Sehbehindertenverband: Geräusche machen E-Autos sicherer

    Verkehrssicherheit:E-Autos: Blindenverband fordert Warngeräusche

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    Auf den Straßen wächst die Zahl der E-Fahrzeuge, die leiser als gewohnte Motoren sind. Welche Folgen hat das für Menschen, die stärker auf Akustik im Verkehr angewiesen sind?

    , Hessen, Frankfurt/Main: E-Autos stehen in der Innenstadt an neuartigen E-Ladesäulen des Münchener Ladebetreibers Qwello GmbH. Ein eigenes Ladekabel ist nicht notwendig.
    E-Autos stehen an Ladesäulen in Frankfurt am Main: Sollen Hersteller künftig dazu verpflichtet werden, die Hörbarkeit ihrer Autos für Menschen mit Sehbehinderung zu sichern?
    Quelle: dpa

    Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband dringt angesichts von immer mehr leiseren Elektroautos auf besser erkennbare Fahrzeuggeräusche. Präsident Hans-Werner Lange sagte: "Beim Verbrenner kann man hören, wie stark jemand aufs Gas drückt, ob ein Fahrzeug sanft oder kräftig beschleunigt."

    Verband fordert Orientierung am Verbrennergeräusch

    Beim System Avas mit künstlichen Fahrgeräuschen für E-Autos könne man das nicht so gut heraushören. Es müsse also aussagekräftiger werden.

    Dabei wäre es sicherlich hilfreich, wenn die Industrie sich am gewohnten Verbrennergeräusch orientiert.

    Hans-Werner Lange, Präsident des Blinden- und Sehbehindertenverbands

    Wichtig sei auch, dass sich das Geräusch nicht bei Erreichen von Tempo 20 abschalten dürfe. Das Warnsystem Avas (Acoustic Vehicle Alerting System) ist seit 2021 Pflicht, wie der Verband der Automobilindustrie (VDA) erläuterte.
    Um Personen mit einem eingeschränkten optischen Wahrnehmungsvermögen bei der Teilnahme am Verkehr zu unterstützen, erzeuge es ein künstliches Fahrgeräusch.

    E-Autos bei niedrigem Tempo nahezu geräuschlos

    Denn gerade bei niedrigen Geschwindigkeiten könnten E-Autos sonst beinahe lautlos sein.

    Die deutschen Hersteller entwickeln ihre Warnsysteme stetig weiter, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu garantieren.

    Sprecher, Verband der Automobilindustrie (VDA)

    Sehbehindertenverbandspräsident Lange betonte, dass alle Verkehrsteilnehmer am Straßenrand akustische Informationen nutzen, um einzuschätzen: "Wie stark drückt der da gerade aufs Gas? Komme ich vor diesem Auto noch sicher auf die andere Seite?"
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    Eine Studie der Unfallforschung der Versicherer habe dazu ergeben, dass E-Autos auch mit Avas beim Beschleunigen langsamer eingeschätzt würden, als sie sind. "Das kann zu Fehlentscheidungen führen, wenn es um die Frage geht, ob eine Straße noch sicher überquert werden kann. Und das ist dann natürlich mit großer Gefahr verbunden", sage Lange.

    Internationale Norm für Hörbarkeit von leisen Fahrzeugen

    Der VDA hingegen erläuterte, international habe man sich unter Mitwirkung weltweiter Blinden- und Sehbehindertenverbände auf eine einheitliche Bestimmung für die Hörbarkeit geräuscharmer Fahrzeuge verständigt.
    Hersteller hätten die Möglichkeit, die akustischen Signale innerhalb dieser Vorgabe technisch frei zu gestalten. "Teils werden hierzu auch Geräusche von Verbrennungsmotoren imitiert", sagte ein Sprecher.

    Fokus liegt auf Geräuschen beim Beschleunigen

    Die Unfallforschung der Versicherer hatte in einer 2022 vorgelegten Studie eine Optimierung der Avas-Vorgaben empfohlen. Dabei solle der Fokus unter anderem auf das Erkennen von Beschleunigungen gelegt werden. Empfohlen wurde zudem, den Einsatzbereich des Systems auf Geschwindigkeiten über 20 Kilometer pro Stunde auszuweiten.
    Verbandspräsident Lange sagte mit Verweis auf die Studie, dass das Reifengeräusch ab dem Erreichen von Tempo 20 nicht ausreiche, um gut herauszuhören, ob und wie ein Auto beschleunige.
    Quelle: dpa

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