Newsletter ZDF-Fernsehrat:Vom richtigen Weg, der noch nicht beendet ist
"Die Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten des ZDF gehen in meinen Augen in eine sehr gute Richtung", sagt ZDF-Fernsehrätin Gabriela Terhorst. Die Vertreterin vom BUND spricht auch über die Vorteile einer vielfältigeren Belegschaft.
ZDF-Fernsehratsmitglied Gabriela Terhorst
Quelle: Bund/Niko Martin#Fernsehrat: Nach dem aktuellen Bericht der Gleichstellungsbeauftragten liegt der Anteil von Frauen in Führungspositionen im ZDF erstmals über 45 Prozent - wo sehen Sie das ZDF in Sachen chancengerechte Personalentwicklung?
Gabriela Terhorst: Als Neuling im Fernsehrat und Vertreterin des BUND-Bundesverbandes, einem der größten Naturschutzverbände in Deutschland und mit den Partnern "Friends of the earth international", musste ich mich in die Strukturen des ZDF zunächst einfinden. Doch überraschte mich die große Offenheit, das "Normale" in Gesprächen und der Mut, auch unangenehme Themen klar anzusprechen. Von unserem Verband bin ich die Zusammenarbeit mit Menschen unterschiedlicher Herkunft gewohnt, sei sie sozial, politisch, religiös oder auch aus unterschiedlichen Ländern mit unterschiedlichen Sprachen. Auch die BUND-Jugend setzt Zeichen, was Gleichstellung von Mann, Frau und anderer sexueller Orientierungen anbetrifft. Die Aktivitäten der Gleichstellungsbeauftragten des ZDF gehen in meinen Augen in eine sehr gute Richtung. Die Bereitschaft, das Thema anzugehen, ist sehr wichtig. Denn allzu oft rutschen wir in einen durch Parteien und Politik verursachten Trott, in eine, meist unbegründete, Unzufriedenheit, die gefährlich werden kann. So werden überall in Europa rechtsorientierte, extreme Parteien gewählt, die leichte Lösungen und Parolen vertreten, die sie nicht halten können. Wenn diese Tendenz anhält, ist es umso bedeutender, dass Frauen sich bereits in führenden Positionen befinden, in denen sie Einfluss nehmen können und besonderes Engagement belohnt wird, natürlich bei gleicher Bezahlung. Das ZDF ist da auf dem richtigen Weg, der noch lange nicht zu Ende ist.
#Fernsehrat: Die Gleichstellungsarbeit im ZDF legt u. a. einen Schwerpunkt auf die Repräsentanz von Frauen in technischen Berufen. Für wie wichtig halten Sie die Weiterentwicklung dieses Themenkomplexes für eine moderne und inklusive Arbeitskultur?
Terhorst: Glaubt man unterschiedlichen Studien, so ist die Bereitschaft von Frauen größer, sich mit Menschen auseinanderzusetzen, wohingegen Männer lieber mit Dingen zu tun haben. Dies mag aber nur ein Grund sein, warum Frauen, oft automatisch, in bestimmte, stereotype Berufe streben: Krankenschwester, Ärztin, Journalistin, Lehrerin, Anwältin, aber auch Unternehmerin, Künstlerin und Architektin werden genannt. Dagegen findet man wenig bis kein ernstes Interesse an Berufen wie Elektrotechnikerin, Pilotin, Zimmerfrau oder Maschinen- und Fahrzeugtechnikerin. Auch fehlen weibliche Vorbilder. Und in den Medien kommt die gute Ärztin, eine Polizistin oder eine Anwältin doch deutlich häufiger vor als der Satz "HALLO, HIER SPRICHT IHRE KAPITÄNIN". Aber ist das gut? Eher nicht, und daher richtig, dass das ZDF es sich auf die Fahne geschrieben hat, die Produktion und damit technische Bereiche stärker für Frauen ins Auge zu fassen. Natürlich sind Frauen genauso fähig, in technischen Berufen zu arbeiten, denn oft überzeugen sie durch Motivation, strukturiertes, logisches Arbeiten und mehr Teamfähigkeit. Sie legen eben weniger Wert auf "Stundenkilometer und PS", dafür mehr auf die Sache selbst. Es wird immer wichtiger auch in technischen Bereichen, den Blick zu weiten, hin zu mehr Nachhaltigkeit in der Produktion, zu mehr Miteinander, mehr Kommunikation und Visionen - und nicht mehr Technikgläubigkeit. Daher kann das ZDF von einem "MEHR FRAU" nur profitieren.
Verantwortung:Vielfalt, Chancengerechtigkeit und Inklusion
#Fernsehrat: Das Ziel der Arbeit des Diversity Managements im ZDF ist der Zugewinn an unterschiedlichen sozialen Herkünften, mehr migrantischen Perspektiven, mehr regionalen und auch ostdeutschen Perspektiven sowie die Stärkung von Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Für wie bedeutsam halten Sie diese Aspekte für den Erfolg und für die Akzeptanz des ZDF?
Umfrageergebnisse:ZDFmitreden: Diversität im ZDF
Terhorst: Unsere Welt verändert sich gerade stark und es wäre dumm, dies nicht zu beachten. Es ist daher ein großer Vorteil für das ZDF, mehr Menschen unterschiedlicher Herkunft zu erreichen. Das geht am leichtesten, einfach ausgedrückt, wenn sie mit dabei sind. Ein öffentlich-rechtlicher Sender hat die Aufgabe und den Auftrag, die gesamte Gesellschaft abzubilden, zur Meinungsbildung beizutragen, kulturelle Bedürfnisse zu erfüllen, vielfältige Informationen zu liefern. Eine vielfältigere Belegschaft, die viele gesellschaftliche Gruppen und Lebensweisen repräsentiert, ermöglicht eine breite, bunte Beteiligung und fördert somit die demokratische Funktion der Meinungsbildung des ZDF. Die Augen vor den vielschichtigen gesellschaftlichen Veränderungen zu verschließen, würde wahrscheinlich sogar das Ende der unabhängigen Medienlandschaft bedeuten.
#Fernsehrat: Auch eine "balancierte Altersstruktur" unter den Mitarbeitenden und der stärkere Fokus auf Ausbildung, Volontariate sowie auf Mitarbeitende im Alter von 30-49 wird im Bericht des Diversity-Beauftragten gefordert - wie bewerten Sie das?
Terhorst: Deutschland hat eine alternde Gesellschaft, und ja, auch ich bin nicht mehr ganz jung und fühle mich manchmal etwas "altersgemobbt". Das Wort gibt es sicher nicht, aber es ärgert mich und dennoch ist es eine Tatsache, dass Jüngere nachrutschen müssen und das schnell, denn wir können voneinander profitieren. Die Älteren können mit Professionalität, Expertise und vielleicht mit ein wenig mehr Unaufgeregtheit dienen, die Jüngeren mit Visionen, Ideen, neuem, aktuellem Rüstzeug einer veränderten Medienlandschaft, die digitaler und schnelllebiger ist. Das kann nur sinnvoll sein, und notwendig ist es allemal.
Zur Person: Gabriela Terhorst, geboren in Hamburg, studierte Betriebswirtschaftslehre an der Universität Köln mit dem Schwerpunkt Energiewirtschaft. Nach Stationen in Brasilien und Düsseldorf zog sie nach Hessen, wo sie Stadträtin für eine grüne, alternative Wählergemeinschaft der Stadt Königstein wurde. Auch steht sie einer großen Jugendkunstschule vor. Seit 1999 ist sie im BUND aktiv, seit 2012 im Vorstand des Landesverbands Hessen, derzeit als stellvertretende Vorsitzende. Vom BUND Bundesverband wurde sie im Juli 2024 in den Fernsehrat entsandt und ist hier im Programmausschuss Programmdirektion und im Ausschuss für Finanzen, Innovation und Digitalisierung tätig.
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