 Prozent ging es um psychische Misshandlungen. In 27 Prozent der Fälle wurden Indizien für körperliche Misshandlungen und in sechs Prozent für sexuelle Gewalt gefunden. In knapp jedem vierten Fall gab es mehr als einen Verdacht.
Neue Ergebnisse zeigen nun auch, von wem die Gefährdung des Kindes ausging: In 73 Prozent aller Fälle war das die eigene Mutter oder der eigene Vater. In vier Prozent war es ein neuer Partner eines Elternteils und in sechs Prozent eine andere Person wie eine Tante, ein Trainer, der Pflegevater oder eine Erzieherin.
Quelle: ZDF
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Quelle: dpa, KNA
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