Buchenwald muss Besuche neu organisieren - lange Wartelisten

    Lange Wartezeit bei Gedenkstätte:Buchenwald muss Besuche neu organisieren

    Daniela Sonntag vom ZDF-Landesstudio Thüringen mit Mikrofon.
    von Daniela Sonntag
    |

    Geschichte verstehen, wo sie passiert ist: Besuche in KZ-Gedenkstätten gehören dazu. In Buchenwald ist die Nachfrage aber mittlerweile so groß, dass es lange Wartelisten gibt.

    Stacheldrahtzaun des früheren KZ Buchenwald, aufgenommen am 06.08.2022
    Viele wollen die Gedenkstätte des früheren KZ Buchenwald besuchen. Interessierte müssen sich deshalb zum Teil auf lange Wartezeiten einstellen. (Archivfoto)
    Quelle: picture alliance / Andreas Franke | Andreas Franke

    Heute vor genau 78 Jahren befreiten US-amerikanische Truppen das Konzentrationslager Buchenwald. Als am 11. April 1945 Soldaten das Lager erreichten, hatten die Häftlinge kurz zuvor bereits die Kontrolle über das KZ übernommen. Bis heute ist das Interesse an der Gedenkstätte groß - und die Wartelisten entsprechend lang.
    Bis zu eineinhalb Jahre - so lange müssen manche Schulen auf ihren Projekttag in der Gedenkstätte Buchenwald warten, jedenfalls in den Sommermonaten. Denn das Interesse, Schülern am Ort der Geschichte historische Zusammenhänge klar zu machen, ist riesig.
    Rund 500.000 Gäste hat die Gedenkstätte pro Jahr und die Anmeldungen für Schulgruppen haben längst wieder das Niveau vor der Corona-Pandemie erreicht. Manche Schulen haben jetzt schon Termine bis 2028 vorgebucht.

    Begrenzter Zugang soll würdevollen Umgang mit Buchenwald sicherstellen

    Die Gedenkstätte und ihr Chef Jens-Christian Wagner stecken damit in einer Zwickmühle. Bildung ist ihr Kernauftrag, Wagner betont:

    Wir erinnern und gedenken, damit sich eine Geschichte wie in Buchenwald nicht nochmal vollzieht. Und ohne die Bildung eines kritischen Geschichtsbewusstseins wird dies nicht gelingen.

    Jens-Christian Wagner, Gedenkstätte Buchenwald

    Doch die historische Stätte hat eben auch eine begrenzte Kapazität - und einen besonderen Anspruch an einen würdevollen Umgang mit dem Ort und seiner furchtbaren Geschichte. Gedränge vor dem Krematorium oder dem Lagertor - keine Lernsituation, die dem angemessen ist.
    Maximal 10 Gruppen können deshalb gleichzeitig auf dem Gelände sein. Außerdem kommen ja auch noch etliche andere Besucher, viele aus aller Welt, die ebenfalls das ehemalige Konzentrationslager sehen wollen.

    Kurze Führungen durch Gedenkstätte wenig nachhaltig

    In den vergangenen Jahren hatte man deshalb in Buchenwald, so wie in vielen anderen Gedenkstätten auch, 90-minütige Führungen angeboten. Doch dieser historische Schnelldurchlauf ist wenig nachhaltig, zeigen alle Evaluationen dieser Kurzzeitformate. Eineinhalb Stunden "historische Berieselung" und dann zurück in den Bus, das nutzt niemandem.
    Der Besuch hier soll einen Eindruck hinterlassen. Buchenwald ist ein Ort, auf den man sich einstimmen und einlassen muss. Gedenkstättenleiter Wagner erklärt dazu:

    Wir brauchen mehr Zeit und Raum, damit Besucher ihren eigenen Fragen nachgehen und mögliche Antworten erwägen können.

    Jens-Christian Wagner, Gedenkstätte Buchenwald

    Online-Angebote zu Buchenwald sollen Schüler auf Besuch vorbereiten

    Deshalb arbeitet die Gedenkstätte an einer neuen Bildungsstrategie. Und die fängt schon mit der Vorbereitung an. Seit einiger Zeit baut die Gedenkstätte daher ihre Online-Angebote aus. Lehrer können sich beraten lassen und schon vor dem Besuch mit ihren Schülern zum Beispiel die Online-Ausstellung "Jugend im KZ" anschauen, oder sich mit der extra entwickelten Web-App "dingenaufderspur.de" beschäftigen.
    Sie zeigt einzelne Objekte und ihre Geschichte, die Biografien der Besitzer, das Ganze interaktiv und in 3D. Ein digitaler Vorlauf, damit Schüler leichter in das schwierige Thema einsteigen können. Aber auch das Basisangebot vor Ort wird von zwei auf drei Stunden verlängert.
    Dabei geht es laut Wagner "nicht darum, den zu vermittelnden Inhalt einfach noch um ein Drittel zu erhöhen, sondern mit den Gruppen Zeit für Gespräche und Reflexion zu haben".

    Gedenkstättenleiter wünscht sich mehr Flexibilität der Schulen

    Der Gedenkstättenleiter wünscht sich außerdem, dass die Schulen ein bisschen flexibler sind. Zum Beispiel auch, was den Ort angeht. Das KZ Buchenwald hatte 140 Außenlager. Auch an vielen dieser historischen Stätte sind Besuche möglich. So soll auch hier die Bildungsarbeit verstärkt werden. Für manche Schüler wäre das sogar näher am eigenen Wohnort - und näher am eigenen Lebensumfeld.
    Und auch zeitlich sollten die Schulen nochmal prüfen, ob es unbedingt Dienstag bis Donnerstag kurz vor den Ferien sein muss. Auch im Winter oder über das Wochenende lassen sich Projekte buchen. Und zu diesen Zeiten gibt es oft noch Lücken im Kalender für einen längeren Aufenthalt.
    In Zukunft will die Gedenkstätte vor allem auch die Beratung für die Schulen ausweiten und letztlich auch die Gruppenbesuche besser steuern. Damit der Besuch in Buchenwald eine Erfahrung wird, die man nicht wieder vergisst.