Jemen: Rostender Öltanker bedroht Rotes Meer

    Wettlauf gegen die Zeit:Rostender Öltanker bedroht Rotes Meer

    SGS Thomas Gill im Gespräch über die US-Sanktionen gegen die Türkei
    von Thomas Gill
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    Um eine Umweltkatastrophe zu verhindern, startet die UN Anfang Juli eine brisante Rettungsaktion. Eine Million Barrel Öl müssen von einem Tanker vor Jemens Küste abgepumpt werden.

    Der angeschlagene Öltanker "FSO Safer" im Roten Meer am 12.06.2023.
    Der angeschlagene Öltanker "FSO Safer" vor der Küste von Jemen.
    Quelle: dpa

    Die Fischer von Hodeidah kommen täglich an dem 370 Meter langen Ungetüm vorbei. Seit acht Jahren rostet der Öltanker "FSO Safer" vor sich hin - nur zehn Kilometer vor der Küste Jemens im Roten Meer.
    Bis zum Ausbruch des Bürgerkrieges 2015 wurde er als schwimmender Endladeterminal genutzt. Doch in den Kriegswirren kümmerte sich niemand mehr um das Schiff, in dem noch immer über eine Millionen Barrel Öl lagern. Dringend notwendige Wartungsarbeiten blieben aus.

    Huthi-Rebellen kontrollieren havarierte "FSO Safer"

    Die Familien, die hier vom Fischfang leben, sorgen sich seit langem, dass Öl aus dem havarierten Tanker ins Meer ausläuft und alles zerstört. Die UN nahm sich der Sache an und verhandelte mit den Huthi-Rebellen, die die jemenitische Regierung aus der Hauptstadt gejagt hatten und seitdem auch die "FSO Safer" kontrollierten.

    Huthi-Rebellen in Sanaa. Archivbild
    Quelle: Hani Al-Ansi/dpa

    Seit 2014/2015 herrscht im Jemen ein Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung. Die von Iran unterstützten Huthi-Rebellen im Norden kämpfen gegen eine von Saudi-Arabien angeführte Militärkoalition im Süden. Derzeit gibt es erstmals Anzeichen auf eine friedliche Lösung des Konflikts.

    Es waren schwierige Verhandlungen: die Huthi ließen Vereinbarungen immer wieder platzen. Doch das Angebot, den Rebellen nach dem Abpumpen einen Ersatztanker zu stellen, war der Schlüssel zu den Gesprächen.

    Neuer Tanker im Austausch für das rostige Schiff

    Die Abmachung sieht vor: Der neue Tanker "Nautica" bleibt für die "FSO Safer" an Ort und Stelle. Das Hochrisikoschiff soll abgepumpt, dann abgeschleppt und verschrottet werden. Achim Steiner, der Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), ist mit der Rettungs-Mission betraut:

    Eine hochkomplexe Operation mit vielen Risiken.

    Achim Steiner, Chef UN-Entwicklungsprogramms

    Im Interview mit dem ZDF klingt Steiner vorsichtig optimistisch, dass sie die drohende Katastrophe mit Folgen für hunderttausende Menschen und für ein hochsensibles Ökosystem mit Mangrovenwäldern an der Küste und Korallenriffen noch rechtzeitig abwenden können.

    Wir haben zwar noch keinen Liter Öl abgepumpt, aber wir kommen der Sache immer näher.

    Achim Steiner, Chef UN-Entwicklungsprogramms

    Drohende Ölkatastrophe: Folgen für Umwelt und Weltwirtschaft

    Was vor der Küste Jemens auf dem Spiel steht, vergleicht Steiner mit der Havarie der "Exxon Valdez", die eine der größten Ölkatastrophen der Geschichte ausgelöst hatte.
    Auf der "FSO Safer" lagert viermal so viel Rohöl. Liefe es aus, müsste im Roten Meer die wichtige Schifffahrtsstraße Richtung Suezkanal gesperrt werden - mit enormen Folgen für den Welthandel.
    Die Vorbereitungen für die schwierige Operation sind jetzt abgeschlossen. Mehrere Wochen war ein Team von Spezialisten an Bord. Sie untersuchten die Öltanks der "FSO Safer" und ließen spezielle Gase ein, um Explosionen beim Abpumpen zu verhindern. Taucher überprüften die Schiffswände nach Schäden.

    Zur Abwendung der Katastrophe 138 Mio. Euro erforderlich

    Jetzt warten sie auf den Startschuss, dass die ersten Liter durch die Schläuche fließen. Der Ersatztanker, die "Nautica", ist bereits im Hafen von Dschibuti. Für das Umpumpen sind drei Wochen einkalkuliert.
    Die Kosten der Rettungsmission sind üppig. 138 Millionen Euro, auch Deutschland hat sich finanziell beteiligt. Um Geld einzusammeln, gingen die Vereinten Nationen ungewöhnliche Wege, sie organisierten sogar eine Spendenaktion.
    Es fehlen noch 13 Millionen Euro. Der Leiter des UN-Entwicklungsprogramms, Achim Steiner, sieht vor allem jene Konzerne in der Pflicht, die sehr gut an Jemens Öl verdient hätten und nun ihre Gewinne zurückhielten.

    Rebellen und Regierung in Jemen müssen sich über Tanker-Öl einigen

    Bleibt die große Frage: Was passiert mit dem Öl? Immerhin hat es einen aktuellen Wert von etwa 83 Millionen Euro. Wer darf es verkaufen?
    Formaljuristisch gehört das Öl dem jemenitischen Staat, doch ob der seine Ansprüche auch durchsetzen kann, ist mehr als fraglich.
    Der Tanker liegt auf Huthi-Gebiet, das heißt auch künftig sind die Rebellen die wichtigsten Ansprechpartner, will man nicht in einigen Jahren dasselbe Problem mit der "Nautica" haben. Achim Steiner sagt zum Schluss:

    Wir haben die Hoffnung, dass durch die Friedensverhandlungen eine Situation entsteht, in der das neue Schiff zugänglich ist und die Wartung sichergestellt werden kann.

    Achim Steiner, Chef UN-Entwicklungsprogramms

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