Allianz- Commercial: Mehr Piratenangriffe auf Frachtschiffe

    Studie von Allianz-Commercial:Mehr Piratenangriffe auf Frachtschiffe

    SGS Mainitz zu DB Schenker
    von Sina Mainitz
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    90 Prozent aller Waren kommen auf dem Seeweg nach Deutschland, immer weniger Schiffe sinken, sagt ein Versicherer. Aber: Immer mehr von ihnen werden von Piraten attackiert.

    Stacheldraht wird an Bord des Tankers gewickelt, um ihn vor Piratenangriffen zu schützen, wenn er in gefährlichen Gebieten der Meere und Ozeane fährt.
    Stacheldraht wird an Bord des Tankers gewickelt, um ihn vor Piratenangriffen zu schützen, wenn er in gefährlichen Gebieten der Meere und Ozeane fährt.
    Quelle: Imago

    Nach Zahlen des Risiko-Versicherers Allianz Commercial sind vergangenes Jahr 26 größere Schiffe untergegangen. Das war ein gutes Drittel weniger als im Vorjahr. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist das ein Rückgang um über 70 Prozent.
    Doch neben den aktuellen Kriegen und Konflikten bedroht eine andere alte Gefahr Schiffe und ihre Besatzungen: Piraten. Neben Stürmen und Strandung an der Küste zählen auch Seeräuber zu den ältesten Risiken der Schifffahrt, und die Piraterie erlebt laut Allianz so etwas wie ein Comeback: Im vergangenen Jahr gab es demnach weltweit 120 bekannt gewordene Piratenüberfälle, fünf mehr als 2022.

    Westafrikas Küste ist wohl am gefährlichsten

    Gefährlichste Region in dieser Hinsicht ist laut Allianz Commercial der Golf von Guinea an der Küste Westafrikas, gefolgt von der Straße von Singapur in Südostasien. Die Reedereien können sich nur bedingt vor diesen Piratenangriffen schützen.

    Wir nehmen an kritischen Stellen Sicherheitskräfte mit an Bord. Es geht darum, dass sie die Besatzung schützen und mit Piraten verhandeln können.

    Nils Haupt, Leiter Unternehmenskommunikation Reederei Hapag Lloyd

    "Wir haben keine Waffen an Bord, denn wir sind die Handelsschifffahrt, nicht die Marine. Während der EU-Mission 'Atalanta' haben EU-Marine-Schiffe Handelsschiffe vor der Küste Somalias begleitet und geschützt. Das war gut", betont Nils Haupt, Leiter Unternehmenskommunikation Reederei Hapag Lloyd.

    Piraterie kostet die Reeder viel Geld

    Die größte Sorge ist ein Wiederaufflammen der Piraterie am Horn von Afrika, heißt es in dem Bericht. Dort kaperten somalische Piraten im Dezember 2023 erstmals seit 2017 wieder ein Schiff, seither gab es mehrere weitere Überfälle. Die Inspiration für somalische Seeräuber liefern nach Einschätzung der Schifffahrtsexperten des Unternehmens mutmaßlich die vielen Attacken islamistischer Huthi-Milizen auf Handelsschiffe im Roten Meer im Gefolge des Gaza-Kriegs.
    Kriege wie in Gaza und in der Ukraine wirken sich demnach auch indirekt auf die Sicherheit der Schifffahrt aus, indem sie Folgegefahren erzeugen oder begünstigen. Umwege fahren, um Piraten zu entgehen, kostet die Reedereien Zeit und Geld.

    Wenn ein Schiff Umwege fahren muss, braucht es länger. Wenn wir statt dem direkten Weg durch den Suez-Kanal ums Kap der guten Hoffnung fahren müssen, dauert es 12 Tage länger, einfache Fahrt. Hin und zurück kommen dann schon mehr als drei Wochen Zeitverzögerung zustande.

    Nils Haupt, Leiter Unternehmenskommunikation Reederei Hapag Lloyd

    "Um diese aufzuholen, fahren Schiffe schneller und wie beim Auto brauchen sie dann mehr Treibstoff und haben einen höheren CO2-Ausstoß", erklärt Nils Haupt weiter. Es gibt also ernsthafte Umwelt- und Sicherheitsaspekte, die durch die Piraterie und politische Unruhen verschärft werden.

    Auch andere Faktoren beeinflussen Seeweg

    Abgesehen von Seeräubern können weitere Faktoren den Transport via See erheblich stören. Vor knapp zwei Monaten rammte ein Containerschiff beim Auslaufen in Baltimore, USA, eine Brücke. Die Havarie kostet Versicherer wohl vier Milliarden US-Dollar.
    In Baltimore im US-Bundesstaat Maryland ist die rund zwei Kilometer lange Francis Scott Key Bridge eingestürzt.
    In Baltimore im US-Bundesstaat Maryland ist die rund zwei Kilometer lange Francis Scott Key Bridge eingestürzt. Zuvor ist ein Schiff mit der Autobahnbrücke kollidiert.26.03.2024 | 0:38 min
    Neben der Versicherung für das Schiff und seine Ladung geht es vor allem auch um die kaputte Brücke und sonstige Schäden an der Hafen-Infrastruktur, aber auch um die Kosten für die Bergung und die Beseitigung von Umweltschäden. Außerdem gab es durch den Unfall auch Betriebsausfälle in mehreren Unternehmen durch die zweimonatige Sperre des Schiffsverkehrs.
    Besonders betroffen: der deutsche Autobauer Mercedes mit einem Terminal jenseits der Brücke. BMW und VW waren mit ihren Standorten vor der Hafeneinfahrt nicht unmittelbar betroffen. Solche Unglücke sind eher die Ausnahme. Generell aber gilt: Zwar sinken weniger Schiffe aufgrund von technischer Defekte, aber das Risiko auf hoher See ist inzwischen ein anderes geworden.
    Mit Material von dpa.
    Sina Mainitz ist Redakteurin und Moderatorin im ZDF-Börsenstudio in Frankfurt.

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