UN-Gutachterin prangert Lage in Guantánamo an

    Gutachterin nach Lager-Besuch:UN prangern Lage in Guantánamo an

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    "Grausam, unmenschlich und herabwürdigend", nennt eine UN-Gutachterin die Lage der verbliebenen Gefangenen von Guantánamo. Die USA weisen ihre Kritik zurück.

    Guantanamo: US-Flagge hinter Stacheldraht; Guantánamo, Kuba; 15.01.2023
    Noch immer sind 30 Menschen in Guantánamo inhaftiert.
    Quelle: dpa

    Die Behandlung der verbliebenen Insassen in Guantánamo ist nach Einschätzung einer UN-Sonderberichterstatterin nach wie vor grausam und unmenschlich.

    Erstmal gewähren USA Zugang für UN

    Erstmals hatte eine unabhängige UN-Gutachterin Zugang zu dem US-Gefangenenlager in Kuba bekommen. Die Expertin Fionnuala Ní Aoláin berichtete nach ihrem Besuch, die 30 Insassen seien dort einer "anhaltend grausamen, inhumanen und erniedrigenden Behandlung unter dem Völkerrecht" ausgesetzt.

    Ich habe beobachtet, dass nach zwei Jahrzehnten der Haft das Leid der Inhaftierten tief und anhaltend ist.

    Fionnuala Ní Aoláin, UN-Gutachterin

    Das sind einige Vorwürfe der UN-Sonderbeauftragten:
    • nahezu konstante Überwachung der Gefangenen
    • Zwangsverlegungen aus den Zellen
    • die Praxis, Insassen auf unrechtmäßige Weise zu fixieren
    Ní Aoláin äußerte sich am Montag bei der Vorstellung ihres Berichts vor Journalisten in New York und forderte, das berüchtigte Lager zu schließen.
    Die Terroranschläge vom 11. September 2001 in New York, Washington und Pennsylvania mit fast 3.000 Toten seien "Verbrechen gegen die Menschlichkeit" gewesen. Doch der Einsatz von Folter sowie Verschleppungen mutmaßlicher Täter und deren Helfer durch die USA in den Jahren nach den Anschlägen hätten internationale Menschenrechtsnormen verletzt, sagte die irische Jura-Professorin.

    Gutachterin sieht auch Verbesserungen

    Ní Aoláin bedankte sich aber auch bei den Vereinigten Staaten für die Erlaubnis, das Lager zu besuchen, und betonte, sie habe vollständigen Zugang bekommen. Sie habe auch "bedeutende Verbesserungen" im Vergleich zu früheren Zustandsberichten wahrgenommen.
    So ist es international um die Menschenrechte bestellt:
    Die Regierung von Präsident Joe Biden sei mit gutem Beispiel vorangegangen und habe sich bereit gezeigt, "sich den härtesten Menschenrechtsproblemen" zu stellen. Sie habe in Guantánamo Zutritt zu allem bekommen, worum sie gebeten habe, sagte die Gutachterin. Auch Treffen mit Gefangenen von "hohem Wert" und "nicht hohem Wert" seien ihr ermöglicht worden.

    US-Regierung weist Kritik zurück: Nicht objektiv

    Die USA erklärten in einem Antwortschreiben an den Menschenrechtsrat, dass die Erkenntnisse der Sonderermittlerin "allein deren eigene" Sichtweise darlegten. Washington widerspreche "in wesentlichen Belangen zahlreichen sachlichen und rechtlichen Aussagen" im Report.
    Ní Aoláin sei ein "Zugang ohnegleichen" gewährt worden - und zwar "im Zutrauen, dass die Haftbedingungen human sind und den Respekt der Vereinigten Staaten und den Schutz der Menschenrechte für alle in unserem Gewahrsam widerspiegeln", hieß es in dem von der amerikanischen Botschafterin im UN-Menschenrechtsrat, Michèle Taylor, eingereichten Brief.

    Gutachten wird geprüft

    Gleichwohl würden die Empfehlungen der Sondergutachterin sorgfältig geprüft und falls gerechtfertigt, Maßnahmen ergriffen.
    Man suche aktuell nach geeigneten Orten für verbliebene Insassen, die für eine Überstellung infrage kämen. Im Fall jener, bei denen eine Verlegung noch ausgeschlossen sei, gebe es regelmäßige Prüfungen, ob eine anhaltende Inhaftierung nach dem Kriegsrecht statthaft sei, teilte Taylor mit.

    Guantánamo war Antwort auf 9/11

    Es war nach den Terroranschlägen während der Regierungszeit des damaligen republikanischen Präsidenten George W. Bush errichtet worden, um mutmaßliche islamistische Terroristen ohne Prozess festzuhalten.
    Im dem Lager, das sich im US-Marinestützpunkt Guantánamo Bay befindet, waren zeitweise fast 800 Menschen inhaftiert. Menschenrechtsorganisationen verlangen seit langem die Schließung - nach der Vorstellung des UN-Berichts bekräftigte Amnesty International diese Forderung.
    Quelle: dpa, AP

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