Deutschlandticket: Wie kann der ÖPNV besser werden?

    Preiserhöhung:Teureres Deutschlandticket, besserer ÖPNV?

    von Julian Vulturius
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    Das Deutschlandticket soll im kommenden Jahr teurer werden. Das ist umstritten - und bestehende Probleme beim ÖPNV bleiben. Woran es bislang bei Bus und Bahn hakt.

    Bus innen
    Im öffentlichen Nahverkehr in Deutschland gibt es viele offene Probleme.
    Quelle: Imago

    Marode Bahnhofsgebäude, Personalmangel und fehlende Verbindungsangebote im ländlichen Raum: Der Nahverkehr in Deutschland kämpft mit vielen Problemen. Gleichzeitig soll das Deutschlandticket ab Januar um 9 Euro teurer werden, darauf haben sich die Verkehrsminister der Länder am Montag verständigt.
    Das Abo für die bundesweite Nutzung von Bussen und Bahnen im Nah und Regionalverkehr würde dann 58 Euro im Monat kosten. Die täglichen Ärgernisse für viele Nutzer aber bleiben. Woran hakt es bisher beim Nahverkehr in Deutschland - und was müsste sich für einen attraktiveren ÖPNV ändern?
    Ein Hinweis für das Deutschlandticket steht am Frankfurter Hauptbahnhof auf einem Fahrkartenautomaten.
    Das Deutschlandticket soll vom kommenden Jahr an 58 Euro pro Monat kosten. Die Verkehrsminister der Länder verständigten sich auf eine Erhöhung um 9 Euro ab dem 1. Januar 2025 – das kommt nicht überall gut an. 24.09.2024 | 2:13 min

    Branchenverband sieht Finanzierung als Knackpunkt

    "Der ÖPNV in Deutschland ist strukturell unterfinanziert", erklärt Lars Wagner, Pressesprecher des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Der Branchenverband verweist auf "extrem steigende Kosten aufgrund der Inflation, der Energiekrise und den stark steigenden Personalkosten". Bei Instandhaltung, Modernisierung und Ausbau gebe es zudem steigende Baukosten und einen wachsenden Sanierungsbedarf.
    Die Finanzierungsstruktur des ÖPNV in Deutschland ist komplex. Bund, Ländern und Kommunen bezuschussen den Nahverkehr in erheblichem Umfang.

    Wir müssten eigentlich in den Großstädten und Ballungsräumen massiv in Taktverdichtungen investieren und in ländlichen Räumen Geld in die Hand nehmen, um ein verlässliches ÖPNV-Grundangebot zu betreiben

    Lars Wagner, Pressesprecher Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

    Für den VDV ist Preissteigerung beim Deutschlandticket ein "notwendiger und mutiger Schritt der Länder", um eine Finanzierungssicherheit für den ÖPNV zu gewährleisten. Gleichzeitig habe der Branchenverband aber vor einer zu starken Erhöhung gewarnt, um das Abspringen zu vieler Abonnenten zu verhindern, erklärt Wagner. Doch für ihn ist auch klar:

    Ein günstiges Ticket alleine nutzt nichts, wenn der Bus vor Ort nur dreimal am Tag fährt.

    Lars Wagner, Pressesprecher Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

    Regionale Unterschiede bei ÖPNV-Netz

    Aktuell gibt es bei der ÖPNV-Anbindung große regionale Unterschiede. Das verdeutlichte im vergangenen Jahr eine Studie des Bundesinstituts für Bau-, Stadt und Raumforschung. Die Erhebung zeigte zwar, dass 90 Prozent der Bevölkerung mindestens eine Haltestelle von Bus oder Bahn mit mindestens 20 werktäglichen Abfahrten fußläufig gut erreichen konnten. Bei Brandenburg, dem Schlusslicht unter den Ländern, traf das allerdings nur auf 72 Prozent der Bevölkerung zu. Im bayrischen Landkreis Straubing-Bogen betrug die Quote nur 34 Prozent.
    Auf ein weiteres Problem wies der VDV im Juni hin: Es fehlen Fahrer für Busse und Bahnen. So gibt es laut dem Branchenverband in Deutschland derzeit etwa 100.000 Busfahrer - das sind bereits heute 20.000 weniger als eigentlich gebraucht würden, so die Einschätzung des VDV. Bei personellen Engpässen müssten Verkehrsunternehmen deshalb teilweise den Betrieb einschränken. Dazu komme die demografische Entwicklung.
    Die Verkehrsunternehmen müssen bereits nach Lösungen suchen: so fahren in Mannheim auch Studenten Straßenbahnen. Andere Verkehrsunternehmen versuchen wegen des Fachkräftemangels gezielt Geflüchtete für den Fahrdienst zu werben.
    Mannheimer Verkehrsbetriebe schulen Studenten
    Der ÖPNV hat mit enormen Personalengpässen zu kämpfen - und feilt an Lösungen. Ein Ansatz: Studierende als Straßenbahnfahrer einsetzen.12.08.2024 | 2:57 min

    Mobilitätsforscher: Politischer Wille fehlt

    Professor Andreas Knie blickt kritisch auf das Argument, der Fachkräftemängel stünde einem besseren ÖPNV im Weg. "Das sind Alibis, um nichts zu tun", findet der Leiter der Forschungsgruppe "Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung" am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung klare Worte.

    Statt eines Autogipfels hätte es einen ÖPNV-Gipfel gebraucht.

    Professor Andreas Knie, Forschungsgruppenleiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

    Wenn der politische Wille da sei, bekomme man auch den Personalmangel in den Griff, so Knie. Doch diesen vermisst der Mobilitätsforscher bisher. "Statt Automobilität mit Milliarden zu subventionieren, muss mehr Geld in den ÖPNV fließen", findet Knie. In seinen Augen kann ein attraktiverer ÖPNV im ersten Schritt nur über den Preis realisiert werden:

    Nur ein Hammerpreis führt dazu, dass die Menschen Bus und Bahn nehmen. 58 Euro sind nicht geeignet, um diesen Effekt auszulösen.

    Professor Andreas Knie, Forschungsgruppenleiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

    Das sieht auch der Fahrgastverband "Pro Bahn" so. "Ein Sprung auf 54 Euro wäre in Ordnung gewesen, ein Sprung auf 58 Euro kommt mir zu hoch vor", sagte der Bundesvorsitzende Detlev Neuß der Düsseldorfer "Rheinischen Post" am Montag. Knie ist der Meinung, dass man mit der jetzigen Aussicht auf weitere Preissteigerungen in der Zukunft das Vertrauen der Menschen in eine langfristige Verkehrswende verspiele. Deutschland sei zudem bei der baulichen Attraktivität der bestehenden Haltestellen und Bahnhöfe "sehr weit zurück".

    Andreas Knie am 08.10.2021 in Mannheim
    Quelle: dpa

    ...ist Leiter der Forschungsgruppe Digitale Mobilität und gesellschaftliche Differenzierung am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB). Er befasst sich hauptsächlich mit Verkehrsforschung, Technologiepolitik, Wissenschaftspolitik und Innovationsforschung. Das WZB ist eine gemeinnützige Gesellschaft, die gesellschaftliche Fragen erforscht. Knie war von 2006 bis 2018 Geschäftsführer des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) GmbH.

    Außerdem werde der ÖPNV durch eine "Überbürokratisierung" geschwächt. Dabei verweist Knie auf die bundesweite Gliederung in viele Verkehrsverbünde und Zweckverbände, die für den Nahverkehr verantwortlich seien.
    Grundsätzlich denkt Knie aber, dass der ÖPNV noch mehr Fahrgäste gewinnen kann:

    Die Menschen sind begeisterungsfähig für Bus und Bahn.

    Professor Andreas Knie, Forschungsgruppenleiter am Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung

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