Springer-Chef Döpfner: Wirbel um angebliche SMS an Reichelt

    Axel-Springer-Chef:Wirbel um angebliche Döpfner-SMS an Reichelt

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    Neues Kapitel in der Reichelt-Affäre: Ein Medienbericht über angebliche konzerninterne SMS von Axel-Springer-Chef Döpfner mit dem Ex-"Bild"-Chefredakteur sorgt jetzt für Aufsehen.

    Vorstandsvorsitzender der Axel Springer SE Mathias Döpfner
    Weist alle Vorwürfe gegen sich zurück: Axel-Springer Chef Mathias Döpfner. (Archivbild)
    Quelle: dpa

    Ein Medienbericht über angebliche konzerninterne Nachrichten von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner hat erneut für Wirbel rund um die Affäre um den früheren "Bild"-Chefredakteur Julian Reichelt gesorgt.
    Aus Springer-Kreisen verlautete nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag als Reaktion, der Artikel bestehe aus "manipulativen SMS-Fetzen". Döpfner selbst wies die Vorwürfe in einer internen Stellungnahme zurück.

    Bericht über Chatnachrichten von Döpfner an Reichelt

    Die Wochenzeitung "Die Zeit" veröffentlichte am frühen Morgen einen langen Bericht über den Springer-Chef und berief sich nach eigenen Angaben auf Dokumente, die aus den vergangenen Jahren stammen sollen.
    Es handele sich um E-Mails und Chatnachrichten aus dem engsten Führungskreis des Medienkonzerns, viele seien vom Springer-Chef selbst. Die Zeitung listete Zitate auf. Auffällig ist, dass mehrere direkt von Döpfner an den damaligen "Bild"-Chefredakteur Reichelt gerichtet worden sein sollen. Die journalistische Marke "Bild" zählt zum Springer-Portfolio.

    Zeitungsbericht: Kritik an Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel

    In den Zitaten, die "Die Zeit" samt den darin enthaltenen Rechtschreibfehlern aufführt, geht es zum Beispiel um abfällige Bemerkungen über Ostdeutschland. 2019 soll der Konzern-Chef laut dem Zeitungsbericht geschrieben haben:

    Die ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr eine Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen.

    Mutmaßliche Nachricht von Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner

    In den Zitaten, die die Wochenzeitung veröffentlichte, geht es auch um Sympathie für die Politik Donald Trumps. Und anscheinend gehe es laut Bericht auch um Kritik an Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die "Zeit" zog ein Zitat heran, in dem von "M" die Rede ist. "Sie ist ein sargnagel der Demokratie."

    Döpfner soll sich pro-FDP-Berichterstattung gewünscht haben

    Es geht bei den Zitaten auch um eine Abneigung gegen Windräder. Die Zeitung schreibt zudem, dass Verlagschef Döpfner parteilich agiert habe. So soll er sich vor der vergangenen Bundestagswahl eine pro-FDP-Berichterstattung in der "Bild" gewünscht haben.

    Springer-Chef Mathias Döpfner hat Vorwürfe, die in einem "Zeit"-Artikel gegen ihn erhoben werden, zurückgewiesen. Dabei erklärt sich Döpfner in einer internen Stellungnahme insbesondere zu seinem als negativ beschriebenen Bild von Ostdeutschland sowie zu dem Vorwurf politischer Einflussnahme auf die "Bild"-Redaktion, wie der Axel-Springer-Konzern mitteilte.

    Döpfner erklärte, er habe "natürlich keinerlei Vorurteile gegen Menschen aus dem Osten Deutschlands". Aber er sei "seit Jahrzehnten enttäuscht und besorgt, dass nicht wenige Wähler in den neuen Bundesländern von ganz links nach ganz rechts geschwenkt sind. Der Erfolg der AFD beunruhigt mich."

    Döpfner verwies auf seine in vier Jahrzehnten publizierten Texte, die zeigten, wie er denke. "Aus dem Zusammenhang gerissene Text- und Gesprächsschnipsel" könnten nicht als sein "wahres Denken" dagegengesetzt werden.

    Er habe nicht die geringsten Vorurteile gegen Muslime und großen Respekt für die Religion des Islam, halte aber Islamismus "für eine Bedrohung demokratischer Werte und unserer Sicherheit". Den Klimawandel halte er für real und bedrohlich, nehme sich aber das Recht, sich trotzdem über manche Reaktionen auf dieses Thema lustig zu machen.

    Einfluss auf die "Bild" zu nehmen sei als CEO und Miteigentümer sein Job, erklärte Döpfner. Aber über allem stehe die Freiheit der Redaktionen. "Und nichts schütze ich so sehr und leidenschaftlich." Er streite gerne im Sinne der Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit - gerade auch mit den Chefredakteurinnen und Chefredakteuren, die "alle mündig und selbstbewusst" seien. Dies gelte auch für die behauptete Einflussnahme in Sachen FDP, deren Werten er sehr nahe stehe.

    Affäre um Reichelt holt Axel-Springer-Verlag erneut ein

    Mit dem Artikel holt die Affäre um Reichelt den Medienkonzern, der vor allem in den USA expandieren will, erneut ein. Reichelt musste im Herbst 2021 seinen Posten als Chefredakteur von Deutschlands größter Boulevardzeitung räumen und den Konzern verlassen.
    Hintergrund seines Endes bei "Bild" waren Vorwürfe des Machtmissbrauchs in Verbindung mit einvernehmlichen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen gewesen. Der Journalist selbst hatte später von einer "Schmutzkampagne" gegen ihn gesprochen und hatte Vorwürfe zurückgewiesen.
    Der Medienkonzern hatte im Frühjahr 2021 ein internes Verfahren gegen den Journalisten zur Überprüfung der Vorwürfe angestoßen und war dabei zunächst zum Schluss gekommen, ihm eine zweite Chance zu geben.
    Ein Medienbericht der US-Zeitung "New York Times" griff den Fall dann im Oktober 2021 erneut auf, Springer zog unmittelbar darauf einen Schlussstrich und entband Reichelt von seinen Aufgaben.

    Weiterer Bericht: Springer prüft rechtliche Schritte gegen Reichelt

    Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtete unabhängig von der "Zeit"-Berichterstattung unter Berufung auf eigene Informationen, dass Springer seit geraumer Zeit rechtliche Schritte gegen Reichelt prüfe.
    Der Medienanwalt von Julian Reichelt, Ben Irle - der auch in der "Zeit"-Berichterstattung zitiert wird -, teilte auf dpa-Anfrage wiederum mit, man prüfe seinerseits "strafrechtliche Verfolgbarkeiten von Verhaltensweisen und zivilrechtliche Inanspruchnahmen sämtlicher Beteiligten".

    Roman rund um Springer-Verlag kurz vor Veröffentlichug

    Der "Zeit"-Bericht erschien wenige Tage vor der in der Medienbranche mit Spannung erwarteten Veröffentlichung des neuen Buches von Schriftsteller Benjamin von Stuckrad-Barre. Es soll sich bei dem belletristischen Werk "Noch wach?", das am 19. April erscheint, um einen Schlüsselroman rund um das Medienhaus Springer handeln.
    Stuckrad-Barre wurde Teil der Berichterstattung der "New York Times" im Oktober über Springer, die den Weggang Reichelts mit auslöste.
    Döpfner zog mit einer in dem Artikel zitierten privaten Kurznachricht, die er an Stuckrad-Barre verschickt hatte, Kritik aus der Medienbranche auf sich. Der Springer-Chef hatte Reichelt darin als letzten und einzigen Journalisten in Deutschland bezeichnet, der noch mutig gegen den "neuen DDR-Obrigkeitsstaat" aufbegehre. Fast alle anderen seien zu "Propaganda Assistenten" geworden. Springer hatte die Kurznachricht als Ironie eingeordnet.
    Quelle: dpa